Der Brückentroll (Autor: Andreas Fischer)
 
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Der Brückentroll

Autor: Andreas Fischer

 

Mit einem schiefen Grinsen versperrte der große, hässliche Brückentroll dem Kaufmann die schmale Brücke, "Du zahlen auf der Stelle, sonst Dich ich werden mit Haut und Haar fressen!"

 

"Geht mir lieber aus dem Weg, du Mißgeburt Tromothans." grummelte der dickliche Mann tapfer.

 

"Haben großen Mund, Fettbauch. Was ich von Dir zuerst fressen? Dich lassen leiden, fressen zuerst Beine!" schmatzte der Troll und hob eine blutverkrustete Axt.

 

"Yieks!" schrie der füllige Händler und wich verängstigt zurück.

 

Dem Troll entwich ein freudiges, wildes Geheul und er stürzte auf den Menschen los. Seine Mordwaffe hob er bedrohlich weit über sich, um den Kopf des Mannes mit einem gezielten Schlag zu spalten. "Nein, mir mehr Spaß machen! Spalten Deinen Kopf."

 

Zu spät erkannte der Dicke seinen Fehler, er hätte den Troll nicht reizen dürfen. Sein Ende war besiegelt, er würde keine Zeit mehr haben ein Stoßgebet gen Himmel zu sprechen.

 

Bereits im nächsten Augenblick war der Kopf des Händlers gespalten. Flugs wurde er von dem hageren Troll gepackt und unter die Brücke gezerrt. Schmatzende Laute verrieten, daß dem Troll das fettige Fleisch schmeckte.

 

Im Halbdunkel des Waldes, der nicht weit von der Brücke entfernt lag, sahen die beiden halb erwachsenen Jungen ihren Vater mit großen aufgerissenen Augen entsetzt an. Dies war der erste Mord, den sie in ihren jungen Leben zu sehen bekommen hatten. Ihr Vater hatte sie bereits frühmorgens zu dieser Stelle geführt und nicht verraten, was sie dort eigentlich wollten.

 

"Wa-warum, Vater?" stammelte der ältere von den beiden Jungen.

 

"Ihr seid nun alt genug zu sehen, wie grausam diese Welt ist. An allen Ecken und Enden lauern Gefahren, die man nicht unbedingt auf den ersten Blick erkennt. Dieser Kaufmann war nicht nur dick, sondern auch dumm. Seht nur, sein Karren steht noch vor der Brücke. Holt ihn, solange der Troll noch beschäftigt ist!"

 

"Vater!" flehte der jüngere von den beiden Jungen seinen Vater inständig an. "Der Troll wird uns töten!"

 

"Wenn ihr beide noch länger zögert, glaube ich das auch! Schnell beeilt euch!" forderte er seine beiden Kinder auf.

 

Mit wackeligen Beinen und wild pochenden Herz liefen die beiden Burschen eilig los. Je näher sie an den Karren kamen, um so größer wurde das mulmige Gefühl in ihnen. Den beiden steckte ein gigantischer Kloß im Hals, als sie endlich den Karren erreicht hatten.

 

Wieder war ein Reißen von Fleisch zu hören, dem ein genüßliches Schmatzen und ein röhrender Rülpser folgten.

 

Mit vereinten Kräften schoben und zogen die Jungen an dem Karren, doch so sehr sie sich auch anstrengten, es gelang ihnen nicht. Der hölzerne Karren wollte sich nicht bewegen.

 

Weitere schmatzende Geräusche ließen die Kinder innehalten. Eine dicke Gänsehaut hatte sich auf ihren Körpern gebildet und trotz des warmen Tages fröstelten die beiden nun. Aber ohne ihre, doch so sichere Beute, wollten die beiden nicht zu ihrem Vater zurückkehren.

 

 

Langsam lüftete sich die Plane, die über den Karren gespannt war. Eine junge Frau, mit einem spitzbübischen Gesichtsausdruck wie auch ein junger Mann, mit gleicher Miene, krochen hervor und stiegen leise vom Karren.

 

Kaum hatten sie den weichen Waldboden erreicht, rollte ihr Karren auch schon los. Aber nicht in ihre Richtung, sondern wieder in den Wald hinein.

 

Verdutzt blickte sich das Pärchen an und hechtete hinter ihrem Gefährt her, das wie von Geisterhand gezogen in den halbdunklen Wald zurückrollte.

 

"Sehr gut, Jungs!" erhob sich eine erwachsene, lobende Stimme.

 

"Das war überhaupt nicht gut!" murmelte der junge Mann und stieg auf den Karren um einen besseren Blick zu haben. Auf der anderen Seite sah er zwei halbwüchsige Jungen, die sichtlich nach Atem rangen, sowie einen Mann, der wohl der Vater dieser Kinder war.

 

"Ihr spinnt wohl!" herrschte der junge Mann die drei an, die ihn erstaunt anschauten.

 

"Wir haben den Karren zuerst gesehen!" rechtfertigte sich der Vater und schob sich schützend vor seine Söhne.

 

"Es ist aber unser Karren!" fügte die junge Frau hinzu, die hinter der Rückseite des Karrens hervortrat.

 

"Geschwätz!" blockte der Vater grob ab. "Der Karren gehört jetzt uns. Der Besitzer wird gerade vom Troll verspeist und wir haben dieses Gefährt zuerst gesehen und geholt!"

 

Über das ernste Gesicht des jungen Mannes legte sich wieder ein spitzbübische Miene. "Ihr seid auf den gleichen Trick hereingefallen, wie der Troll!" grinste er amüsiert.

 

"Wie? Trick?" der Vater schien nicht recht zu begreifen. "Meine Söhne und ich, wir haben genau gesehen, wie der Troll den Kaufmann, den Besitzer dieses Karrens, getötet hat. Man hört die schmatzenden Geräusche des Trolls sogar bis hierhin!"

 

Für einen kleinen Moment kehrte eine kurze idyllische Ruhe ein, die von leisen satten, schmatzenden Geräuschen gestört wurde.

 

"Der Troll frißt soeben Luft!" grinste der Jüngling frech.

 

"Wie Luft? Der Troll frißt gerade den dicken Kaufmann auf!" widersprach der Vater.

 

"Vater! DA!" rief der jüngere seiner Söhne entsetzt auf. In dem hitzigen Wortgefecht hatte es der Troll geschafft, sich unbemerkt der Gruppe zu nähern. "Fleisch!" grölte er fröhlich und mit gieriger Stimme.

 

"Leckeres, junges Menschenfleisch!"

 

"LAUFT! Rennt um euer Leben!" kreischte der Vater ängstlich auf und stürzte mit weiterem Gekreische in das Unterholz des Waldes zurück, dicht gefolgt von seinen Söhnen, die ebenfalls panikerfüllt um ihr Leben rannten.

 

Mit einem verschmitzten Gesichtsausdruck bedachte der junge Spitzbube den Troll. "Gut gemacht, Lirian! Ich wußte gar nicht, daß Du so eindrucksvoll diesen Brückentroll imitieren kannst!"

 

 

Obwohl der Vater mit seinen Söhnen schon weit genug geflohen waren, hörten sie noch den gellenden Todesschrei der beiden Spitzbuben nah an ihren Ohren.

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240427033810f89feab6
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Erstellt: 24.07.2005, zuletzt aktualisiert: 13.05.2019 15:29, 762