Der glücklichste tote Junge der Welt (Autor: Tad Williams; Otherland)
 
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Otherland – Der glücklichste tote Junge der Welt von Tad Williams

Hörbuch

Orlando Gardiners Geschichte

Rezension von Valentino Dunkenberger

 

Tad Williams' Bestseller-Zyklus um das virtuelle „Otherland“-Universum zählt bereits heute, nur wenige Jahre nach seinem Erscheinen, zu den Klassikern des phantastischen Genres. Auf rund 3.600 klein bedruckten Seiten vereinen die vier „Otherland“-Romane Elemente der Science-Fiction, der Fantasy, der Mystery, des Märchens und vieler anderer Bereiche der Phantastik und darüber hinaus. Nun ist mit „Der glücklichste tote Junge der Welt“ ein Spin-Off zur Tetralogie erscheinen – eine kurze Geschichte, die interessante Ansätze zeigt, aber weder in Komplexität noch Struktur, Komposition oder Spannung an seine Vorlage heranreicht.

 

Orlando Gardiner ist tot – daran gibt es nichts zu rütteln. Im jungen Alter von nur vierzehn Jahren ist er an einer schweren Krankheit gestorben. Doch Orlando lebt weiter – im „Otherland“-Netzwerk, jenem System, das Mitte des 21. Jahrhunderts von den reichsten Männern der Erde geplant und finanziert wurde. Und in dieser virtuellen Welt ist Orlando jetzt so etwas wie ein Halbgott, denn keiner kennt sich in den verschiedenen Welten des Netzwerks besser aus als er, der einer jener kleiner Gruppe war, die sich Felix „Osiris“ Jongleur vor drei Jahren entgegengestellt hatten. Doch auch als Halbgott hat Orlando mit allerlei Problemen zu kämpfen. Seine Freundschaft zu Sam Fredericks scheint sich auseinanderzuleben, seine Eltern klammern sich krankhaft an ihn und wollen nicht akzeptieren, dass er nur noch virtuell existiert. Und dann tauchen plötzlich immer wieder weibliche Sims auf, die behaupten, schwanger von Orlando zu sein – und kurz darauf verschwinden. Doch eine Schwangerschaft ist in dieser virtuellen Welt nicht möglich – zumal Orlande die Frauen noch nie zuvor gesehen hat ...

 

Mit zwei CDs und einer Laufzeit von etwa 140 Minuten ist „Der glücklichste tote Junge der Welt“ ein sehr kurzes Hörbuch, vor allem, wenn man bedenkt, dass die Hörspiel-Adaption des „Otherland“-Epos mit einer Spielzeit von 24 Stunden die bislang umfangreichste Produktion der ARD-Geschichte war. Und tatsächlich macht sich diese Kürze qualitativ bemerkbar. Tad Williams bietet seinem Hörer eine interessante Geschichte, in der er viele Aspekte und Gedanken seines „Otherland“-Zyklus wieder aufnimmt und fortspinnt, dennoch wirkt die Erzählung unausgegoren und wenig ausgereift. So dümpelt nicht nur die Handlung lange Zeit ohne roten Faden vor sich hin, auch ab dem Moment, da erkennbar wird, worauf „Der glücklichste tote Junge der Welt“ hinauslaufen soll, vermisst man die treibende Kraft, die den Leser bei der Tetralogie auf Trab gehalten hat. Während die Bände der „Otherland“-Reihe mit vielen verschiedenen Märchen, Mythen und Sagen spielten, beschränkt sich die vorliegende Erzählung weitestgehend auf J.R.R. Tolkiens Mittelerde – diese Elemente greift Tad Williams jedoch sehr schön auf und verwebt sich mit seiner eigenen Handlung.

Die Tatsache, dass der Hessische Rundfunk und der Hörverlag – die sich für diese Produktion verantwortlich zeigen – den Schauspieler und Sprecher Matthias Koeberlin für „Der glücklichste tote Junge der Welt“ gewinnen konnten, gefällt hingegen sehr. Schließlich war er es, der Thargor – das virtuelle Alter Ego von Orlando Gardiner – bereits in der Hörspiel-Adaption gespielt und zum Leben erweckt hat. Und auch hier kann Matthias Koeberlin wieder überzeugen, obwohl er hier nicht nur eine Rolle, sondern den kompletten Erzähltext übernehmen muss und das Hörbuch allein auf seinen Schultern lastet. Gekonnt jongliert er mit den Möglichkeiten seiner Stimmbänder, verleiht verschiedenen Charakteren unterschiedliche Akzente und Sprachmelodien und schafft es so, die Geschichte vor dem inneren Auge des Hörers real werden zu lassen.

 

Fazit:

Tad Williams' kurze Erzählung „Der glücklichste tote Junge der Welt“ erweist sich als mageres Spin-Off seines „Otherland“-Epos, das durch Matthias Koeberlins gelungene Interpretation glücklicherweise ein wenig Charme und Tiefe verliehen bekommt. Fans des Zyklus werden wohl kaum auf diese Geschichte verzichten wollen, alle anderen jedoch können sich das Geld sparen und es anderweitig investieren.

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240507082943ea42399e
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Hörbuch:

Der glücklichste tote Junge der Welt

Vollständige Lesung

Reihe: Otherland

Autor: Tad Williams

Sprecher: Matthias Koeberlin

Der Hörverlag, April 2007

2 CDs, 140 Minuten

ISBN-13: 978-3-86717-056-7

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 25.06.2007, zuletzt aktualisiert: 12.02.2024 15:44, 4287