Druckversion: 12 Days of Terror (DVD; Horror; FSK 16)

12 Days of Terror (DVD; Horror; FSK 16)

Rezension von Oliver Kotowski

 

Am 1. Juli des Jahres 1916, fernab von den Gräueln des Großen Krieges in Europa, ereignet sich an der Küste von New Jersey ein anderes Grauen. In Mitten der badenden Gäste wird ein junger Schwimmer Opfer eines brutalen Angriffs. Obwohl der Rettungsschwimmer Alex (Colin Egglesfield) ihn sofort aus dem Wasser birgt, stirbt der Badegast am Blutverlust – ihm wurde ein Bein abgetrennt. Während die Wunden auf eine Hai-Attacke hinweisen, wurde nichts Konkretes gesehen. Es könnte also auch der Torpedo eines deutschen U-Bootes gewesen sein. Die Hai-Experten sind sich jedenfalls sicher: Wenn es ein Hai gewesen sein sollte, sind die Chancen einer Wiederholung gleich Null, da Haie so gut wie nie Schwimmer angreifen. Der Hotelbesitzer Engel (Adrian Galley) beschließt daher den Strand geöffnet zu lassen. Alex fühlt sich nicht wohl bei der Sache und der alte Fischer 'Cap' (John Rhys-Davies) sieht das ähnlich. Doch viele Bürger, die sehr um den Ruf der Stadt als Badeort bangen, darunter auch Alex' Freund Stanley (Mark Dexter), der bald die gemeinsame Freundin Alice (Jenna Harrison) heiraten will, glauben nicht an einen erneuten Angriff – zumal der US-Präsident Woodrow Wilson bald in den Ort kommt um für ihn zu werben…

 

Der Film weißt einige Mängel auf. Der größte Mangel liegt meiner Einschätzung nach im Konzept des Drehbuchs. Hier hätte man sich besser für ein Genre entschieden. Für einen Horrorfilm wird viel zu wenig mit der Furcht der Zuschauer gespielt und statt dunkler Vorahnungen gibt es kristallklare Ansagen. Für einen Splatterfilm gibt es viel zu wenig blutige Szenen. Was könnte es sonst sein? Eine Charakterstudie über die Hai-Jäger? Das Sittengemälde einer hysterischen Zivilgesellschaft? Sicher, für beide Plotrichtungen gibt es einzelne Szenen. Mit dem später eintretenden Duo des Tierbändigers Schleisser (Jamie Barlett) und seines Dieners Murphy (Nigel Sweet) kommt sogar eine komische Note ins Spiel. Und mit dem unglücklichen Dreiecksverhältnis Alex – Alice – Stanley eine Art Beziehungsdrama. Aber alles wird nur kurz angerissen, ein Strang hätte hier entwickelt werden müssen um eine eigene Qualität erzeugen zu können. Der Film wird z. T. als Doku-Drama bezeichnet, schließlich beruht er auf wahre Begebenheiten. Aber die Freiheiten, die sich der Regisseur nimmt, sorgen dafür, dass der Film in dieser Kategorie ebenfalls nicht ernst genommen werden kann.

 

Die Schauspieler sind weitgehend unbekannt, sieht man von John Rhys-Davies ab, den man in weit über 150 Filmen, wie in der Indiana Jones Reihe als Sallah oder in dem Herren der Ringe als Gimli, sehen konnte. Neben diesen Veteran wirken die meisten Schauspieler schwach, nur Jenna Harrison als emotional unsichere Alice und Colin Stinton als gehemmter Ichthyologe Dr. Nichols, dem Akademiker aus dem Elfenbeinturm, können ihren Rollen gerecht werden. Colin Egglesfield, der die Hauptrolle, den einfachen, aber anständigen Rettungsschwimmer Alex, darstellt, spielt leider besonders hölzern. Hier hätte man ebenfalls punkten können, denn die Figuren sind im Kern keine einfachen Konzepte, wie in so vielen anderen Horrorfilmen, sondern komplexe Charaktere. Doch der Zeichnung und Entwicklung der Figuren wird nur wenig Raum gewährt und so ist deren Agieren eher sprunghaft. Schade, denn hier liegt viel Potential; dann wiederum hat man bei den vielen mäßigen Schauspielern wohl auch nicht viel versäumt.

