Werther, der Werwolf (Autor: Wolf G. Heimrath und Johann Wolfgang von Goethe)
 
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Werther, der Werwolf Autor von Wolf G. Heimrath und Johann Wolfgang von Goethe

Rezension von Ingo Gatzer


 

Rezension:

Viele dürften mit Goethes Frühwerk „Die Leiden des jungen Werther“ erstmals im Deutsch-Unterricht in Kontakt gekommen sein. Das berühmteste Werk des literarischen Sturm und Drang enthält – erweitert um Einfügungen eines angeblichen Herausgebers - die fiktiven Briefe des empfindsamen Werther, der wegen seiner hoffnungslosen Liebe zur liebreizenden Lotte am Ende nur noch einen Ausweg sieht.

 

Wolf G. Heimrath hat die Grundstruktur der berühmten Vorlage übernommen. Sein Roman spielt - etwa im Gegensatz zu Ulrich Plenzdorfs Adaption „Die neuen Leiden des jungen W.“ - ebenfalls im Jahr 1771. Allerdings lässt Heimrath die Hauptfigur durch einen Hundebiss nach und nach zu einem Werwolf mutieren und fügt einige neue Figuren ein. Teilweise übernimmt er bekannte Szenen, gestaltet sie um oder kreiert neue Handlungselemente. Gerade gegen Ende werden die Unterschiede zwischen beiden Fassungen aber recht groß.

 

Das Ergebnis ist durchaus bemerkenswert und wirkt keineswegs gekünstelt oder konstruiert. Im Original hat Werther eine enge Beziehung zur wilden Natur und sucht Trost in ihr. Bei Heimrath wird Werther selbst zu einem dunklen Naturwesen. Der neue Werther wirkt insgesamt wie der düstere Bruder des neuen.

 

Heimrath gelingt es sehr ansprechend die – innere und äußere - Veränderung seiner Titelfigur in dessen fiktiven Briefen aufzuzeigen. Dabei imitiert er den typischen Ton der Vorlage fast perfekt und fügt zudem stimmige Sequenzen ein. Das gelingt ihm so überzeugend, dass einige neu eingefügte Szenen manchmal gar nicht sofort zu erkennen sind. Allerdings könnten einige Leser bei der Lektüre durchaus Probleme mit dem Duktus von Werthers Briefen haben, die so gar nicht heutigen Konventionen entsprechen, sondern den typischen Ton des Sturm und Drang ausatmen.

 

Der Originaltext dürfte für viele heutige Leser teilweise etwas langatmig wirken. Heimraths Adaption wirkt hingegen konzentrierter, gewissermaßen auf das Wesentliche destilliert. Zudem sind wesentlich mehr Spannungselemente als bei Goethe enthalten, der sich viel stärker auf die innere Befindlichkeit seines Protagonisten konzentriert.

 

Durch Heimraths Modifikation leidet allerdings teilweise die innerfiktionale Plausibilität. Das hat nichts mit Werthers Verwandlung in einen Werwolf zu tun. Im Original berichtet die Titelfigur seinem Freund vor allem von seiner hoffnungslosen Liebe. Da überrascht es wenig, dass dieser nicht eingreift. Hier allerdings schreibt er von seiner Verwandlung in einen Werwolf. Warum reagiert der Adressat – egal ob er ihm glaubt – überhaupt nicht? Zudem befremdet es, dass er in den angeblichen Anmerkungen des Herausgebers auch teilweise die Gedanken seiner Figuren schildert. Hier liegt ein unschöner Bruch vor, der zeigt, dass hier eben nicht ein Herausgeber, sondern der Autor bzw. Erzähler spricht.

 

Von den Hauptfiguren verändert Heimrath – zumindest innerlich – nicht Werther am deutlichsten, sondern dessen große Liebe Lotte. Diese Modifikation kann nur teilweise überzeugen. Denn sie wirkt hier fast schizophren. Einmal scheint sie die reine Lotte des Originals. Ein anderes Mal wirkt sie wie ein triebgesteuertes Wesen, welches Werthers Verderben billigend in Kauf zu nehmen scheint.

 

Fazit:

Heimraths Adaption von Goethes Roman enthält zwar einige Brüche, ist aber gleichzeitig ein absolut lesenswerter und insgesamt gelungener Versuch, einem Klassiker neues Leben einzuhauchen.

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 2024032912260464fe9dbb
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Buch:

Werther, der Werwolf

Autor: Wolf G. Heimrath und Johann Wolfgang von Goethe

Erscheinungsdatum: Mai 2011

Taschenbuch – Goldmann – 192 Seiten

ISBN-10: 3442312485

ISBN-13: 978-3442312481

 

Erhältlich bei: Amazon

Weitere Infos:


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Erstellt: 04.10.2011, zuletzt aktualisiert: 28.02.2024 19:07, 12126