Xoa (Autorin: Lisanne Surborg; Zombie Zone Germany 6)
 
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Xoa von Lisanne Surborg

Reihe: Zombie Zone Germany Band 6

 

Rezension von Torsten Scheib

 

Verlagsinfo:

Als die Zivilisation in blutigem Chaos zusammenbricht, ist Xoas Welt schon längst zerstört. Während über ihr Horden von Untoten Jagd auf jeden machen, der noch atmet, stellt sie sich täglich ihrem Peiniger.

Seit acht Jahren hält der Mann Xoa und ihre Leidensgenossin Lei im Keller gefangen. Um seine wirre Theorie von Engeln und Dämonen zu überprüfen, setzt er seine Gefangenen den grausigsten Prüfungen aus.

Sie haben jede davon bestanden.

Bis zum 2. Juli 2022.

 

Rezension:

Hinhocken, die eigene Fassung von Nacht der Lebenden Toten auf‘s Papier knallen, quasi respektive indirekt (nicht ungewollt!) tributierende Fan-Fiktion oder fiktives Fan-Tribut oder wie auch immer … Unter uns, das ist keine Atomphysik, das können mehr oder minder Gott und die Welt. Mitunter, falls AutorIn mit narrativem Talent gesegnet ist, funzt es – mit einem Verlag und im zweiten Schritt zufriedenstellenden Zusprüchen in Form verkaufter Buchexemplare.

En gros erläutert erster Abschnitt, was die Macher und Herausgeberinnen wie Herausgeber der Zombie Zone Germany strikt nicht wollten und wollen. Ausgehend von den Visionen eines in nicht ferner Zukunft abgeriegelten Deutschlands und den innerhalb dieses Gefängnisses marodierenden Gestalten, lebendig wie untot, stehen die dank eines ungeklärten Virusausbruchs reanimierten und gefräßigen Wiederauferstandenen nicht im Rampenlicht, dafür katalysieren sie, stehen für sozialkritische Parabeln, häufen Fragen auf, halten der Leserschaft nicht selten ungeniert den Spiegel entgegen.

Nach dem Start der Reihe anhand einer erfolgreichen Anthologie 2014, kamen seitdem insgesamt fünf Romane respektive Novellen nach; ausnahmslos von ein paar der besten Stimmen der hiesigen düsteren Phantastik konzipiert und verfasst und stets mit erfrischenden, interessanten, spannenden, neugierig machenden Konzepten und Ausgangslagen.

 

Mit Xoa steuert Lisanne Surborg nun den sechsten längeren Beitrag bei – und zusätzlich den bislang besten Einstiegstwist. Denn ihre Zombienovelle beinhaltet eigentlich … keine Zombies. Die degradieren zu Staffage wie auch das restliche Unheil binnen der Bundesrepublik; etwas, dessen sich geneigte Leser bewusst sind, bloß nicht die titelgebende Hauptfigur – was dem beklemmenden Kammerspiel noch mehr Eindringlichkeit verpasst.

Ja, kein Schreibfehler: »Xoa« ist ein intimer, von drei Personen wechselwirksam vorgetragener Psychoterror, der innerhalb einer Zeitspanne von acht Jahren verläuft; bewusst unübersichtlich bis irrational, wenn es zu den Motiven der lediglich als »Mann« getauften Gegenseite kommt, dessen Wahn dadurch erst Recht ins Schwarze trifft. Gute acht Jahre »verwahrt« er die beiden jungen, entführten Mädchen Lei und Xoa in einem mickrigen, fensterlosen, stickigen Kabuff unter der Erde; verwehrt ihnen Sonne, soziale Interaktionen, Freunde und Familien, Hoffnung, erste Liebe, das Erfahren des Erwachsenwerdens, kurzum: das Leben. Ein bis zum Erbrechen vorgeleiertes Hörspiel in einem prähistorischen Kassettenrekorder und ein frisch geleerter Notdurfteimer in der Ecke gehen als Luxus, als das Höchste der Gefühle durch. Mehr darf einfach nicht, immerhin will der Mann die beiden festigen, sie mittels diverser Prüfungen auf die Dämonen vorbereiten, die »da oben« das Land überrollen – und gleichwohl eine Schwachstelle in seinen Plänen darstellen.

 

Es wäre fatal wie unfair, würde man mehr über diese außergewöhnliche Novelle verraten. Woran sich Lisanne Surborg orientiert hat, liegt indes klar auf der Hand. Es schwebt das Schicksal der Natascha Kampusch durch den Raum, ebenso der preisgekrönte Film Raum beziehungsweise der darauf basierende Roman der Kanadierin Emma Donoghue. Was zum ersten Absatz zurückführt, den Kreis schließt. Denn plumpes Nacherzählen ist keine Kunst, eine bestimmte Ausgangslage als Sprungbrett einzusetzen und letztlich etwas eigenes, Besonderes zu schaffen – schon.

»Xoa« ist Lisanne Surborgs beeindruckender Beweis dafür. Waren ihre bislang veröffentlichen (Kurz)Geschichten solide Indikatoren, holt die gebürtige Gifhornerin zum Rundumschlag aus. Anstelle von plumpen FSK-18-Heftigkeiten entsteht die Beklemmung durch die Denke und Interaktion der beiden Mädchen mit- wie zueinander und zu ihrem Entführer, die Unwissenheit von Lei und Xoa (die in Wahrheit völlig normale Mädchennamen besitzen) über den Ausbruch der Epidemie steigert sie ins Unerträgliche. Sosehr man ein Happy End herbeisehnt, sosehr man auf Gerechtigkeit pocht, ein Teil mag unter Umständen beharren, das der winzige Raum im Keller im Grunde die bessere Option ist. Gekonnt geleitet uns Lisanne Surborg somit in ein vermintes Niemandsland, wo jeder Schritt richtig sein könnte – wie auch fatal. Auf etwas mehr als 100 Seiten lotet sie Untiefen aus, vergisst aber nie den Thriller-Kern ihrer Geschichte wie auch die Dreidimensionalität der Beteiligten – und auch nicht die Ballung eines starken Endes. Das ihrige ist jedenfalls ein aufgepumpter Bodybuilder auf der Suche nach Stunk. Oder reanimierten, torkelnden Gestalten.

 

Fazit:

Somit erklimmt »Xoa« bereits jetzt schon eines der Treppchen der besten Horrorromane 2019. Eine bärenstarke Duftmarke, die wir von Lisanne Surborg beschert bekommen und sie in die Beletage des deutschsprachigen Horrors katapultieren dürfte.

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Buch:

Xoa

Reihe: Zombie Zone Germany Band 6

Autorin: Lisanne Surborg

Herausgeberin: Piper Marou

Taschenbuch, 116 Seiten

Amrûn, 22. März 2019

Cover: Christian Günther

 

ISBN-10: 3958695647

ISBN-13: 978-3958695641

 

Erhältlich bei: Amazon

 

Kindle-ASIN: B07NQH5MC5

 

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 08.05.2019, zuletzt aktualisiert: 09.02.2023 16:58, 17585