Interview: R. A. Salvatore
 
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Interview: R. A. Salvatore

Redakteur: Ralf Steinberg

Übersetzung: Christian Endres und Oliver Kotowski

 

Mit Drizzt Do’Urden erschuf er einen der interessantesten Fantasy-Charaktere in der Rollenspielwelt der Forgotten Realms. Aber R. A. Salvatore schrieb auch für Star Wars und machte hier Erfahrungen, die er uns in einem mehr als spannenden Interview erzählte.

 

Fantasyguide: Bob, Du Bist ein beliebter und sehr erfolgreicher Autor, gibt es noch etwas wovon Du träumst, was Du unbedingt erreichen willst?

 

R. A. Salvatore: Natürlich. Zufriedenheit bedeutet, sich im Leben Ziele zu setzen und gezielt auf diese hinzuarbeiten. Aktuell arbeite ich an einem Computerspiel, und ich würde mich auch gerne mal an einem Film versuchen. Und das sind nur meine beruflichen Ziele. Privat möchte ich gesund bleiben und möglichst viel von der Welt sehen.

Die größte Gefahr des Erfolgs indes besteht darin, apathisch zu werden. Darüber habe ich auch in The Silent Blade geschrieben - wo sich Entreri und Wulfgar nach dem Sinn des Ganzen fragen. Auf seltsame Art und Weise, nimmt Erfolg vielen kleinen Dingen und Siegen des Lebens den Geschmack. Ich war immer stolz, wenn ich es schaffte, ein paar Scheinchen auf die Seite zu legen, damit Diane und ich ins Kino oder an den Strand gehen konnten. Und ich war immer dahinter, meine Rechnungen rechtzeitig zu bezahlen. Jetzt sind Rechnungen für mich bestenfalls noch eine alltägliche Pflicht, die mir so wenig bedeutet, dass ich mich mit dem Begleichen oft etwas verspäte. Ein seltsames Paradoxon ...

 

Fantasyguide: Dein Name wird stets verbunden sein mit den Forgotten Realms und Drizzt Do’Urden. Welchen Stellenwert bemisst Du selbst dieser Welt und ihren Figuren zu?

 

R. A. Salvatore: Ich kann nicht glauben, dass 20 Jahre vergangen sein sollen, seit ich Drizzt geschaffen habe! Welche Bedeutung? Er und seine Freunde sind mehr ein Teil meiner Familie denn fiktive Charaktere eines Buches. Ich habe mich fast mein ganzes Erwachsenenleben durch Drizzt ausgedrückt. Für die Reiche ... nun, mein ewiger Dank gilt Ed Greenwood dafür, dass er mich in seinem sensationellen Sandkasten spielen lässt, den er geschaffen hat. Es war ein teuflisch guter Ritt.

 

Fantasyguide: Obwohl die Drow grundböse sind, faszinieren sie so viele Leser, woran mag das liegen?

 

R. A. Salvatore: Aus vielen Gründen: aus Voyeurismus, vollständigen Eskapismus, bis hin zu einer einfachen Möglichkeit ohne Verantwortung zu leben und alle Hemmnisse abzuwerfen. Sie sind Favoriten, sicher, aber wenn man etwas nachhakt, stellt man fest, dass die meisten Drow-Enthusiasten sich meistens auf genau die Figuren beziehen – seien es eigene Creationen oder so jemand wie Drizzt – die viel mehr Graustufen aufweisen, als bloß böse zu sein. Bloß böse Figuren sind … nun, langweilig.

 

Fantasyguide: Kannst Du Dich noch erinnern, wie der Hintergrund der Drow-Gesellschaft entstand, welche Quellen ihr verwendetet?

 

R. A. Salvatore: Als ich begann daran zu arbeiten, gab es nur wenige Referenzen. Ich nahm eine Ausgabe von Mario Puzos Der Pate. Das ist einer der besten Filme, die je gemacht wurden, aber das Buch ist sogar noch besser. Also ja, ich strukturierte Menzoberranzan nach Puzos Beschreibungen der Mafia-Familien. Keine Lüge.

 

Fantasyguide: Du hast aber nicht nur dem Dunkelelfen Drizzt Profil gegeben, in „The spine of the world“ beschäftigst du dich auch sehr sensibel mit Wulfgar und seinen Foltererfahrungen. Wieviel steckt noch in diesen eigentlich typischen Fantasy-Figuren?

