Die Normannen kommen (DVD)
 
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Die Normannen kommen

Filmkritik von Christel Scheja

 

Nach der Blütezeit der Monumentalfilme in den fünfziger und frühen sechziger Jahren, die solche heroischen Epen wie „Ben Hur“, „Cleopatra“ oder die „Zehn Gebote“ hervor brachten, entstanden auch Mitte und Ende der Sechziger noch weitere aufwendiger gestaltete Historienfilme.

Allerdings hatten sie sich verändert. Nicht länger stellten sie die Vergangenheit heroisch und idealistisch verklärt dar, sondern wurden schmutziger und zynischer, die Helden waren keine strahlenden Übermenschen mehr, sondern hatten Fehler und Schwächen, die ihnen nicht mehr verziehen wurden. Neben „Spartacus“ ist da vor allem ein weiterer Film zu nennen: „Die Normannen kommen“

 

Im frühen elften Jahrhundert sendet Herzog Wilhelm von Gent seinen Lehensmann Chrysagon de la Crux aus, um die nördlichen Grenzen seines Machtbereichs zu sichern. Denn nur ein Krieger ist auf Dauer dazu fähig, den räuberischen Friesen weitere Einfälle in das Machtgebiet zu verleiden.

Wie nötig eine starke Hand ist, beweist schon das Chaos, das sie bei der Ankunft erwartet. Chrysagon und seine Männer können zwar den Überfall der Friesen nicht verhindern, sie aber mit einem kurzen Angriff vertreiben und den Sohn des Anführer in ihre Gewalt bringen. Doch einen Teil der Beute schleppen sie davon und die Soldaten des vorherigen Lehensträgers sind geflohen. Der Mann selbst ist nicht mehr zur Rechenschaft zu ziehen - die Friesen haben ihn und seine Buhle in die Flucht geschlagen.

Chrysagon de la Crux weiß, dass die Sicherung des Lehens eine schwere Aufgabe sein wird. Nicht nur, dass er sich schon mehrfach mit diesen Friesen gemessen hat und weiß, wie stark sie sind, für ihn als strenggläubigen Christen ist es auch ein Gräuel zu sehen, dass die Menschen im Dorf noch halbe Heiden sind und trotz der Taufe und eines Priesters in ihrer Mitte noch alten Riten huldigen. Er weiß aber auch, das er das Vertrauen der Einheimischen gewinnen muss, denn ohne ihre Unterstützung kann auch der starke Wehrturm nicht auf Dauer gehalten werden.

Also lässt er sie zunächst einmal weiter gewähren und richtet sich mit seinen Männern ein. Bei Ausritten in seinen Ländereien fällt ihm ein junges Mädchen ins Auge. Allerdings ist Bronwyn, eine Waise, bereits dem Sohn des Dorfoberhauptes Odins versprochen.

Chrysagon entbrennt zu Leidenschaft in ihr und beschließt trotz der Warnungen seines Bruders Drago und anderer treuer Gefährten ein Ritual durchzuführen, das er bei seiner Ankunft noch als sehr verwerflich empfunden hat. Er fordert das Recht der „Ersten Nacht“, und getreu der heidnischen Riten wird sie ihm gewährt.

Nur so kann er seine Leidenschaft zu Bronwyn stillen, aber am nächsten Morgen ist es ihm nicht mehr möglich das Mädchen gehen zu lassen, obwohl er sie körperlich nicht angerührt hat. Denn auch sie hat ihm ihre Liebe gestanden.

Und so nimmt das Verhängnis seinen Lauf, denn die Dorfbewohner, vor allem der Ehemann der jungen Frau fühlen sich betrogen und rufen die Friesen zur Hilfe, um das an ihnen begangene Unrecht zu ahnden. Sie sind nicht die einzigen, denn auch unter den engsten Gefährten Chrysagons rührt sich Verrat und einer, der bisher still gewartet hat, sieht seine Chance gekommen.

 

Anders als in vielen anderen Historienfilmen „Die Normannen kommen“ stehen hier keine Könige, Fürsten oder legendären Gestalten wie Richard Löwenherz oder Robin Hood im Vordergrund der Geschichte, auch das Setting ist eher ungewöhnlich. Als Zeit und Ort einen nicht näher bestimmten Bereich der heutigen belgischen oder niederländischen Küste zu wählen und dazu noch das 11. Jahrhundert zeugt von Mut.

