Der Kinderdieb (Autor: Brom)
 
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Der Kinderdieb von Brom

Rezension von Christel Scheja

 

Vielem Rollenspielern ist Brom sicherlich noch als Illustrator und Titelbildzeichner für „Dungeons und Dragons“-Regelwerke und Romane bekannt. Bereits mit 21 Jahren arbeitete der 1965 geborene Künstler in diesem Bereich, zuvor hatte er mit seinem Vater, einem Piloten der US-Army in verschiedenen Ländern, unter anderem auch Deutschland und Japan gelebt. Inzwischen lebt Brom mit seiner Familie in Seattle.

„Der Kinderdieb“ ist sein erstes literarisches Werk. Er erzählt dabei die Geschichte von Peter Pan noch einmal neu und entkleidet die Mär von dem Jungen der nie erwachsen werden wollte in ein düsteres Gewand das weit entfern von dem Bild ist, dass die Verfilmungen in den Köpfen der Menschen hinterlassen haben.

 

In den dunklen Gassen der Großstädte streift bisweilen ein Junge umher, der weder ganz erwachsen wirkt, noch ein Kind ist. Er sucht nicht nach Drogen oder anderen Genüssen, seine Beute sind Kinder und Jugendliche – speziell diejenigen, die nicht weiter wissen, weil sie in ihrem Zuhause oder von Gleichaltrigen misshandelt und gedemütigt, missbraucht und gequält werden. Ihnen bietet er – nachdem er sie gerettet oder angesprochen hat, eine Zuflucht, in der ihnen kein Leid geschehen kann.

Obwohl er recht ruppig ist und kein Blatt vor den Mund nimmt, vertrauen sie ihm – und müssen feststellen, dass er sie angelogen hat. Denn seine Heimat ist nicht das märchenhafte Nimmerland, sondern die düstere Anderswelt, Avalon genannt. Der Zauber der Elfen, Feen und alten Götter hat es verändert. Zwar altern Kinder nicht mehr, wenn sie seine Schwelle übertreten haben, aber sie müssen stark genug sein, um zu überleben, denn die wenigsten Wesen sind ihnen wohlgesonnen, angefangen mit dem nach Blut und Fleisch gierenden Barghests bis hin zu den wenigen Erwachsenen, die sich in diese fremdartige Welt verfangen und nicht verwandelt haben und so leben wie früher.

Diese Erfahrung muss auch Nick machen, der von Peter vor Drogendealern gerettet wird. Irgendwie gelingt es ihm, die ersten Stunden auf Avalon zu überleben und Zuflucht bei den „Teufeln“ zu finden, denn Kindern und Jugendlichen, die stark genug sind, um zu richtigen Kriegern zu werden. Der ruhelose Peter ist weiter auf der Suche nach Kindern. Dabei erinnert er sich immer wieder an Ereignisse aus seiner eigenen Vergangenheit, die ihn nachhaltig geprägt haben und bemerkt nicht, dass er einen schweren Fehler gemacht hat, denn auch wenn die Kinder die überlebt haben, stark zu sein scheinen, so haben doch einige einen erschreckend schwachen Geist und Willen.

 

„Der Kinderdieb“ ist weit davon entfernt, ein Buch für sehr junge Leser zu sein, denn mit der niedlichen Geschichte, wie man sie von Disney her kennt, hat das Buch nicht mehr viel zu tun. Stattdessen entfaltet Brom ein Horrorszenario, in dem Wesen blutig abgeschlachtet, geköpft und grausam misshandelt werden. Schon auf den ersten Seiten nimmt er kein Blatt vor den Mund, wenn er den Missbrauch eines Mädchens im Ansatz beschreibt.

Peter kennt keine Gnade, ebenso wenig die Wesen und Feinde, denen er und seine Freunde sich in Avalon zu stellen haben. Seine Welt ist durchweg düster und böse, auch die sehr ausführlichen Beschreibungen machen das immer wieder deutlich.

Hier merkt man, dass Brom in erster Linie zeichnet. Er beschreibt sehr gerne detailreich, damit sich die Leser auch genau vorstellen können, was er eigentlich damit meint. Das verstärken auch die einseitigen schwarzweißen Illustrationen, die jedem Kapitel vorangestellt sind.

Dennoch ist das Buch nicht langweilig. Der Autor findet ein gesundes Mittelmaß an Schilderung, Dialogen und Action, die zentralen Figuren wie Peter und Nick erhalten charakterliche Tiefe, weil man ihr seelisches Leid nachvollziehen kann und so versteht, warum sie so geworden sind.

Auch die Rückblenden halten noch so manche Überraschung für den Leser bereit, die sich ein wenig mit keltischen Sagen und der Geschichte Englands und Amerikas auskennen. Gerade weil es so viel zu entdecken gibt, möchte man das Buch kaum beiseite legen. Selbst Genrefans können ihren Spaß haben, verzichtet die Geschichte doch ganz auf schwülstige Romantik und Niedlichkeit und setzt auf eine düstere Atmosphäre, wie man sie sonst nur aus moderner Dark Fantasy oder Gothic-Märchen kennen dürfte.

 

Alles in allem ist „Der Kinderdieb“ ein eine interessante und recht unterhaltsame Variation der „Peter Pan“-Geschichte, die sich in erster Linie an horrorverwöhnte Leser ab 14 und Erwachsene wendet, die gegen blutige Beschreibungen und ein wenig Grausamkeit nichts einzuwenden haben.

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 2024050211004753d2c04c
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Der Kinderdieb

Autor: Brom

gebunden, 656 Seiten

Knaur/Pan, erschienen Februar 2010

Titelbildund Innenillustrationen von Brom

ISBN-10: 3426283298

ISBN-13: 978-3426283295

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 07.05.2010, zuletzt aktualisiert: 28.04.2024 13:01, 10401