Interview: Stefan Seitz
 
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Interview mit Stefan Seitz

Redakteur: Bine Endruteit

 

Der Autor Stefan Seitz hat mit seinem Buch Das Unkrautland – Auf den Spuren der Nebelfee ein ungewöhnliches Fantasy-Buch veröffentlicht. In seinem Roman findet man nicht nur skurrile Charaktere, sondern auch eine spannende Geschichte und viel Humor. Im Unkrautland geht es turbulent zu. Primus, der sich in eine Fledermaus verwandeln kann, und die Hexe Plim erleben gemeinsam jede Menge Abenteuer und versuchen das Geheimnis um eine künstliche Mondsichel zu ergründen. Doch neben dem Roman hat er seine Figuren und die Welt, in der sie agieren, aufwendig digital visualisiert. Wir sprachen mit hat mit Stefan über seine Arbeit als Autor und die digitale Gestaltung seiner Welt.

 

 

Fantasyguide: Hallo Stefan, vielen Dank, dass du dir die Zeit für ein Interview nimmst.

Bevor wir genauer auf Das Unkrautland eingehen, erzähle uns doch bitte etwas über den Menschen Stefan Seitz, der sich hinter dem Projekt verbirgt.

 

Stefan Seitz: Die erste Frage scheint mir schon beinahe die schwierigste zu sein. Wie soll ich mich am besten beschreiben?! Nun, mir hat mal jemand gesagt, ich wäre sehr facettenreich. Ich denke, das ist wohl auch die treffendste Umschreibung. Ich bin weder ein reiner Ingenieur, noch ein richtiger Künstler. Wahrscheinlich steckt von beidem ein Bisschen in mir. Was ich aber mit Sicherheit behaupten kann ist, dass ich immer auf irgendeine Weise „Kind“ geblieben bin - ein Kind, das gerne etwas versteckt und noch lieber nach etwas sucht.

 

Fantasyguide: „Das Unkrautland – Auf den Spuren der Nebelfee“ ist dein erster Roman. Wie kam es zu der Idee zu „Das Unkrautland“ und wie gestaltete sich die Entwicklung hin zur fertigen Erzählung?

 

Stefan Seitz: Das Unkrautland ist ein eine einzige Verkettung von Zufällen: Zunächst gab es den gekritzelten Entwurf von einem namenlosen Schatten, der in einem verlassenen Turm wohnt. Das war 1996. Ab und an habe ich diesen Burschen gezeichnet, habe den Turm skizziert und mir nicht sonderlich viel dabei gedacht. Der Name „Unkrautland“ rührt übrigens von „Rosenheim“. …eine kleine Spöttelei gegen meine damalige Heimatstadt. Und wenn ich mich auch nicht sonderlich tief in die ganze Sache hineingedacht habe, so war mir durchaus der Charakter von diesem Schatten klar. Er sollte nett sein, clever und – ganz wichtig – er musste irgendein Problem haben. Wenngleich auch eines, das ihm vielleicht selbst gar nicht bewusst ist. Dann passierte lange gar nichts und das Unkrautland verstaubte.

Als ich mich schließlich nach einigen Jahren beruflich in eine neue Software einarbeiten musste, griff ich nach einem Übungsobjekt, das ich schon beinahe vergessen hatte. Der alte Turm mit seinem seltsamen Bewohner! Nach den ersten Ergebnissen bemerkte ich mit Erstaunen, dass die meisten Leute an diesem Szenario großen Gefallen fanden. Ich stellte das Unkrautland schließlich online. Die Reaktion und vor allem die Zugriffszahlen waren überwältigend. Schließlich begannen die Leute alle möglichen Fragen zu stellen: Was steckt hinter dem Unkrautland? Wer ist der Schatten und was hat es mit dem geheimnisvollen Spiegel (nicht mehr online) auf sich. Von diesem Zeitpunkt war das Unkrautland kein reines 3D-Projekt mehr. Es wurde eine Geschichte, oder vielmehr ein Puzzle. Ein Puzzle, dessen Teile sorgsam versteckt sind und die nur darauf warten, dass jemand die Teile findet und sie richtig zusammensetzt.

