Berserker (Autor: Scotchco)
 
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Berserker

Autor: Scotchco

 

DIE SCHREIE. DIE AUSGESTRECKTEN ARME. DAS BLUT.

 

 

Varg richtete sich, erwachend, keuchend, schwitzend auf. Doch noch

während er nach den Erinnerungsfetzen seines Albtraumes greifen wollte,

lösten diese sich auf, so wie jeden Morgen.

 

Er erhob sich von seinem alten Feldbett, und schlüpfte in die klammen

Stiefel, es vermeidend in den Modder des Zeltbodens zu treten. Sein

Körper fühlte sich schwer an, doch nicht von seinem Kettenhemd, in dem

zu schlafen er sich schon vor Jahren angewöhnt hatte. Die Kampagne

daurte einfach schon zu lange: was die Berserker hier für Bissel

eroberten, verlor der Narr an den anderen Fronten wieder genauso

schnell.

 

Der Kratzer an Vargs Wange, wo ihn der Kerl gestern mit der Mistforke

gestreift hatte befor er ihm den Arm abhauen konnte, hatte sich eitrig

entzünded, und Varg fühlte sich etwas fiebrig - ob von der Wunde, oder

von dem verdammten Regen der in diesem von allen Göttern verlassenen

Land niemals aufzuhören schien konnte er nicht sagen, und wollte es auch

gar nicht wissen. Er fühlte sich beschissen, denn wie es der Brauch

verlangte hatten sich die Krieger nach der gestrigen Schlacht - wenn man

das Scharmützel mit dieser Titulierung ehren wollte - noch nicht

gereinigt, und das getrocknete Blut klebte an ihm wie roter Schlanm. Er

spie auf den Boden, im Mund noch den Geschmack von dem Blut des

Eisenbiegers.

 

Hah, das war der einzige ehrenhafte Kampf des ganzen gestrigen Tages

gewesen: Ein Kerl wie ein Baum, mit einer Eisenstange wie ein

Flaggenmast. Er hatte, nachdem dieser Dorfschmied damit schon zwei von

Bissels Memmen die Schädel zertrümmert hatte, sein Schwert hingeworfen

und sich dem Eisenbieger mit blosen Händen gestellt - ein fairer Kampf

also. Ein leichtes Grinsen überzog Vargs vernarbte Züge als er sich an

das Trumphgefühl eines guten gewonnen Kampfes erinnerte, als er dem

weissen Zorn in seiner Seele nachgab und der Schmied endlich unter

seinen Händen verröchelte. Den Schmerz der angebrochenen Rippen hatte er

schon lange gelernt zu vergessen.

 

Wenn blos alle Kämpfe gestern so verlaufen wären. Und wenn blos die

verdammten Albträume endlich ein Ende hätten. Heute noch würde er mit

dem Anarchonthen darüber sprechen.

 

Er hängte sich sein Schwert um, und schlug die Zeltklappe zurück. Sofort

peitschte ihm der endlose Niselregen von Coeranys ins Gesicht. Vor ihm

breitete sich das Lager seines Rudels aus, in der Mitte das große Feuer

vor der improvisierten Tribüne, die die Orog-Sklaven in der Nacht noch

errichtet hatten. Dahinter, einige hundert Schritte vom Lager der

Berserker, hatten Bissels Leute ihr Lager aufgeschlagen. Heute mittag

würde er hinübergehen ins Zelt der Verwundeten - vielleicht waren ja

einige dabei, die es Wert waren daß die Neophanten ihnen die Blutweihe

verliehen, so daß sie in ihrem neu geliehenen Leben den Ruhm Beliniks

verbreiten konnten.

