Der Schacht (Autor: David J. Schow)
 
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Der Schacht von David J. Schow

Rezension von Tanja Elskamp

 

„Dieser Roman über die Drogenszene, die in den Kellern von Chicagos Mietshäusern wuchert, ist vielleicht der einzig originelle Beitrag des Splatterpunk zur unheimlichen Fantastik.“

 

So liest sich laut der Buchrückseite von „Der Schacht“, im Deutschen ein 458 Seiten starkes Taschenbuch aus dem Festa-Verlag, das Urteil über David J. Schows Werk seitens Sunand Tryambak Joshi, einem amerikanischen Literaturwissenschaftler. Diese Aussage macht neugierig – und den Autor sicherlich glücklich, denn auf der Splatterpunk-Schiene fährt Schow Berichten zufolge gar nicht gern.

 

Natürlich – und leider – verrät der Kritiker mit seiner Aussage nicht alles über „Der Schacht“, so wie auch die Buchbeschreibung „Im Mittelpunkt (…) steht ein unheimliches Hotel in Chicago. Die Zimmerwände bluten, wenn man sie beschädigt“ nur bedingt korrekt ist.

Im Mittelpunkt steht nämlich tatsächlich vielmehr die Drogenszene als das Kenilworth Arms, das wiederum kein Hotel ist, sondern ein Mietshaus mit dem Flair einer totalen Bruchbude.

 

Irgendwo zwischen den Protagonisten, einer Hure mit dem Pseudonym Jamaica, einem Dealer namens Cruz und einem schlicht durchschnittlichen jungen Mann mit einigem Pech im (Liebes-)Leben namens Jonathan, sickert die Geschichte rund um das Mietshaus hindurch. Dieses monströse Etwas – das Haus - führt ein mörderisches Eigenleben, das seinen Höhepunkt erlebt, nachdem es ein Kilo Koks konsumiert hat – und genau zu diesem Höhepunkt befinden sich die vorgenannten Personen im Haus.

 

Dabei ist die gesamte Geschichte jedoch eine völlig inkonsistente, und die Hauptfiguren werden weniger durch das Haus und seine blutigen Aktionen als vielmehr durch die Drogen miteinander verbunden. Diese finden sich an jeder Ecke des Buches in allen erdenklichen Formen. Ob Heroin oder Kokain – und dieses wieder in zig verschiedenen Varianten: in „Der Schacht“ werden sie alle exzessiv konsumiert, geraucht, gesnieft, auf Genitalien gerieben.

 

Genitalien? Richtig, denn diese bilden quasi das nächste Standbein des Romans, wenn mir ein so platter Wortwitz an dieser Stelle erlaubt sei. In diesem Roman wird in allen Stellungen, zu jeder Gelegenheit, durchaus auch mit Minderjährigen beiderlei Geschlechts, mit Gewalt oder ohne, oral, vaginal und anal - und das Ganze mit durchaus pornographischer Beschreibung - gevögelt bis zum Abwinken. Abgewunken wird beim Thema Sex tatsächlich aber nur höchst selten; selbst der im Sterben und in stinkender Masse Schwimmende bekommt vor seinem letzten Abwinken noch einmal einen Ständer, selbstredend. Ganz großes Kino …

 

Damit der Leser nicht vergisst, dass in diesem Roman eigentlich das Kenilworth Arms im Mittelpunkt stehen sollte, werden zwischendurch immer wieder mal ein paar Standardmieter abgemurkst. Der schließlich Fleisch gewordene Gegner gibt dem Begriff multikurell eine ganz neue Nuance, wenn es die letzten Überlebenden mit den Augen des einen Mieters ansieht, vom nächsten wieder ein oder mehrere andere Körperteile geliehen hat und sich mit dem Arm des im dritten Stock verschwundenen Kindes die Gedärme zusammenhält.

 

Wer jetzt noch denkt, dass man dieses Buch unbedingt gelesen haben sollte, der sollte vermutlich wirklich zugreifen, denn den stören dann auch die Schnitzer aus Korrektorat oder Druck nicht, die immer wieder in diesem Buch zu finden sind. Mehr störend als wirklich ärgerlich, denn so gehäuft treten sie dann auch wiederum nicht auf; dennoch ist man aus dem Festa-Verlag solche Fehler einfach nicht gewöhnt. Hier ein Wechsel zwischen alter und neuer Rechtschreibung, dort hat jemand etwas „nicht darauf angelegt gehabt“ und woanders gibt es „Scheiße am Stil“.

 

So manch einer feiert „Der Schacht“ als ein Buch, in dem es richtig dreckig zugeht, das realistisch dreckig ist, das den Dreck des Splatterpunk betont. Jemand anderes findet eher, das Buch selbst sei Dreck, schlichter Schund. Jedem das seine.

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240505153349f809b1d5
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Der Schacht

Autor: David J. Schow

Broschiert: 457 Seiten

Verlag: Festa; Auflage: 1 (21. April 2007)

Sprache: Deutsch

ISBN-10: 386552057X

ISBN-13: 978-3865520579

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 05.02.2007, zuletzt aktualisiert: 04.05.2024 18:53, 3448