Mit ihrer Daevabad-Trilogie wusste die amerikanische Autorin Shannon Chakraborty bereits zu fesseln, weil sie ihre Leidenschaft für Geschichte und Mythen des vorderen Orients mit einem unterhaltsamen Abenteuer verband. Nun legt sie mit Die Abenteuer der Piratin Amina al-Sirafi ein Buch nach, das bis auf die phantastischen Elemente auch ein historischer Roman sein konnte.
Eigentlich hat sich die berühmt berüchtigte Piratin Amina al-Sirafi zur Ruhe gesetzt, um in Ruhe ihre Tochter aufzuziehen, doch dann lockt eine fürstliche Belohnung. Sie soll die Tochter eines Kameraden retten – etwas, was die reife Frau nicht ausschlagen kann. Und so macht sie sich daran, ihre alten Gefährten aufzusuchen und mit ins Boot zu holen.
Gemeinsam stechen sie in See, um der mehr als vagen Spur eines Franken zu folgen, in dessen Gewalt das Mädchen sein soll, Schon bald stellt sich aber heraus, das mehr hinter allem steckt und Amina ihre Vergangenheit einholt. Und auch das Übernatürliche streckt seine Klauen nach ihr aus.
Mit viel Liebe und Leidenschaft gestaltet die Autorin eine Welt, die es einmal gegeben hat, uns aber so fremd ist, wie eine erfundene Kultur. Denn die Heldin bewegt sich in einem Bereich, der im 12. Jahrhundert den meisten Europäern verschlossen war. Zwischen rotem Meer und Indischem Ozean bewegt sich die Heldin von einer Küste zur Anderen, reist an der ostfafrikanischen Küste bis hinunter nach Madagaskar.
Dabei nimmt sie sich Zeit, die vielschichtige Kultur der arabischen Welt vorzustellen, in der Frauen mitnichten nur hinter die Mauern der Häuser verbannt waren, sondern durchaus auch Berufe ausüben konnten, die sie mit Menschen außerhalb ihrer Familie zusammen brachten. Die Haupt-Figuren mögen zwar erfunden sein, das tut dem ganzen aber keinen Abbruch. Durch die ausführlichen Schilderungen, braucht die Geschichte natürlich eine ganze Weile um in Gang zu kommen. Denn jeder ihrer Kameraden hat eine eigene Geschichte und Lebenswelt.
Aber dennoch verliert die Geschichte nicht an Spannung, denn die Handlung lebt durch die Atmoshäre und die konsequent arabische Sichtweise und Sprechweise der Ich-Erzählerin. Und wenn sich dann nach und nach die Andeutungen und Hinweise verdichten, wird klar, wie alle seltsamen Geschehnisse zusammenhängen. Das Ende ist damit in sich schlüssig und weoß zufrieden zu stellen.
Die Figuren sind sauber ausgearbeitet und erhalten jede Menge Profil, so dass man mit ihnen fühlt und fiebert, denn die bleiben authentisch menschlich, mit ihren Schwächen und Fehlern. Erfrischend dabei ist auch, dass die Helden alle im gestandenen Alter sind und die Jugend schon hinter sich gelassen haben – etwas, was heute in der Fantasy nicht mehr selbstverständlich ist.