 

An der Stützstange seines Zeltes lehnte ein greiser, einäugiger Krieger,

und als Varg an ihm vorüber zur Tribüne ging, spuckte er vor ihm aus. Er

kannte den Kerl nicht, war wohl gestern mit Snorris Rudel angekommen. Er

würde mal mit Snorri reden müssen - ein Krieger der über 40 Sonnwenden

erlebt hatte war offensichtlich nicht der Aufmerksamkeit eines wahren

Berserkers wert. Und die Halsberge des Alten war zwar zerschlissen, aber

viel zu sauber um seine offensichtliche Feigheit im gestrigen Kampf zu

verbergen - die schlimmste Sünde für einen Berserker.

 

Varg stapfte durch den Matsch an dem Pferch mit den Opfersklaven und an

dem kleinen Schädelhügel vorbei, bis er vor der Tribüne stand. Die

anderen Krieger hatten sich inzwischen ebenfalls erhoben, und auch die

Nachtwachen hatten sich vom wärmenden Feuer entfernt und standen, in der

kalten Morgenluft dampfend, bereit zur Morgenandacht.

 

Endlich erschien der Anarchonth in seiner blutroten Toga, im Gesicht die

heiligen Brandmale. Vor ihm, auf dem uralten Altar aus menospischem

Blutholz, lagen die abgeschnittenen Geschlechtsteile der wenigen Männer,

die gestern das namenlose Dorf verteidigt hatten. Das Glutbecken war

ebenfalls schon geschürt, und die Kohlen kämpften verzweifelt gegen den

ewigen Regen.

 

Während der Anarchonthen, unterstützt von den zwei Neophanten, seine

Predigt hielt, wanderten Vargs Gedanken zu der gestrigen Schlacht. Die

Dinge waren nicht so, wie sie sein sollten. Wo waren die Verteidiger,

die es angeblich niederzuringen galt? Welche Feiglinge überliessen ihre

Frauen und Kinder und Greise kampflos den Berserkern der Vos?

 

"... die gestrige Schlacht zur Mehrung des Ruhmes von Belinik ..."

 

Die schmutzigen Krieger, mit getrocknetem Blut bedeckt welches durch den

Regen nun wie rote Tränen an ihnen herabrann, schlugen sich, wenn auch

diesmal mit wenig Enthusiasmus, mit den Fäusten auf die Brust und riefen

"Tod, Tod, Tod", während der Anarchonth in den blutigen Haufen griff,

und eine Handvoll davon in das Glutbecken warf. Rauch begann

aufzusteigen, doch während er sonst immer fast senkrecht nach oben

stieg, schien ihn diesmal der Regen förmlich nach unten zu drücken. Die

"Tod, Tod" Rufe begannen langsam zu verstummen, und Gemurmel begann.

 

Der Anarchonth zischte einem der Neophanten in ihrer geheimen Sprache

etwas zu, doch Varg, dessen Vater selbst Archon gewesen war verstand nur

zu gut: "Narr ... Regen hat das Feuer ... das Vasht vergessen ...

schnell ...". Während der Neophant eilig davonschlurfte dann, an die

Krieger gewandt: "Oh Belinik, für deinen Ruhm, in deinem Namen haben wir

getöt..."

 

"Lügner"

 

Abrupt brach der Anarchonth im Satz ab, als ein geworfenes Breitschwert

in seine Kehle fuhr und ihn nach hinten und zu Boden schleuderte.

 

Das Gemurmel verstummte, und ein Kreis begann sich um Varg zu bilden,

der entsetzt auf seine Hände starrte - es war SEIN Schwert gewesen, ER

hatte es mit der Zielsicherheit von hunderten Übungsstunden in den

Waffenhallen der Berserker geworfen, und SEINE Stimme hatte gerufen.

 

Grimmig trat er an das zuckenden Bündel, und während er sein Schwert aus

dem röchelnden Körper zog, suchte seine andere Hand in der Toga des

Gefallenen. Langsam setzte das Gemurmel wieder ein.