 

Fantasyguide: Die Ideen, die du in deinem Buch verarbeitest, sind teilweise bekannt, wie die Kobolde oder eine Hexe, teilweise neu, wie der Obst futternde Kürbis oder die Mondsichel. Woher hast du deine Ideen?

 

Stefan Seitz: Die Ideen stammen meist aus dem Alltäglichen. Lustige Gesprächsfetzen, oder skurrile Personen. Das ist es auch, was das Unkrautland so sympathisch macht. Jeder der Einwohner hat seine Macken – und davon nicht zu wenige.

 

Fantasyguide: Gerade im phantastischen Jugendbuchbereich gibt es seit Jahren eine positive Entwicklung. Autoren wie zum Beispiel Kai Meyer, Thomas Finn, Ralf Isau und Peter Freund zeigen, dass sich gerade in diesem Bereich deutschsprachige Autoren nicht vor der ausländischen Konkurrenz verstecken müssen und sogar Vorreiterrollen übernehmen. War das für dich der ausschlaggebende Faktor mit „Das Unkrautland“ auch diesen Weg zu gehen, oder hat es dich schon immer gereizt ein Fantasy-Jugendbuch zu schreiben?

 

Stefan Seitz: Ich bin mir nicht im Klaren, ob das Unkrautland ein Fantasy-Buch ist. Meine Tendenzen gehen eigentlich viel stärker in die klassisch europäische Märchenrichtung. Es ist ein Märchen, in dem die Hauptpersonen einem anderen, längst vergessenen, Märchen auf der Spur sind. Das ist meinem Wissen nach etwas völlig neues. Ein Dickicht aus subtilen Informationen, verpackt in einer vordergründig lustigen Geschichte, die zum Mutmaßen und Diskutieren anregt.

 

Fantasyguide: In „Das Unkrautland“ ist dir eine nahezu perfekte Gradwanderung zwischen spannender Erzählung, gut ausgearbeiteten Charakteren und Humor geglückt. Damit haben einige Autoren, gerade in ihrem Debüt, oft zu kämpfen. Lag dein Augenmerk sehr auf der, für einen Roman wichtigen, Balance zwischen diesen Punkten oder hatte es sich aus dem Bauch heraus entwickelt?

 

Stefan Seitz: Diese Balance ist sogar extrem wichtig. Im Unkrautland herrscht vorwiegend eine entspannte und unbeschwerte Stimmung. Das rührt vorwiegend daher, dass Primus ein traumhaftes Dasein genießt, ohne sich auch nur die geringsten Sorgen machen zu müssen. Die Ernsthaftigkeit jedoch, oder das was den Leser fesselt, taucht immer mehr mit dem Erscheinen der Informationen auf. Seien es die Zitate des Spiegels, die Erinnerungen von Primus oder die zahlreichen Endeckungen die Primus und Plim auf ihrer Suche nach der Mondsichel machen. Daher steigert sich natürlich die Spannung, je weiter man das Buch liest. Ein Verlauf, der durchaus geplant war.

 

Fantasyguide: Dein Roman ist zwar in sich abgeschlossen, trotzdem bleiben am Ende der Geschichte noch viele Fragen offen. Wird es eine Fortsetzung geben? Wenn ja, wann soll sie erscheinen und mit was darf man da inhaltlich rechnen?

 

Stefan Seitz: Die Fortsetzung ist bereits in Arbeit. Allerdings bin ich beruflich so stark eingebunden, dass sich das Erscheinen des zweiten Bandes gewiss bis Ende 2008 hinauszögern wird. Ein großer Teil der Fragen dürfte sich anschließend gelüftet haben. Die Handlung des zweiten Teils Das Rätsel um die schwarze Hütte spielt weit im Westen, dort wo die Sümpfe liegen. Ein kleiner Kerl mit Narrenkappe findet hierbei große Beachtung. Nur soviel: Das Geschehen wird ein wenig finsterer.

