Cyberpunk 2077: Phantom Liberty (PC; USK 18)
 
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Cyberpunk 2077: Phantom Liberty

Rezension von Cronn

 

Ich setze mich auf das Motorrad und heize los, mitten hinein in den Moloch von Dogtown.

Im letzten Licht der Abendsonne tauche ich ein in den nie endenden Strom aus stählernen Vehikeln, wobei viele mehr aus Rost zu bestehen scheinen. Ich habe den Auftrag einige Masten ausfindig zu machen, die ich für das Ausführen meines Auftrags benötige.

Dazu rase ich über die teils zerborstenen Straßenbeläge und finde in der Nähe des ehemaligen Stadions einen ersten Hinweis. Doch zuvor kracht eine Ladung Ressourcen vom Himmel, eine rotgraue Rauchfahne hinter sich herziehend. Ich ändere meinen Plan und reiße den Lenker herum. Mit quietschenden Reifen lege ich mich in die Kurve. Hinter der nächsten Kuppe sehe ich es: die Kiste mit dem begehrten Nachschub.

Aber die Barghest-Söldner sind auch schon da. Verdammt.

Einige Voodoo-Boys tauchen auf und beginnen ohne Vorwarnung auf die Barghest-Leute zu schießen. Alles klar, ich lehne mich erstmal entspannt zurück und schaue, wer übrig bleibt.

Mit einem Grinsen bleibe ich auf meiner Rennmaschine sitzen. Die Barghest-Söldner und die Voodoo-Gangtypen dezimieren sich gegenseitig. Doch schlussendlich setzen sich die Bargest-Männer durch. Es wird Zeit für mich einzugreifen, ehe der Nachschub auftaucht.

Ich ziehe meine Smart-Gun und werfe mich in die Schlacht. Nachdem die ersten beiden Männer unter meinem Feuer gefallen sind, wird der Rest auf mich aufmerksam. Eine erste Granate fliegt in meine Richtung, ich rolle mich zur Seite weg. Mit meiner Cyberware schicke ich einen Elektroschock los. Einer der Männer geht zitternd zu Boden.

Jetzt nur noch der letzte Typ. Aber der hat sich verschanzt. Ich setze einen Audioshock ein und während er benommen ist, flankiere ich ihn. Mit einem letzten Schuss setze ich dem Gefecht ein Ende. Dann stecke ich meinen Linkdraht in die Buchse und öffne die Nachschubkiste.

Oh, wow! Das ist ja cool …

 

Cyberpunk 2077: Phantom Liberty ist die erste und einzige Erweiterung zu Cyberpunk 2077, dem Hauptspiel von CD Projekt Red, das vor drei Jahren erschienen ist. Gleichzeitig erscheint auch noch das Update 2.0, was grundlegende Änderungen am Gameplay vornimmt. Hier soll aber vor allem das DLC getestet werden. Und wie gelungen »Phantom Liberty« ist, das wird im nachfolgenden Test aufgezeigt werden.

Inhalt

»Phantom Liberty« spielt mitten in der Hauptstory von »Cyberpunk 2077«, aber selbst nach dem Abschluss der Hauptquest kann man »Phantom Liberty« starten. Sobald man die Voodoo-Questreihe abgeschlossen hat, meldet sich eine mysteriöse Netrunnerin namens Songbird, die vorgibt, eine Lösung für Vs Problem zu haben. Kurz danach betritt man den abgetrennten Bereich Dogtown, wo der Colonel Hansen das Sagen hat und ein autoritäres Regime aufgebaut hat. Kurz danach meldet sich die Netrunnerin erneut und erklärt, dass die Airforce One der Präsidentin der NUSA in Gefahr ist – und in der Tat: Das Flugzeug wird über Dogtown abgeschossen und legt eine Notlandung hin.

Das Oberhaupt eines Staates stürzt in einem abgetrennten Stadtbereich voller Krimineller ab. Na, wer erinnert sich da nicht an Snake Plissken und den Film Die Klapperschlange (Escape From New York) aus den 80er Jahren?

 

Es folgt ein Agententhriller voller Intrigen, Verrat und zwielichtiger Charaktere, die weder eindeutig böse noch eindeutig gut sind. Der große Pluspunkt von »Phantom Liberty« ist die Story und die Charaktere. Die ca. 20 Stunden sind vollgepackt mit erinnerungswürdigen Momenten und harten Entscheidungen, die einen als Spieler·in noch bis über das Ende des DLCs begleiten und zum Nachdenken bringen. »Phantom Liberty« ist grandios inszeniert und wenn man dem DLC etwas vorwerfen kann, dann dass er seine Schlusssequenz überdehnt. Aus Spoilergründen kann ich nicht näher darauf eingehen, aber hier hatte ich das Gefühl, dass das Abschiednehmen vom DLC zu sehr in die Länge gezogen wurde. Doch das ist Meckern auf höchstem Niveau.

