William ist ein Buch über eine Künstliche Intelligenz mit dem gleichen Namen. Ihr Schöpfer heißt Henry und ist ein hochbegabter Ingenieur, der zusammen mit seiner Frau Lily in einem alten, verwinkelten, viktorianisch anmutenden Anwesen lebt. Dort hat er den kompletten Dachboden ausgebaut, um seiner Leidenschaft zu frönen.
Eigentlich ist es mehr eine ganz gewaltige Obsession, denn er hat schon einen kleinen Roboterhund erschaffen und eine Puppe mit Zauberhut, die mit einem Spielzeugfahrrad radeln kann. Bei all der Bastelei hat er sich verändert. Er geht schon lange nicht mehr aus dem Haus, hat gar eine seltsame Aversion vor der Außenwelt entwickelt. Das Haus selbst hat er in eine Art Festung umgebaut. Mit Panzerglas, Rollläden aus Eisen und alles per Funk ferngesteuert. Hinter der Fassade lebt man in einem modernen intelligenten Zuhause, wo alles miteinander kommuniziert, wie man es sich nur wünschen kann.
Die Krönung seiner Schöpfung ist William. Diese KI, die äußerlich teilweise unfertig wirkt, lernt schnell. Sehr schnell. Und zwar so schnell, dass sie eines Tages eigene Gedanken entwickelt. Das passiert just an dem Tag als Henry und Lily Freunde zu Besuch haben.
Obwohl es nicht vorgesehen war, gehen sie auf den Dachboden, wo Henry den Gästen William vorstellt. Dieser wird manipulativ und gerät außer Kontrolle …
Mit »William« geht der kanadische Autor Andrew Pyper neue Wege. Es handelt sich hierbei um den ersten Roman, den er unter dem Pseudonym Mason Coile schreibt. Unter diesem Namen will er spannende Thriller schreiben. Sein Debüt ist eine Mischung aus Science Fiction und Horror, wobei die Eigenschaften von letzterem Genre stark überwiegen.
Henry ist ein moderner Frankenstein, der mit KI neues Leben geschaffen hat. Somit streift das Buch ethische Fragen ebenso wie Spekulationen über die möglichen Folgen von Forschung im Bereich der Künstlichen Intelligenz.
Vordergründig handelt es sich bei »William« jedoch um einen recht traditionell konzipierten Horrorroman mit altbekannten Versatzstücken. Von der Tiefe gleich er fast einem Kammerspiel. Denn lässt man die roboterhafte KI William außer Acht, kommt Coile mit nur vier Personen aus: Henry, Lily sowie den Besuchern Paige und Davis.
Auch der Schauplatz der Handlung ist überschaubar. Das Geschehen spielt fast ausschließlich in dem unheimlich verwinkelten Haus von Henry und Lily, aus dem es plötzlich kein Entrinnen mehr gibt, nachdem der bösartige William sämtliche Türen und Fenster verriegelt hat. Ab dem Zeitpunkt geht es vor allem um zwei Fragen: Wer stirbt, wer überlebt? Und wie lange wird William die Oberhand behalten?
Coile hat seinen SF-Horror-Mix noch etwas gewürzt. Lily ist schwanger. Und eigentlich haben Henry und Lily ernsthafte Beziehungsprobleme. Die durchaus spannungsgeladene Handlung kulminiert in einem verblüffenden Plot-Twist. Diesen kann man, wenn man schon einiges gelesen hat, eventuell frühzeitig absehen. Bei so mancher Leserin oder manchem Leser dürfte sich jedoch ein gewisser Überraschungseffekt gezielt einstellen.
»William« ist solide Unterhaltungskost für Horrorfans. Man darf hier nicht jede Merkwürdigkeit hinterfragen. Wie in B-Movie-Horrorfilmen werden die Figuren auch hier sukzessive dezimiert und alle stellen sich möglichst ungeschickt an. Wie dort geht es auch in »William« natürlich um Leben und Tod. Und das durchaus dramatisch und spannungsvoll.
Einzig, die ganzen Klischees, die stereotyp-flachen und schablonenhaften Charaktere sollte man geflissentlich übersehen. Unterm Strich bleibt »William« Fluchtlektüre für Leute, die sich gerne schnell gruseln.