 

Fantasyguide: Stell’ dir vor, du müsstest mit nur einer Figur aus deinem Roman eine neue Geschichte schreiben. Wen würdest du wählen und warum?

 

Stefan Seitz: Ich würde mich sofort für Primus entscheiden. Seine Geschichte ist so lückenhaft, dass sich jede nur erdenkliche Epoche von ihm für eine eigene Geschichte lohnen würde. Was hat er gemacht, als er tief unten im Erdspalt gelegen hat? Wo hat er Rabenstein kennen gelernt? Welche Abenteuer hat er während der 200 Jahre erlebt, bevor er auf Plim getroffen ist? All das sind Dinge, über die es sich lohnen würde, zu erzählen – wenngleich die eine oder andere Antwort in den Büchern angeschnitten wird.

 

Fantasyguide: Sowohl Kinder als auch Erwachsene können dein Buch mit viel Freude lesen. Von welcher Seite gab es mehr Reaktionen, und wie fielen sie aus? Für welche Leserschaft hast du es ursprünglichen geschrieben?

 

Stefan Seitz: Zunächst freut es mich, dass die Leserschaft so unterschiedlich ist. Auf den ersten Seiten erscheint das Buch zwar wie eine klassische Kindergeschichte, aber schon der Prolog deutet darauf hin, dass sich hinter der Erzählung mehr verbirgt. Ich habe das Buch für Kinder und Erwachsene gleichermaßen geschrieben. Kinder haben einen großen Spaß daran, die Geschichte zu lesen und finden meistens Plim am lustigsten. Aber die Erwachsenen können wiederum ihre Schlüsse ziehen, die Sachverhalte kombinieren und sich selbst die Antworten auf zahlreiche Fragen geben. Das ist es auch, was ich an so manch anderem etablierten Kinder- und Jugendbuch vermisst habe. Das Unkrautland dagegen regt im Nachhinein zum Grübeln an.

 

Fantasyguide: Der Cleon Verlag, in dem dein Buch erschienen ist, wurde extra für „Das Unkrautland“ gegründet. Ein etwas ungewöhnlicher Weg, wie kam es dazu?

 

Stefan Seitz: Ich war anfangs sehr verwundert, als mir die großen Verlage eine Absage erteilten. Zumal ich bereits erfolgreich ein Buch verfasst habe (Cinema 4D ART&XL7, Addison Wesley Verlag, München) und zumal ich der Meinung bin, dass sie die Probekapitel nicht einmal gelesen haben. Ich ließ mich davon jedoch keineswegs entmutigen. Was macht ein Verlag, dachte ich mir? Ein Verlag lässt Bücher drucken und betreibt Werbung. Das können meine Frau und ich auch – und siehe da: Es hat funktioniert. Allerdings kann ich an dieser Stelle nur zur Vorsicht raten. Ich will nicht behaupten, dass jeder seinen Verlag aus dem Ärmel zaubern kann. Man braucht neben dem gewissen Kapital auch die notwendige Publicity. Und diese ist bei mir vorwiegend durch die Homepage gewährleistet, in welcher über fünf Jahre Arbeit stecken.

 

Fantasyguide:

Als ich mir deine Webseite www.unkrautland.de angeschaut habe, musste ich bei dem windschiefen Turm und den schnörkeligen Verzierungen gleich an den Look von Tim Burton und seinen Film „The nightmare before christmas“ denken. Hat Burton dich zu der Gestaltung inspiriert?

