Yspahan (Brettspiel)
 
Zurück zur Startseite


  Platzhalter

Yspahan

Rezension von Christine Schlicht

 

1598: Yspahan wird zur Hauptstadt des persischen Reichs. Die Stadt im Zentrum der Welt erlebt nun eine kulturelle und wirtschaftliche Blütezeit. Auch die Dörfer und Städte der Umgebung wollen von dieser Entwicklung profitieren. Mit Waren und Edelsteinen beladene Karawanen machen sich auf den Weg in die Wüste - voller Hoffnung auf eine wunderbare Zukunft

 

Aufmachung

Eine Spielekiste wie jede andere. Ein Pappkarton, ziemlich groß und damit regalfüllend. Das gemalte Bild auf dem Kastendeckel wirkt nicht sehr professionell, kann also rein optisch mit anderen Spielen im Regal der Händler nicht konkurrieren, da gibt es deutlich Auffälligeres und Ansprechenderes. Heutzutage, da es ständig neue Spiele gibt, die um die Gunst der Käufer konkurrieren, muss so etwas für den Käufer im Laden, der noch nicht genau weiß, was er will, ein echter Eyecatcher sein. Da dürfte Yspahan eher verlieren mit dem blassen Bild.

Auf der Rückseite ist auch nur ein Foto von einem Spieltisch mit einer begonnenen Spielrunde. Was auch nicht aufschlussreicher ist als der kurze Einstiegstext, siehe oben, der ebenfalls auf dem Boden steht. Kein kurzer Abriss der Regeln oder der Spielweise, was dem Käufer also auch nicht weiterhilft, sich für das Spiel zu entscheiden. Nur die Angaben, für wie viele Spieler und ab welchem Alter das Spiel geeignet sein soll. Für 3-4 Personen ab 8 Jahren.

Das Spielbrett hat das gleiche Problem wie die Kiste. Es ist nicht besonders spektakulär oder liebevoll gestaltet. Die Militärperspektive der Gebäude wirkt auch auf den konstruktionstechnisch Unkundigen irgendwie falsch. Dazu kommt der Mangel an Details, die einen orientalischen Bazar ausmachen oder schlicht die eng gedrängten Bauwerke in einer ebensolchen Stadt. Von dem Spielbrett geht nicht gerade die besondere Atmosphäre von 1001 Nacht aus. Dafür ist es quietschbunt – mit Farbtönen, die dazu geeignet sind, die Augen zu beleidigen (pink zum Beispiel).

Klassisch und schön wird es mit den Spielfiguren, denn die sind aus Holz. Ein schwarzes und ein weißes Männchen im Mensch-ärgere-dich-nicht-Look, eine Menge kleiner Holzkamele und Goldmünzen, sowie einfache kleine Würfelchen als Spielsteine in vier Farben. Dazu kommen 9 weiße W6 und drei gelbe W6, die im Spielablauf die große Besonderheit darstellen. Es wird mit allen 9 weißen Würfeln gewürfelt und die gelben kann man sich vor einem Wurf „dazukaufen“.

Leider wird die Mühe mit den Holzfigürchen nicht durchgehalten. Zum Abpacken der verschiedenen Spielsteine sind der Schachtel kleine Plastiktütchen mit Druckverschluss beigefügt. Optisch angenehmer und auch sehr viel praktischer wäre eine entsprechende Pappunterteilung in der Box gewesen oder auch kleine Stoffsäckchen. Sooo viel teurer kann zumindest die erste Variante nicht sein, dass man sich mit Plastiktütchen die Optik und die Haptik vermiest.

 

Spielregeln

Eines Voran: Learning by doing ist nicht drin. Soll heißen, einer muss sich vorher wirklich intensiv die Spielanleitung durchgelesen und einen Überblick verschafft haben, sonst wird es nichts. Kein Teil erklärt sich von Anfang an selbst und das Spiel ist einfach zu komplex, um es am Anfang ohne häufiges Nachlesen zu verstehen.

