Yelena und der Mörder von Sitia von Maria V. Snyder
Rezension von Christian Handel
Nach fast zwanzig Jahren kehrt die kluge, selbstbewusste Yelena in ihr Heimatland Sitia zurück. Diese Rückkehr kommt jedoch eher einem Exil gleich denn einer Heimkehr. Yelena wurde als Kind in das nordische Reich Ixia entführt. Ihre Erinnerung an ein Leben davor scheinen ausgelöscht zu sein. Zwar hat sie es in Ixia schwer gehabt – aber das vom Militär regierte Land ist alles, was sie bisher kannte. Und in den vergangenen Monaten hatte sich Vieles zum besseren gewandt: Ihre Position als Vorkosterin für den Commander Ixias hat es ihr ermöglich, neue Freunde zu finden und Valek kennenzulernen, den Mann, mit dem sie eine tiefe Liebe verbindet.
In Ixia ist jedoch Zauberei per Gesetz verboten, und als sich Yelenas magische Kräfte entfallten, bleibt ihr nur die Flucht in ihr Geburtsland Sitia.
Die Südländerin Irys begleitet sie in die exotische Dschungelwelt, in der die junge Frau schließlich ihre Familie findet, die sie längst verloren glaubte.
Es ist ein bittersüßes Wiedersehen, befremdlich für beide Seiten. Doch schließlich akzeptiert Yelena ihre familiären Wurzeln. Einzig ihr eigener Bruder Leif scheint alles andere als erfreut darüber zu sein, dass sie nach Hause zurück gefunden hat. Er hält sie für eine Hochstaplerin, eine Spionin aus Ixia, die eine Eroberung Sitias vorbereiten soll.
Für das Austragen dieses Konflikts bleibt beiben jedoch kaum Zeit. Yelena muss der Meister-Magierin Irys in die Zitadelle von Sitia folgen, um in ihren magischen Fähigkeiten geschult zu werden. Unkontrolliert stellen diese nämlich sowohl eine Gefahr für sie selbst als auch für ihre Umgebung dar.
Es sind jedoch Yelenas andere Qualitäten – ihr Spürsinn, ihre Erfahrung als Kundschafterin und ihre Willensstärke – die schließlich für ganz Sitia sehr bedeutsam werden. Ein Mörder geht um, der Jagd auf junge Zauberer macht, um sich selbst deren magische Kräfte einzuverleiben. Bald wird deutlich, dass er es auch auf Yelena abgesehen hat …
“Yelena und der Mörder von Sitia” ist der zweite, in sich abgeschlossene Band der Yelena Zaltana-Reihe. Die amerikanische Newcomerin Maria V. Snyder hat mit ihrer Hauptfigur eine sympathische Heldin geschaffen, der es nicht zuletzt dank ihrer Ecken und Kanten gelingt, sich einen Platz im Herzen ihrer Leserschaft zu erobern.
Ein klarer Pluspunkt ist, dass sich Frau Snyder nicht auf bereits Etabliertes verlässt in ihrem zweiten Roman. Die Ich-Perspektive Yelenas wird zwar beibehalten, die Heldin jedoch in ein Umfeld versetzt, das alles andere als vertrautes Terrain ist. Stattdessen lernt der Leser durch Yelenas Augen eine komplett neue Welt und deren Bewohner kennen.
Zudem begeht die Autorin nicht den Fehler, den beliebten “Schule für Zauberer”-Handlungsstrang einzuführen. Bei den Yelena-Romanen handelt es sich um keinen J.K.Rowling- oder Trudi Canavan-Klon.
Ganz klar: Maria V. Snyder erfindet das Rad nicht neu. Eine sturköpfige, magiebegabte Einzelgängerin als Heldin, der es schwer fällt, soziale Kontakte zu knüpfen, mag auf den ersten Blick nicht sonderlich innovativ wirken. Es sind allerdings die Zutaten, die das Rezept aufgehen lassen: Der Schreibstil der Autorin ist sehr lebendig, die Figuren verhalten sich – trotz klarer Rollenverteilung – glaubhaft.
Vor allem die unterschiedlichen gesellschaftlichen Strukturen Ixias und Sitias überzeugen. Synder gelingt hier eine Gratwanderung: Sie schildert die Vorzüge der jeweiligen Regierungsstile sehr plastisch, hält aber – anders als in vielen anderen Fantasy-Epen – nicht mit den jeweiligen Nachteilen hinter’m Berg.
Außerdem besitzt sie ein Gespür dafür, mit den Erwartungen des Lesers zu spielen und Cliffhanger einzusetzen, ohne es damit zu übertreiben.
Der Mira Verlag hat sich mit den Rechten an der “Yelena”-Reihe eine ansprechende Fantasy-Saga sichern können. Als besonders positiv sollte diesbezüglich erwähnt werden, dass man sich für den “Mörder von Sitia” dazu entschlossen hat, ein Originaltitelbild für die deutsche Ausgabe zu verwenden. Auch ansonsten spricht das Taschenbuch qualitativ für sich und bietet mit seinen über 500 Seiten viel Stoff für seinen vergleichsweise günstigen Preis.
Im März 2008 erscheint in den USA der dritte Roman um Yelena Zaltana. Hoffentlich konnte die selbstbewusste Zauberin genügend Fans hierzulande finden, damit auch dieser Band hierzulande publiziert wird. Verdient hätte sie es.
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