 

R. A. Salvatore: Wulfgars Reise ist zum Ausgangspunkt zurückgekehrt: Zuerst unvorsichtig und wild, dann ernst, darauf aufgewühlt, danach gequält und schließlich zum Anfang zurück. Er befreit sich erst in den Hunter's Blades Büchern wirklich davon. Was kommt als nächstes? Nun, man wird den Barbaren sich im anstehenden The Orc King sehr verändern sehen. Seine Beziehung zu Catti-brie ist jetzt geklärt, ob er will oder nicht, und so muss er sein Leben weiterleben und sich weiter entwickeln.

 

Fantasyguide: Welche Deiner Figuren entspricht am ehesten Dir selber?

 

R. A. Salvatore: Das ist eine schwere Frage. Ich muss wohl Drizzt sagen, aber einen direkten Vergleich zwischen einem Autor und seinen Figuren zu ziehen, ist ein gefährliches Geschäft. Ich bin in keinem meiner Bücher, aber durch Drizzt kann ich viele meiner Anschauungen zu Papier bringen. Ein weiterer Favorit ist Bransen, der Highwayman, aus dem Buch mit demselben Titel (dt. "Der dunkle Mönch"). Ich denke, er könnte der coolste Held sein, den ich je geschaffen habe.

 

Fantasyguide: Georges Lucas ordnet Star Wars der Fantasy zu und daher fragte er auch berühmte Fantasy-Autoren, ob sie die Bücher zur zweiten Trilogie schreiben wollten. Neben Terry Brooks traf es auch Dich. Was verbindet Dich mit Star Wars?

 

R. A. Salvatore: Im Kern geht es in Star Wars um eine heroische Reise, was ein geläufiges Motiv in der Fantasy-Literatur ist (häufiger als in der Science Fiction). Obwohl Star Wars Technologie verwendet, hat es mit der Macht auch Magie und die Jedi kämpfen nicht ohne Grund mit Lichtschwertern statt mit Schusswaffen. Schwerter sind romantischer und implizieren ein hohes Niveau von tief reichenden und präzisen Training. Also ja, Star Wars und die Leser und Autoren der Fantasy liegen auf derselben Wellenlänge.

 

Fantasyguide: Attack of the Clones verleiht besonders Padme eine größere charakterliche Tiefe, was auch daran liegt, dass es Dir gelang, die Szenen zwischen der Action des Films in die Handlung einzupassen. Inwieweit konntest Du Dich da einbringen, oder gab es hier bereits Vorgaben von George?

 

R. A. Salvatore: Ich hatte schon einigen Spielraum um die Dialoge durch Inneren Monolog auszudeuten, aber sie wollten nicht, dass ich die Worte verändere. Gewissermaßen habe ich das gemacht, was Schauspieler normalerweise machen, wenn sie den Dialog nehmen und ihm mit Bedeutung versehen. Einige der Extras im Buch gab es tatsächlich schon im Drehbuch, sie haben es aber nicht auf die Leinwand geschafft. Wenn ich meinen Job richtig gemacht habe, dann sollte man nicht erkennen können, was von mir stammt und was von George kommt – mit dem die Arbeit sehr angenehm ist, nebenbei gesagt.

 

Fantasyguide: Du und Chewbacca - ein spezielles Thema?

 

R. A. Salvatore: Wer? Nur ein Scherz. Ja, speziell in der Tat, und zwar darin, dass wenn ich jemals etwas als Autor tat, das ich später bedauerte, dann ist es Chewbaccas Tod. Es war nicht meine Idee; ich wusste nicht einmal davon, bevor ich das Buch umrissen hatte. Es kam von ganz Oben, dass Chewy sterben musste. Ich war niedergeschmettert, stimmte aber zu… und dann kamen die Hass-Briefe und die Todesdrohungen. Da ich gerade meinen besten Freund und Bruder an den Krebs verloren hatte, war es eine surreale Erfahrung – und keine gute.

 

Fantasyguide: Welchen Teil des Star Wars Universums würdest Du gern besuchen, worüber noch schreiben?

 

R. A. Salvatore: Ich bin ziemlich fertig mit der weit, weit entfernten Galaxis, aber wenn ich jemals zurückkäme, würde ich über die klassischen Figuren in der klassischen Zeit schreiben wollen, die ich für die wahre Krönung von Star Wars halte.