Gameplay

Die grundlegenden Gameplaymechaniken von »Phantom Liberty« sind dieselben wie bei »Cyberpunk 2077« und dennoch wirken sie hier anders, und das hat einen Grund: Dogtown.

 

Das Gameplay wirkt aufgrund der klaren Begrenzung des Bezirks sehr verdichtet. Dogtown erscheint als eine Spielwiese, auf der die Mechaniken sich prima ineinander fügen. Das wird deutlich, wenn man bedenkt, dass auf engerem Raum weniger Leerlauf entsteht. Dennoch gibt »Phantom Liberty« den Spieler·innen immer wieder Freiräume in der Hauptquest, sodass sie selbst die Gegend erkunden und auf Nebenquests stoßen können. Daher erschließt man sich als Gamer diesen Bezirk selbst, schaut sich hier und da um, hört sich Gespräche der NPCs an und schlussfolgert von deren Handlungen auf die sozialen Gegebenheiten von Dogtown. Selbst das Arrangement von Gegenständen in Räumen kann Hinweise auf vergangene Events oder gesellschaftliche Umstände geben.

Das wird »Environmental Storytelling« genannt. Besonders Bethesda hat das mit Fallout und Skyrim bekannt gemacht, aber auch CD Projekt Red muss sich hierbei nicht verstecken. In »Phantom Liberty« kann man das Environmental Storytelling an allen Ecken und Enden bewundern.

 

Ansonsten ist auch »Phantom Liberty« wieder ein Game, das den Spieler·innen maximale Rollenspiel- und Gameplaymöglichkeiten erlaubt. Ob man sich in Stealthmanier durch die Quests schleicht oder mit Hilfe von Cyberware die Gegner·innen austrickst oder ob man sich als SF-Rambo durchballert – alles ist möglich. Es kommt nur darauf an, wie man seinen Perk-Build aufbaut. Es ist ein großes Verdienst der Leveldesigner·innen von »Phantom Liberty«, hier alle Spielweisen im Levelaufbau zuzulassen. Durch Deus Ex wurde diese Art des Leveldesigns erst erfunden. Und CD Projekt Red hat es zur Meisterschaft darin gebracht.

Grafik und Sound

In grafischer Hinsicht erfindet »Phantom Liberty« das Rad nicht neu. Wie bereits im Hauptspiel ist auch beim DLC die hauseigene Engine am Start. Der Vorteil der Red Engine ist, dass die Entwickler·innen damit sehr vertraut sind. Gerade das Streaming ist für eine Open World ein großes Plus und auch der Detailgrad ist sehr hoch. Die Texturen sind hochaufgelöst und überzeugen auch, wenn man nahe herangeht.

 

Die Charaktermodelle können ebenfalls gefallen, auch wenn die Haare nicht immer realistisch wirken. Die Gesichtsanimationen sind auf hohem Niveau und auch die Bewegungen passen zumeist. Erwähnt werden soll an dieser Stelle, dass mit Idris Elba und Keanu Reeves zwei schauspielerische Hochkaräter an Bord sind, die auch erkennbar sind. Sehr gelungen umgesetzt.

 

Der Sound und die Musik überzeugen auf ganzer Linie. Es sind mehrere Radiosender im Spiel enthalten, die auch auf Community-Vorschläge zurückgehen.

Fazit

»Phantom Liberty« ist ein DLC, das selbst Zweifler·innen überzeugen sollte. Wo das Hauptspiel noch hier und da mit seiner Open World Leerlauf in sich barg, ist der DLC in komprimierter Form ein grandioses Rollenspiel-Erlebnis geworden. Das liegt u. a. am Spielort Dogtown, aber auch daran, dass CD Projekt Red sich auf ihre Kernkompetenzen erinnert hat: Story und Atmosphäre.

Dazu kommen noch Verbesserungen im Update 2.0, so ein verbesserter Skilltree, wo ein neuer Relic-Tree hinzukommt und auch ein Polizei-Fahndungssystem, sowie ein Fahrzeugkampf (Schießen während des Fahrens).

»Phantom Liberty« ist ein grandioser DLC, der mit seinen zwanzig Spielstunden schon als eigenständiges Spiel durchgeht. Wer auf Cyberpunk-Rollenspiele steht, kommt an »Phantom Liberty« nicht vorbei. Eine klare Kaufempfehlung!

 

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PC-Spiel:

Cyberpunk 2077: Phantom Liberty

CD Projekt Red, 26.09.23

 

USK: 18


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Erstellt: 05.11.2023, zuletzt aktualisiert: 14.04.2024 08:35, 22444