Die Melodie von Gut und Böse (Autor: Jannik Böker)
 
Zurück zur Startseite


  Platzhalter

Die Melodie von Gut und Böse von Jannik Böker

Das Theater der Welt, des Himmels und der Hölle in drei Akten

 

Rezension von Ralf Steinberg

 

In der Edition Drachenfliege veröffentlicht der Periplaneta Verlag seit Jahren ungewöhnliche Phantastik, die sich wenig um Konventionen und Althergebrachtes schert. Der Berliner Autor Jannik Böker passt mit seinem Roman Die Melodie von Gut und Böse perfekt in das Editions-Programm. Mit seinem Schauspielhintergrund sollte er das richtige Rüstzeug für eine Geschichte haben, in der es sich laut Untertitel um Das Theater der Welt, des Himmels und der Hölle in drei Akten handelt.

 

Der inszenatorische Ansatz gibt dann auch den Rahmen vor. Es wechseln sich Szenen in Prosa wie auch in Form von Drehbuchtexten samt Regieanweisungen ab, wobei es unklar bleibt, nach welchem Prinzip hier die Textsorten wechseln.

Auf jeden Fall entsteht dadurch eine eigene Dynamik oder ein gewisses Chaos, das hervorragend zum Inhalt passt. Und der hat es in sich.

 

Unsere Protagonistin Henriette H. hat es zu einer Art Vorarbeiterin in einem Kommunikationsunternehmen geschafft und mit ihrem Talent für Organisation dessen Effizienz erhöht; man kann sagen, ihr liegt Ordnung im Blut. Vielleicht ist das der Grund dafür, dass sich der Gott des Schabernacks für sie interessiert. Er tritt hier in einer christlichen Inkarnation namens Bobubert auf, wird also erst einmal zum Höllenpersonal gerechnet. Doch eigentlich will der Trickster weder zum Himmel noch zur Hölle gehören. Irgendwie mag er die Menschen und wäre gern ihr alleiniger Mentor und Herrscher. Doch sich mit Gott und Teufel anzulegen, ist nicht so leicht und deshalb beschließt Bobubert zusammen mit seinem Faktotum Hermann, den beiden Wesen ein Schnippchen zu schlagen. Mittel der Wahl ist Henriette, die nun in die unheimlichsten Vorkommnisse gerät und als Racheengel oder lebender Wutanfall unter anderem Kindergeburtstage sprengt, ein Einkaufszentrum verheert oder Gottesdienste umdreht.

Ganz nebenbei hat sie aber auch Leben, dass sich durch die göttlichen Eingriffe verkompliziert und sie ihrem heimlichen Ziel, der Welt durch eine neue Sprache Gutes zu tun, nicht näher bringt.

Doch wo Chaos gesät wird, sollte man auf das Scheitern von Plänen achten …

 

Jannik Böker beackert viele Themen parallel. So gibt es Kapitalismus- und Konsumkritik, Auseinandersetzung mit überkommenen Glaubensgrundsätzen, die Frage nach dem Sinn des Lebens und was gegen Langeweile hilft. Garniert mit der mythologischen Vielfalt des ewigen Tricksters und seinen zum Teil kaum erträglichen Reimen. An einigen Stellen geraten Bobuberts Monologe zu überbordender Schaumschlägerei, die Henriette H. als Figur aus den Fokus pustet. Vielleicht hat der Autor hier mehr für die Bühne als für ein Buch geschrieben.

Großartig wird es immer dann, wenn Henriette H. durch Horrorszenarien wandelt, sei es als grusliger Clown oder als endloses Spiegelbild. Etwas mehr Henriette und weniger Schabernack hätte mir gefallen.

Mehr Raum hätte auch die neue Sprache von Henriette H. verdient. Wie schon Samuel R. Delany in Babel-17, konstruiert Jannik Böker hier die Idee, dass eine Sprache, die bestimmte Konzepte wie etwa Krieg nicht definiert, damit auch das Denken und somit das Handeln der Sprechenden bestimmen kann.

 

Bezaubernd ist wieder einmal das Cover von Nicole Altenhoff. Es zieht sich nicht nur über Vorder- und Rückseite, sondern auch über die Klappränder und offenbart dort weitere Details, die alle ihre Entsprechungen im Buch besitzen. Ihre zarte, filigrane Leichtigkeit macht die Arbeiten von Nicole Altenhoff so einzigartig. Hoffentlich sehen wir viele weitere ihrer Arbeiten in der Edition Drachenfliege.

Fazit

»Die Melodie von Gut und Böse« von Jannik Böker schickt uns in eine wilde Schlacht der Mächte um das Schicksal der Menschheit und mittendrin eine junge Frau mit einer eigentlich guten Idee. Der jüngste Roman aus der Edition Drachenfliege ist ein phantastischer und theatralischer Kommentar auf die Gegenwart.

Platzhalter

Buch:

Die Melodie von Gut und Böse

Das Theater der Welt, des Himmels und der Hölle in drei Akten

Autor: Jannik Böker

Taschenbuch, 176 Seiten

Periplaneta, November 2023

Cover: Nicole Altenhoff

 

ISBN-10: 3959962010

ISBN-13: 978-3959962018

 

Erhältlich bei: Amazon

 

Kindle-ASIN: B0CN9SRK4Y

 

Erhältlich bei: Amazon Kindle-Edition


Platzhalter
Platzhalter
Erstellt: 16.01.2024, zuletzt aktualisiert: 05.05.2024 12:12, 22655