Herr der Ringe - Die Eroberung (PS3)
 
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Herr der Ringe - Die Eroberung

Rezension von Björn Backes

 

Mehrere Jahre sind inzwischen ins Land gezogen, seit Mittelerde auch auf der Leinwand vor dem Einfluss Saurons bewahrt und letztendlich durch die Zerstörung des einen Rings gerettet wurde. Und in dieser Zeit hat man auch nicht mehr wirklich viel von Tolkiens Meilenstein zu hören bekommen, bis vielleicht auf die Tatsache, dass sich die Arbeiten zum nachgeschobenen Filmprojekt „Der kleine Hobbit“ doch noch ein bisschen hinziehen werden. Wenigstens im Konsolenbereich wird die wohl wichtigste Fantasy-Saga aller Zeiten dieser Tage noch einmal thematisiert. In „Der Herr der Ringe: Die Eroberung“ übernimmt man erstmals beide Seiten. Mittelerde wird gerettet, anschließend aber auch wieder zerstört. Ob das Sinn macht? Sehr fraglich…

 

Inhalt:

Wie der Titel schon suggeriert, geht es im neuesten Ableger der mittlerweile schon traditionsreichen HdR-Serie darum, Feindesland einzunehmen und einfach nur zu erobern. In groben Zügen wird hierbei auch die Haupthandlung der literarischen Vorlage zitiert, dies aber immer nur bruchstückhaft und meist nur in den finalen Szenarien einer Mission, in denen dann auch die Schauplätze aus Film respektive Buch übernommen werden.

In Sachen Gameplay ist das Ganze dann aber bei weitem nicht so facettenreich, wie das Backcover und die ersten Trailer suggerierten. Im Grunde genommen ist „Die Eroberung“ nur ein solides Hack & Slay-Game, das durch seinen phantastischen Background eine gewisse Eigenständigkeit herausarbeitet, aber zu keiner Zeit die essentielle Spieltiefe entwickeln kann, die man unter diesem gewaltigen Banner einfach erwarten darf. Das beginnt schon damit, dass die Hauptcharaktere der Romane hier nur in manchen Bosskämpfen zur Verfügung stehen und die allgemeine Abgrenzung von der klassischen Story ein wenig unvorteilhaft angegangen wird. Statt Aragorn, Frodo oder Gimli durch die Schlachtreihen zu navigieren, schlüpft man in die Rolle des gemeinen Fußvolkes und schlägt sich in einer von vier Klassen durch die einzelnen Etappen der Schlacht um Mittelerde. Als Krieger kämpft man hierbei an vorderster Front, der Bogenschütze agiert erwartungsgemäß aus der Distanz, der Späher versucht, etwas Taktik ins Spiel zu bringen, und der Magier darf sich am Ende auf ein paar mehr oder minder aggressive Sprüche stützen, wobei auch hier nur eine dürftige Aufbereitung vorliegt. Entwicklungsstufen? Fehlanzeige! Hochleveln? Nein, hier nicht.

Entsprechend mager ist daher auch die Aufgabenverteilung. Gegnerische Posten müssen eingenommen werden; eigens eroberte Stationen wiederum verteidigt werden. Strategisch eine kleine Spur wertvoller sind lediglich die Missionen, in denen man einzelne Schlüsselfiguren der feindlichen Partei ausschalten muss. Aber auch hier gilt: Mit gnadenlosem Gemetzel kommt man schließlich zum Ziel. Das mag zwar im Hinblick auf manches Schlachtenszenario aus der dreiteiligen Verfilmung in gewisser Form authentisch klingen, bleibt spieltechnisch aber auf lange Sicht ziemlich reizarm. Die Inhalte wiederholen sich schließlich immer wieder von neuem, und wären zwischendurch nicht wenigstens die etwas kniffligeren Bosskämpfe eingebaut, würde man sich aufgrund der kontinuierlich erweiterten Monotonie relativ schnell langweilen.

Damit das Spiel zumindest ein bestimmtes Mindestmaß an Abwechslung gewährleisten kann, ist man nicht verpflichtet, sich auf eine Kriegerklasse zu konzentrieren. An jeder neuen Kontrollstation hat man wiederholt die Auswahl aus allen vier Spezies, wobei es grundsätzlich keine Rolle spielt, für wen man sich entscheidet. Individuelle Spielsituationen, in denen ein Charakter einen erheblichen Vorteil aufweisen könnte, gibt es nämlich bis zuletzt nur sehr selten, womit sich auch hier jegliche Spielstrategie ins Blaue auflöst.

