Druckversion: Die Tränen der Bienen (Der große Tote Bd. 1)

Die Tränen der Bienen

Reihe: Der große Tote Bd. 1

Rezension von Christian Endres

 

Ein neues Album von Régis Loisel ist immer eine kleine Sensation und sorgt für Aufsehen. Selbst wenn der Franzose sich – wie im Fall von »Die Tränen der Bienen« – nur als Ideengeber und sporadischer Szenerist betätigt und Zeichnungen und Plott von anderen anfertigen lässt, spitzt man die Ohren, wenn die Ankündigung des »Neuen Loisel« durch die Jahresvorschauen geistert – erst Recht, wenn das Preis/Leistungs-Verhältnis dann auch noch so angenehm stimmig ist wie beim vorliegendem Band von Ehapa. Und natürlich deshalb, weil Loisel seine Leserschaft in den letzten Jahren – zuletzt mit Peter Pan und Das Nest – mit kleinen, atmosphärischen Comic-Meisterwerken zwischen Fantasy und fantastischem Realismus stets verzaubert hat.

 

Umso ernüchterter ist man dann auch nach der Lektüre des ersten Bandes von Der große Tote, wo Loisel doch hinter seinen Möglichkeiten zurück bleibt. Vor allem die letzten 30 Seiten des großformatigen Albums leiden darunter, dass das neueste Werk des Meisters die Erwartungen nicht erfüllen kann und die Kreativen irgendwann nur noch einen mittelmäßigem, austauschbaren Fantasy/Science-Fiction-Cocktail liefern. Was schade ist. Denn gerade Loisel ist ohne Frage einer der prägendsten europäischen Comicschaffenden unserer Zeit, und da sind die Erwartungen, insofern sein Name auf dem Cover steht, immens hoch - egal wie viel er wirklich zur Geschichte beigetragen hat.

 

Der Anfang des Bandes ist freilich charmant und vielversprechend, und bis zur Hälfte des üppig-hochwertigen Hardcover-Albums macht das auch noch alles Spaß. Doch dann verfliegt der Loisel-Zauber, verliert sich die Geschichte in der Belanglosigkeit eines viel zu kryptischen Rituals samt dazugehöriger 0815-SF/Fantasy-Umgebung, die bis auf bunte Panels arg blass bleibt. Mag es wohl daran liegen, dass Loisel nur Ideen- und Impulsgeber dieses Werkes gewesen ist?

 

Zeichner Vincent Mallié bemüht sich ebenfalls und lehnt sich stark an Loisels Artwork an, wobei die Optik des Auftaktbandes alles in allem durchaus in Ordnung geht und gerade in der auch storytechnisch besseren ersten Hälfte eine tolle Atmosphäre erzeugt, einige wirklich schöne Perspektiven und Impressionen rund um das leicht verwunschene Setting im Wald inklusive. Trotzdem: Auch hier geht der Reiz zur Halbzeit verloren. Mit dem »Seitenwechsel« kommt »Die Tränen der Bienen« leider gar nicht klar, weder inhaltlich, noch optisch. Aus dem großen Anfangsbrummen wird ein leises Summen aus weiter Ferne, so als ob die Kreativen um Loisel den Zauber nicht mit in ihre pseudofantastische Anderswelt haben mitnehmen können.

 

Ob sich die Story um den großen Toten mit dem nächsten Happen steigern wird, darf in Frage gestellt werden – wünschenswert wäre es allemal. Denn der Hang zum Zaubern haftete auch diesem Werk zu Anfang wieder an. Unterwegs verliert Loisel – oder Dijan oder wie auch immer – trotz aller Anspielungen auf Merlin und die Schlümpfe leider nur den Zauberstab.

 

Und die Geschichte ihren anfänglichen Charme.

 

Was dann auch der riesige Cliffhaner nicht mehr retten kann. Nun kommt es auf den nächsten Band an: Fisch oder Fleisch?

 

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240426222455cee7fc8f

Comic:

Die Tränen der Bienen

Reihe: Der große Tote Bd. 1

Autor: Régis Loisel

und JB Djian

Zeichner: Vincent Mallié

HC-Album, 64 Seiten

Ehapa, Mai 2008

ISBN: 3770431685

Erhältlich bei Amazon

weitere Infos:

, zuletzt aktualisiert: 21.04.2024 14:11