 

Fantasyguide: Falls Du Dich im geschriebenen Star Wars Kosmos auskennst - welche Romane würdest Du im Kino sehen wollen?

 

R. A. Salvatore: Meine selbstverständlich! Aber es gibt andere. Tim Zahn, Troy Denning, Mike Stackpole und so viele andere haben fantastische Arbeit in diesem Universum geleistet. Ich denke, das reicht für ein Dutzend wunderbarer Filme, wenigstens. Erben des Imperiums (von Timothy Zahn - Anm. d. Red.) würde zweifellos funktionieren.

 

Fantasyguide: DemonWars, The Crimson Shadow ... Du bist unglaublich vielseitig in der Wahl der Reihen und Welten. Welche Arbeit steckt dahinter, sich in diesen riesigen Hintergründen einzuarbeiten?

 

R. A. Salvatore: Je mehr Arbeit man in den Weltenbau investiert, desto tiefer und vielfältiger und realer wird diese Welt werden. Da gibt es kein Geheimnis und keine Abkürzung. Ein opulenterer Hintergrund gibt dir die Möglichkeit, mit tiefer schürfenden Fäden eine Art Story-Gobelin zu knüpfen, er eröffnet subtilere und kraftvollere Möglichkeiten. Ich sehe das jetzt in meiner Arbeit an einer Fantasy-Welt für ein Computerspiel. Je mehr Hintergrund wir ausarbeiten, je mehr Sinn wir hineinbringen, umso konsistenter wird die Welt, welche die Spieler (Leser) erkunden können.

 

Fantasyguide: Neben Deinen großen Reihen hast Du auch immer wieder kleinere Serien verfasst, etwa Dragon King oder Chronicles of Ynis Aielle. Sind das just for fun Projekte oder experimentierst Du hier mit Stoffen und Figuren?

 

R. A. Salvatore: Ein wenig von beidem. Es gibt Dinge, die ich ausprobieren möchte, die in einer Shared World wie den "Vergessenen Reiche" nicht funktionieren. Dann gehe ich dran und schreibe sie anderswo. Es bringt viel Spaß, die Grenzen heraus zu schieben und zu schauen, wohin einen die Geschichten bringen mögen.

 

Fantasyguide: Graphic Novels sind schwer im Kommen und Du mitten drin. Was ist das besondere an dieser Art Comic-Literatur und welchen Wert hat es für Dich als Autor von dicken Romanen?

 

R. A. Salvatore: Ich denke, sie funktionieren weil sie schneller sind und im heutigen Leben Geschwindigkeit sehr wichtig ist. Die Leute verarbeiten Informationen schneller; die Leute füllen mehr Lücken in den Geschichten aus. Graphic Novels passen perfekt hierzu und, ja, sie machen sich ausgesprochen gut.

 

Fantasyguide: Glaubst Du, dass die große Vielfalt an Medien und Freizeitmöglichkeiten das Lesen in eine Nische drängt und es zu einem Mangel an (besonders) Fantasy-Lesern kommt.

 

R. A. Salvatore: Fantasy-Leser werden nicht rar werden. Computerspiele führen genau ins Genre und, da die Welten immer größer und besser werden, werden auch die damit verbundenen Geschichten wachsen. Vielleicht werden in Zukunft mehr Leute in ihrer virtuellen Welt lesen als tatsächliche Romane. Ich weiß nicht, ob das eine gute Sache oder eine schlechte Sache ist. Ich weiß nur, dass es ist, was es ist.

 

Fantasyguide: Und zum Schluss, es ist schließlich Potter-Time, hat Dein Hauself Dir den neuesten Titel schon geliefert?

 

R. A. Salvatore: Wir haben selbstverständlich einige Exemplare. Alle drei meiner Kinder (die keine Kinder mehr sind) lieben die Bücher und ich und meine Frau haben auch unseren Spaß daran. Gut für JK Rowling! Sie hat eine Reihe verfasst, die möglicherweise für lange, lange, lange Zeit da sein wird.

 

Fantasyguide: Danke für das Interview und weiterhin viel Spaß beim Schreiben und Erfolg damit!

 

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Erstellt: 29.08.2007, zuletzt aktualisiert: 16.10.2023 21:13, 4779