 

Stefan Seitz: Tim Burton hat mich natürlich auch ein wenig beeinflusst, wobei sein Stil weitaus graziler ist. Man denke nur an das Bett von Sally. Das Unkrautland dagegen ist knorrig und bucklig. Auch hat es nicht die Fülle an morbiden Elementen. Aber dieser Vergleich kommt nicht zum ersten Mal. Viele haben sich beim Unkrautland an „A Nightmare before Christmas“ erinnert. Doch die Wurzeln liegen ganz wo anders. Es gibt ein uraltes Computerspiel, das heute wahrscheinlich kaum noch jemand kennt: Dragonslair! Hier gab es Elemente, die mich stark inspiriert haben. Genauso wie der Disneyklassiker „Die Hexe und der Zauberer“. Es sind die „netten“ Gruselumgebungen, die mich ansprechen, und die einfach nur ein wenig anders sind.

 

Fantasyguide: Wo wir gerade beim Design deiner gelungenen Homepage sind: Wo lag für dich der größere Reiz? Bei der grafischen Gestaltung um das Buch herum oder beim Buch selber? Oder war es die größte Herausforderung eine perfekte Kombination aus allen Faktoren zu finden?

 

Stefan Seitz: Es ist mit Sicherheit das Gesamtwerk, was den Reiz ausmacht. Man erschafft schließlich eine kleine Welt. Eine Welt mit eigener Vegetation, mit ihren seltsamen Bewohnern und mit ihrer geheimnisvollen Vergangenheit. Dies in Bild, Text und Animation gleichermaßen abzudecken ist etwas Besonderes, das großen Spaß macht.

 

Fantasyguide: Auf der Homepage kann man sich auch einen Trailer sowie weitere Filmclips zum Buch ansehen. Ist eine komplette Verfilmung des Romans angedacht?

 

Stefan Seitz: Dies wird wohl niemals eintrete, solange ich noch alles in Eigenregie bearbeite. Das Unkrautland wächst mir nun schon buchstäblich über den Kopf. Eine Verfilmung könnte nur durch das Interesse der Filmindustrie zu Stande kommen. Man bedenke nur, wie viele Personen über Jahre hinweg bei Pixar an einer Animation sitzen. Nebenberuflich und als Einzelperson kann man hier nicht ernsthaft tätig werden.

 

Fantasyguide: Was gab es eigentlich zuerst? Den Roman oder die digitalen Bilder?

 

Stefan Seitz: Das erste digitale Bild, nämlich die Urform des Turms entstand im Dezember 2000. Ein halbes Jahr später ging die erste Version der Homepage online. Auch das war ein Zufall, da mir mein Internetprovider kostenlos eine Zusatzdomain angeboten hat. Aus Spaß an der Freud habe ich diese Zusatzdomain www.unkrautland.de genannt, ohne zu wissen, was eines Tages daraus werden könnte. Die Bilder entstanden also lange vor dem Buch.

 

Fantasyguide: Wie sehr bist du, neben deiner Arbeit als Autor, auch als Leser mit der Fantasy verwurzelt? Bevorzugst du hier persönlich auch phantastische Jugendbücher? Falls ja, warum? Gibt es hier spezielle Autoren die für dich als die ganz Großen der phantastischen Literatur stehen?

 

Stefan Seitz: Ich war einmal ein großer Fan von H.P. Lovecraft. Und natürlich habe ich auch Tolkien gelesen. Wenn ich aber wirklich mitgerissen werden will, dann suche ich Geschichten aus der Alpenregion. Die Bergdörfer von Österreich oder der Schweiz haben wesentlich mehr zu berichten als man denkt. Hier schlummern tatsächlich noch Geschichten, die es in sich haben.

 

Fantasyguide: Vielen Dank für dieses Interview. Ich wünsche dir viel Erfolg mit deinem Roman und allem, was du mit dem Unkrautland noch geplant hast.

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240503125834405e0fd6
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Erstellt: 31.03.2007, zuletzt aktualisiert: 16.10.2023 21:13, 3729