 

Als sich Varg wieder erhob, in der einen Hand das blutige Schwert, in

der anderen den Beutel aus dem Gewand des Sterbenden, sah er aus dem

Augenwinkel Bewegung bei den Zelten Bissels. Offensichtlich waren die

Wachen dort aufmerksam geworden. Er wandte sich den Kriegern zu und

rief:

 

"Lügen. Nichts als Lügen. Nicht für Belinik haben wir gekämpft und

getötet. Für die Gier der Anarchonthen alleine hat man uns hergeschickt.

Hier ist das Silber des Verrats."

 

Bei diesen Worten schüttete er den Inhalt des Beutels vor die Füsse der

zurückweichenden Krieger.

 

"Ich habe es gewusst, und ihr habt es auch gewusst. Aber wir haben

unsere Augen verschlossen, und unsere Münder waren stumm. Denn hat nicht

Belinik selbst zu uns gesprochen "Du sollst Töten"?"

 

"Aber heisst es nicht auch "Ihr sollt die Belinik ehren, und keinem

anderen dienen "? Haben uns diese"

 

er trat den inzwischen leblosen Körper.

 

"nicht an ihren neuen Herren "Silber" verkauft? Haben wir nicht in

Wirklichkeit die Ehre Beliniks beschmutzt, indem wir ehrlos wie

khinasische Meuchler wehrlose Frauen und Kinder erschlugen? Und zwar im

Namen des feigen Schweines Bissel? Ist das alles was wir von unserem

Gott gelernt haben?"

 

Die Krieger begannen wieder untereinander zu Murmeln, und Varg beugte

sich nochmals über den Körper des Anarchonthen, und hieb ihm mit einem

Schnitt sein Glied ab. Ein letztes Zucken, dann lag der Körper wieder

still. Varg warf es in das Glutbecken, und schon nach Sekunden begann

der Rauch endlich aufzusteigen, kerzengerade in die Höhe. Im selben

Augenblick hörte der endlose Regen auf, und die Sonnen brachen durch die

Wolken.

 

Das war genug für die Krieger. Während sie wieder in "Tod, Tod" Rufe

ausbrachen, begann einer nach dem anderen in den Schlamm zu knien.

 

"Erhebt euch. Es ist an der Zeit daß dem Ruhm Beliniks wieder Ehre getan

wird. Folgt mir nach, wir brauchen keine falschen Anführer. Kämpft.

Tötet. Wer nicht Belinik huldigt muß sterben. Der Tod ist mit uns. Tod

den Feiglingen!"

 

Varg hielt sein Schwert hoch in die Luft, und begann, zuerst langsam,

dann immer schneller, auf die nervösen Wachen beim Lager Bissels

zuzugehen. Wie ein Mann erhoben sich die anderen Krieger, rissen ihre

Waffen aus den Scheiden, und rannten ihm nach, immer noch "Tod, Tod" auf

den Lippen.

 

Und als das große Morden begann, zog auch der einäugige Greis sein altes

altes Schwert aus der Scheide. Der Stahl war schartig von endlosen

Schlachten, und zerfressen von Blut zahlloser Siege. Die Klinge Äon,

geschmiedet vor Zeitaltern im Herzen der zwei Sonnen, gehärtet im Blut

der älteren Götter, seufzte leise wie ein Windhauch. Die Ringe des

zerfallenen Kettenhemdes, einstmals geformt aus den gebundenen Seelen

der gestürzten Titanen, wimmerten unhörbar. Ein wölfisches Lächeln

huschte über sein Gesicht - er hatte seinen Propheten diesmal gut

gewählt!

 

Der Wahnsinn der Unsterblichen glühte in seinem einen Auge als sich der

alte alte Mann zum erstenmal aufmachte, seinem vierten Prohpeten in der

Schlacht, bei seiner Bluttaufe, beizustehen.

 

Die Zeit des vierten Propheten war angebrochen, und wieder würde die

Welt im Feuer geschmiedet und im Blut gehärtet werden.

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 2024042717563511dce088
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Erstellt: 28.07.2005, zuletzt aktualisiert: 27.09.2016 09:58, 823