Aber um so interessanter ist es ein Europa zu zeigen, das noch weit davon entfernt ist, vollständig christianisiert und befriedet zu sein. Obwohl die Normannen selbst noch zwei Jahrhunderte zuvor räuberische Seefahrer waren, blicken sie nun doch eher mit Verachtung auf die Friesen, die eher barbarisch wirken herab.

„Die Normannen kommen“ ist auch einer der wenigen Filme, in denen heidnische Riten nicht als Teufelswerk verdammt und vernichtet wird. Viel interessanter ist es, die Wirkung auf die strenggläubigen Christen zu sehen - zwischen Abscheu, Verachtung und ängstlichem Aberglauben gibt es jede Gefühlsregung.

Ansonsten ist die Geschichte eher klassisch. Ein Mann begehrt eine Frau, die bereits einem anderen versprochen ist und nutzt die Mittel, die ihm zur Verfügung stehen, um sie zu sich zu holen. Er verbiegt das Recht zu seinen Gunsten, bringt seinen Glauben in Gefahr, indem er ein verwerfliches Ritual zulässt und folgt trotz der Warnung seiner Freunde, den in ihm brennenden Leidenschaften. Der Preis, den er dafür zahlen muss ist hoch.

Gerade die Streifheit, die Charlton Heston in seiner Darstellung an den Tag legt, macht den Charakter des Chrysagon de la Crux um so beeindruckender und interessanter.

Auch die anderen Figuren haben ihre Ecken und Kanten. Man merkt Drago immer wieder an, dass er es hasst, im Schatten seines älteren Bruders zu stehen und jede Gelegenheit nutzt, um seinen Vorteil daraus zu ziehen. Der Sohn des Dorfoberhauptes ist zunächst begeistert von seinem neuen Herrn - bis zu dem Tag als dieser ihm die Braut wegnimmt - da schlägt die Treue in glühenden Hass um. Nur einer steht dem Lehensträger die ganze Zeit treu zur Seite - bis zum bitteren Ende.

Natürlich geht es in dem Film nicht nur um Beziehungen. Immer wieder kommt es zu Kämpfen mit den Friesen und am Ende wird über mehr als zwanzig Minuten hinweg der Versuch gezeigt, den Wehrturm der Normannen einzunehmen. Kampf- und Schlachtenszenen können trotz der eher bescheidenen Tricktechnik überzeugen, weil sie sich echt anfühlen - es gibt keine heldenhaften Ausfälle oder Opferungen nur die verzweifelten Bemühungen der Männer zu überleben.

Und das macht den besonderen Reiz des Films aus. Wer heute noch immer begeisterter Tisch- oder Live-Rollenspieler ist, sollte sich den Film auf jeden Fall wegen dem ungewöhnlichen Ambiente und den Kämpfen ansehen, um in Stimmung und auf neue Ideen zu kommen. Aber auch sonst kann man ein Abenteuer der ungewöhnlicheren Art genießen.

Die DVD wird in einem hübsch gestalteten Pappschuber geliefert. Leider gibt es außer dem Original-Kinotrailer keine weitere Extras, so dass die Freude an der Herausgabe des Filmes auf DVD etwas getrübt ist.

 

Auch wenn er nicht zu den monumentalen Epen der sechziger Jahre gehört, so kann man „Die Normannen kommen“ durchaus als Klassiker bezeichnen, der in einem Atemzug mit „Spartacus“ genannt werden kann. Beide Filme läuteten zu ihrer Zeit eine neue Betrachtungsweise der Vergangenheit ein - eine die zwar schmutziger und düsterer als früher war, aber um so interessanter für den anspruchsvollen Betrachter wurde, der nicht mehr nur immer zweidimensionale Helden, sondern lebendige Menschen auf der Leinwand erleben konnte.

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 202405101619259b324255
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DVD:

Die Normannen kommen

The War Lord, USA, 1965

Regie: Franklin J. Schaffner

Musik: Jerome Moross

Darsteller: Charlton Heston, Richard Boone, Maurice Evans, Rosemary Forsyth

Bildformat: 2,35:1 (16:9)

Synchro: dt.& engl. (DD 2.0), Untertitel: dt.

Spieldauer: 116 min, 1 DVD

Extras: Originaltrailer

FSK: Freigegeben ab 16 Jahren

Studio: Koch Media GmbH - DVD

DVD-Erscheinungstermin: 25. Januar 2008

ASIN: B000YROE0G

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 15.02.2008, zuletzt aktualisiert: 12.09.2023 16:21, 5826