Ein weiteres Manko ist die deutsche Synchronisierung: Die Sprecher leiern ihren Text so unmotiviert herunter, dass man Gefühlsregungen dem Tonfall kaum entnehmen kann.

 

Das Geschehen trägt sich im Jahre 1916 in einem kleinen Badeort an der Nordküste von New Jersey, nahe von New York, statt. Dem wird mit ordentlich recherchierten Kostümen und Kulissen Rechnung getragen. Doch diese erzeugen ein eigenartiges Gefühl der Künstlichkeit: Alles wirkt sauber und neu, alles ist aufgeräumt und ordentlich. Wenn die hohen Herrschaften im Büro der Bürgermeisters sich besprechen, wie mit der Attacke zu verfahren sei, mag das noch angehen, aber wenn in der Fischerkneipe lauter adrett gekleidete Gäste sitzen, wirkt das etwas schräg. Das sieht nicht authentisch, sondern nach Studioaufnahmen aus. Hinzu kommen einige sprachliche Anachronismen: "Denken wie ein Hai, denken wie ein Hai…" – so spricht Profiler-Fischer 'Cap'.

An den Special Effects zeichnet sich das Budget eines Filmes am deutlichsten ab; 12 Days of Terror hatte nicht viel Geld zur Verfügung. Einzig die Hai-Attacken und deren Ergebnisse erfordern Special Effects. Allzu viele bekommt man also nicht zu sehen. Das ist auch gut so, denn hier kommen schwache Effekte und ein Regisseur, der dieses nicht durch andeutende Darstellungen ausgleichen kann, zusammen. Der Hai ist und bleibt eine Puppe.

 

Jack Sholder, der den Film 2004 für den Fernsehsender "Discovery Channel" drehte, hat ihn in Sachen Schnitt, Kameraführung, Dramaturgisierung etc. recht konservativ inszeniert. Dazu gehört denn auch der Soundtrack, dessen Untermalung nicht die Stimmung der Szene unterstützt, sondern quasi ankündigt, was für eine Art von Szene gerade gegeben wird.

 

Wie schon erwähnt, beruht der Film auf Tatsachen. In den besagten 12 Tagen gab es wirklich eine Reihe von Hai-Attacken auf Schwimmer in den Küstengewässern New Jerseys bei der Stadt Matawan. Diese Attacken dienten Peter Benchley als Vorlage für seinen Roman "Jaws" (dt. "Der weiße Hai"), welcher später unter den gleichen Namen von Steven Spielberg verfilmt wurde. Damit haben die Geschichten natürlich viel Ähnlichkeit miteinander; in vielen Figuren von Benchley kann man noch die historischen Personen erkennen. Dennoch sollte man bei 12 Days of Terror keinesfalls "Der weiße Hai Anno 1916" erwarten. Während Spielbergs Film einige, wenige scharf charakterisierte Figuren gegen einen Monsterhai und einander antreten ließ, ist Sholders Film eine unfokussierte Nacherzählung der realen Ereignisse, allerdings mit einiger künstlerischer Freiheit – die den Film leider eher an Spannung nimmt, als sie zu erhöhen.

 

Fazit:

12 Days of Terror ist ein Fernsehfilm und durchaus als Unterhaltung an einen netten Fernsehabend ausreichend; sich dafür Zeit nehmen, oder gar Geld ausgeben, sollte man allerdings nur, wenn man ein großer Fan des Subgenres Monsterhai und an dem historischen Setting interessiert ist. Schade, denn es liegt immer noch viel Potential in der Geschichte.

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240427063134e35bc761

Film:

12 Day of Terror

VÖ: 01.06.06 (Verleih)

17.08.06 (Kauf-DVD)

FSK: ab 16

Genre: Horro

Länge: ca. 86 Min.

Land: Südafrika

Jahr: 2004

ASIN: B000GG47SY

Erhältlich bei Amazon

 

Darsteller:

John Rhys-Davies,

Jamie Bartlett,

Glen Biderman-Pam,

Mark Dexter

 

Regie:

Jack Sholder

 

Vertrieb:

e-m-s

Weitere Infos:

Es wurde ein Pressemuster rezensiert. Daher können leider keine Aussagen über das Cover, Bonusmaterial, Bild- und Soundqualität gemacht werden.

, zuletzt aktualisiert: 21.12.2023 16:17