 

Nachdem die Missionen auf der guten Seite gelöst und Saurons Mächte besiegt sind, bietet das Spiel in einem alternativen Kapitel auch noch die Möglichkeit, an Seite des dunklen Herrschers zu kämpfen und mit dessen Orkarmeen in die freien Welten zu ziehen. Der finstere Vernichtungsschlag unterscheidet sich aber in der Spielstruktur überhaupt nicht von der vorherigen Gesamtmission. Die Kriegerklassen steuern sich exakt gleich, die Kampfkraft ist ebenfalls vergleichbar, und da auch die Etappenziele nicht variieren, ist das Ganze nicht mehr als ein netter Bonus, der inhaltlich aber absolut nix Neues mehr zutage bringt. Mal ganz davon abgesehen, dass es ziemlich verrückt klingt, Tolkiens Geschichte fiktiv umzudrehen…

 

Wenn am Ende die Credits über den Bildschirm flimmern, steht jedenfalls eines fest: Eine Nachlese kann nur dann funktionieren, wenn sie entscheidende, neue Elemente in den Konsolenkosmos um den Ring bringt. Prinzipiell geschieht das ja tatsächlich – nur eben nicht zum Vorteil für das Spiel!

 

Technik/Präsentation:

Optisch ist die neueste Schlacht um den Ring grundsätzlich ganz in Ordnung. Das Design der Figuren ist weitestgehend makellos, die Animationen stimmig und auch die Hintergründe mit einem ordentlichen Fantasy-Flair gesegnet. Nichtsdestotrotz bilden sich relativ flott einige technische Mängel heraus, angefangen bei nervigen Clipping-Effekten bis hin zu kleinen Rucklern in den hektischeren Schlachtensequenzen. Darüber hinaus gelingt es einfach nicht, das epische Feeling der Trilogie passend auf den Bildschirm zu transferieren. Die Eleganz der Geschichte geht bei den niederträchtigen Metzeleien in Windeseile verloren, und damit letzten Endes auch das Feeling für die Majestät namens Mittelerde.

Ansonsten ist technisch nicht viel auszusetzen: Die Spielübersicht ist gut, ebenso das effektvolle Tutorial. Die Aufgabenverteilung wird klar formuliert und demonstriert, und es kommt selten vor, dass man sich in den Spielwelten verliert. Dies ist allerdings auch auf einen weiteren Mangel zurückzuführen. Die Areale sind nämlich ziemlich eng; von üppigen Schlachtfeldern kann folglich auch keine Rede sein. Und da wir hier über ein Thema wie „Herr der Ringe“ reden, muss man im Hinblick auf die persönliche Enttäuschung immer mehr Widrigkeiten in Kauf nehmen. Schade drum.

 

Spielspaß:

Der dauerhafte Spaß an „Die Eroberung“ wird vor allem dadurch getrübt, dass man berechtigterweise mit hochtrabenden Erwartungen an einen solchen Titel herangeht. Und bei der Konzeption haben die Entwickler bei Pandemic sich hier auch Mühe gegeben, irgendetwas zu kreieren, was die Grenzen des eingefahrenen HdR-Genres durchbricht. Die Umsetzung ist aber insgesamt viel zu dürftig und unausgegoren, als dass man sich hier gerne intensiver mit der Materie auseinandersetzen mag. Das Gameplay ist auf wenige echte Spielinhalte limitiert, der lineare Spielablauf erlegt dem Ganzen weitere Grenzen auf, und da auch populäre Elemente wie Charakterentwicklungen gänzlich außen vor gelassen wurden, entwickelt sich „Die Eroberung“ zu einem relativ beliebigen Titel, der seine Kraft nur noch aus seiner Überschrift zieht. Hat man, im wahrsten Sinne des Wortes, einmal den Bogen raus, wie man seine Schützen steuert bzw. mit welcher Taktik man seine Krieger am besten ins Gemetzel steuert, verabschiedet sich der Spielreiz fast schon auf Nimmerwiedersehen, während die Tiefe der Story zu diesem Zeitpunkt bereits Lebewohl gesagt hat. Hack & Slay-Fans, die sich damit abfinden können, dass „Die Eroberung“ mehr mit „Diablo“ als mit dem „Herrn der Ringe“ gemein hat, könnten sich hieran vielleicht noch ergötzen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Begeisterung jedoch dauerhaft ist, bleibt sehr gering.

 

Fazit:

Nicht überall wo „Der Herr der Ringe“ draufsteht, ist auch das Qualitätssiegel „Herr der Ringe“ drin. Der neueste Titel aus dem Hause EA ist lediglich eine bescheidene Nachlese, deren guter konzeptioneller Entwurf von der einseitigen Ausarbeitung untergebuttert wird und daher außer dürftiger Kriegskunst nicht mehr viel im Angebot hat. Schade um die vergebene Chance!

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240512012234d26e0c62
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MEDIUM:

Herr der Ringe - Die Eroberung

System: Playstation 3

Entwickler: Pandemic

Publisher: Electronic Arts

USK-Einstufung: Freigegeben ab 16 Jahren gem. 14 JuSchG

ASIN: B001EKIS2M

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 06.03.2009, zuletzt aktualisiert: 08.02.2015 15:34, 8369