Dabei kommt ein weiterer kleiner Makel der Ausstattung zutage: Die Bedeutung der Karten, die man bei am Abschluss eines jeden Spielzuges nehmen kann und mit denen man weitere Handlungen durchführt, oder auch nicht. Nicht alle erklären sich automatisch durch das Bild, das darauf gedruckt ist, vor allem, wenn man sich schon so weit vorgearbeitet hat, das möglicherweise der Spielstand mit in die auf der Karte abgebildeten Handlung einfließt. Die Bedeutung der Karten ist auf einem Beiblatt zur Spielregel abgedruckt, einem dünnen Hochglanzpapier, auf dessen Rückseite Werbung für andere Spiele der Firma gedruckt ist. Eine stabile Karte, die man sich neben das Spielfeld legen und auf der man schnell das gewünschte nachlesen kann, wäre hier sehr von Vorteil (vor allem bei Leuten, die Werbung grundsätzlich sofort entsorgen, wenn sie eine Kiste auf machen und vielleicht nicht gemerkt haben, welch elementar wichtige Info sich auf der Rückseite befand). So wie die Würfelkarte oder die Karawanenkarte eben.

Auf den eigentlich lobenswert wenigen Seiten des Spielregelheftes sind irre viele Informationen ziemlich verschachtelt abgedruckt. So findet sich manch elementare Erklärung schon in der Beschreibung der Startposition versteckt, die erst später wirksam wird.

Deshalb und auch auf Grund der Komplexität des Spielablaufes und der Strategien, die bei diesem Spiel zu entwickeln sind, da eine Menge nicht nur vom Würfelglück abhängt, ist die Altersangabe von 8 Jahren etwas niedrig angesetzt. Ein achtjähriges Kind wird nicht in der Lage sein, die Regeln zu lesen und zu verstehen. Es kann bestenfalls mit Erwachsenen oder älteren Kindern zusammen spielen. Aber ob es die komplexen Spielsituationen erfassen kann, ist auch eher zweifelhaft. 10 Jahre wäre sicher passender, ohne den Kinder zu nahe treten zu wollen.

Wenigstens ist das Spielregelheft mit Bildbeispielen üppig bebildert, so dass man einiges an Wirrungen aus dem Gelesenen anhand der Bilder klären kann. Dennoch – einfach drauf los spielen und dann mal nachblättern, wenn’s ins Stocken kommt, geht nicht. Durchlesen vor dem Spiel ist Pflicht.

 

Spielverlauf

Der Aufbau ist recht einfach.

(Bild 1)

Der Spielplan wird aufgeklappt, von jedem Spieler wird ein Kistchen in die obere linke Ecke gelegt (Punktezähler). Jeder Spieler bekommt eine Karte mit den Gebäuden, die er kaufen kann und dem entsprechenden Preis (Kamele und Goldmünzen), sowie zwei Goldmünzen und einen Haufen Kistchen in seiner Farbe. Mit diesen Kistchen beliefert er die Basare und die Karawane. Die Basare sind auf dem Spielplan in verschiedenen Häuserfarben, die Karawane ist auf einer Extra-Karte, auf der Kamele mit verschiedenen Punktwerten abgebildet sind. Zuguterletzt werden die Würfel bereit gelegt und die Würfelkarte. Kamele und restliche Goldmünzen sind erst mal in der Bank. Daneben dann noch der Stapel mit den Aktionskarten. Das weiße Männchen wird in der Mitte des Spielbrettes postiert. Er ist der Aufseher, der nach jedem Zug entsprechend der Anzahl der Würfel des Spielers bewegt werden kann.

Der Startspieler wirft alle weißen Würfel und verteilt sie entsprechend des gewürfelten Wertes auf der Würfelkarte. Der niedrigste Wert liegt auf den Kamelen, der höchste Wert auf den Goldmünzen. Die vier Gegenstände dazwischen bezeichnen die verschiedenen Viertel der Stadt, die mit Ware beliefert werden: Fass-, Sack-, Truhe- und Amphorenviertel. Da das Amphorenviertel das letzte vor den Goldmünzen ist, kann es oft passieren, das es ein einer Spielrunde überhaupt nicht beliefert werden kann, weil nicht alle Würfelwerte vorhanden sind bei einem Wurf.

Nacheinander machen die Spieler nun ihre Aktionen: Eine Würfelreihe wählen, dementsprechend Goldmünzen oder Kamele bekommen oder einen Basar im entsprechenden Viertel mit Kistchen beliefern. Dann den Aufseher entsprechend der Würfelanzahl über die Straßen bewegen und eine Karte ziehen.

Dem Aufseher kommt eine besondere Bedeutung zu: Wenn er vor einem Haus zum stehen kommt, auf dem bereits eine Kiste liegt, geht diese Kiste zur Karawane. Das kann gut sein oder auch schlecht, für die eigene Ware wie auch für die anderer Spieler. Einerseits gibt die Karawane teilweise Punkte, andererseits kann es sein, das ein vollständig besetzter Bazar dann eben nicht mehr vollständig bestückt ist, sofern man nicht mit einer Goldmünze bezahlen kann. Denn: Hat man alle Häuser eines Bazars (einer Farbe in einem Viertel) beliefert, gibt es am Ende der Woche auch Punkte. Die Karawane wird berechnet, sobald sie voll ist und die Steine gehen zurück an die Spieler. Nach Ablauf einer Woche gibt es Punkte für vollendete Bazare und auch die Kisten auf dem Plan werden abgeräumt.

Haben alle Spieler eine Würfelreihe gewählt und ihre Aktionen durchgeführt, ist ein Tag der Woche um und es wird erneut gewürfelt.

Als weitere Aktion kann auch ein Haus, eine Weide, Eine Karawanserei oder ein Laden gekauft werden. Das bringt diverse Vorteile, zum Beispiel zwei zusätzliche Goldmünzen, wenn man die Würfelreihe mit den Münzen wählt, oder auch ein Kamel mehr bei der Wahl des entsprechenden Feldes.

Die Spieldauer ist mit 45-60 Minuten angegeben und das ist auch eine korrekte Angabe. Man spielt 3 Wochen durch, die mit zwei weißen Würfelchen auf Zeitpunkten auf dem Spielplan markiert werden.

(Bild2) Mittendrin, Ablauf 2. Woche

 

Spielspaß

Wenn man die Spielregeln kennt und erst einmal die Möglichkeiten erkannt hat, die man hat, dann wird das Spiel auch richtig spannend. Denn das Würfelglück ist nur am Rande entscheidend, da jeder Spieler von jedem Würfelwurf für sich das Beste herausziehen kann. Natürlich kann ein anderer den Teil der Würfel, den man gern für sich selbst beanspruchen würde, vorher wegschnappen, aber das kann man vernachlässigen. Genauso kann ein anderer Spieler durch geschickte Nutzung des Aufsehers einem anderen Schaden zufügen. Dadurch ist auch eine Interaktion unter den Spielern gegeben, auch wenn jeder in erster Linie für sich selbst arbeitet – wie es eben für Händler so ist.

Da nach jeder Woche der Spielplan mit seinen Stadtvierteln wieder geräumt wird, wird es schon innerhalb einer Spielrunde abwechslungsreich, weil man erneut um die Vorherrschaft in den Bazaren kämpfen muss. Es gibt für jeden Spieler in jedem Spielzug (= Tag) gewinnbringende Möglichkeiten zu agieren (Basare errichten, den Aufseher dazu bewegen, Händler wieder zu ihren Karawanen zu schicken, eigene Gebäude bauen, usw.), immer wieder anders, immer wieder neu. Glück und Taktik halten sich hier die Waage.

Unterschiede bei unterschiedlicher Spielerzahl gibt es nur bei der Bestückung der Karawanen. Spielt man nur zu dritt, dann wird das jeweils erst Kamel in den drei Reihen nicht beladen. Die Karawanen werden also schneller neu zusammengestellt. Zu zweit ist das Spiel nicht spielbar, es müssen also wirklich drei Spieler sein, aber besser geht es zu viert.

 

Fazit

Die Spielidee hat wirklich etwas für sich und wegen der neuartigen Würfelverwendung auch in der Tat etwas Außergewöhnliches. Wenn man sich durch die Spielregeln gequält hat, dann hat das Spiel durchaus Suchtpotential, weil man die vielen möglichen Varianten durchspielen möchte. Die etwas unprofessionelle Aufmachung außer Acht gelassen hat das Spiel seine Nominierung zum Spiel des Jahres durchaus verdient. Ein komplexes Spiel für strategische Köpfe.

 

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240328144052e1f86ed7
Platzhalter

Brettspiel:

Yspahan

von HUTTER Trade GmbH & Co. KG

Empfehlungsliste "Spiel des Jahres"; Nominierungsliste "Spiel des Jahres" 2007

Material: Karton/Papier/Holzfiguren

Spieldauer: ca. 50 Min

Spielerzahl: 3 bis 4

Empfohlenes Mindestalter laut Hersteller: 8 Jahre

ASIN: B000JMJWKI

Autor: Sébastien Pauchon

Illustration: Arnaud Demaegd

Erhältlich bei: Amazon

 


Platzhalter
Platzhalter
Erstellt: 21.08.2007, zuletzt aktualisiert: 16.02.2018 17:50, 4715