Taxi (Autorin: Karen Duve)
 
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Taxi von Karen Duve

Rezension von Katrin Kress

 

Klappentext

Taxifahren können viele — doch grandios darüber schreiben kann nur Karen Duve

»Ich meldete mich auf eine Anzeige, in der nicht nur Taxifahrer, sondern ausdrücklich auch Taxifahrerinnen gesucht wurden. 1983 war es in Stellenanzeigen noch nicht üblich, jedem Beruf auch eine weibliche Endung anzufügen. Man tat es nur, wenn man andeuten wollte, dass man praktisch jeden nahm.«

Eine ziellose Jugend, eine spießige Familie, eine frustrierende Ausbildung — da kommt die Annonce »Taxifahrerin gesucht« schon fast wie die Rettung schlechthin daher. Auch wenn Alex Herwig leider ein Gedächtnis wie ein Sieb hat. Trotzdem büffelt sie Straßennamen und Wegstrecken — und hat das Glück auf einen extrem gnädigen Prüfer zu treffen. Bald sitzt sie zum ersten Mal im Wagen und schwitzt Blut und Wasser, weil sie die Straße nicht kennt, nach der ihr erster Fahrgast fragt. Und Alex wird — halb wider Willen — von einer Kollegen-Clique aufgesogen, die aus abgebrochenen Studenten, gescheiterten Künstlern, misanthropischen Gar-nicht-Akademikern und frauenfeindlichen Verklemmten besteht — bis sie Marco trifft, einen extrem kleingewachsenen aber umso bestimmter agierenden jungen Mann ...

Karen Duve erzählt mit gewohnter Brillanz, Lakonie und Unbarmherzigkeit von einer jungen Frau, der das Leben nichts schenkt, die einen Beruf hat, in dem sie andauernd Leute trifft, denen das Leben erst recht nichts schenkt. Komisch, erbarmungslos, ehrlich bis auf die Knochen: Ein waschechter Duve-Roman.

 

Rezension:

Mit Anfang 20 ist Alexandra Herwig auch schon wieder am Ende. Die Ausbildung bei der Versicherung, die sie auf Wunsch ihrer Eltern begann, hatte sie abgebrochen. Weil sie ja schließlich irgendetwas tun muss, wird sie Taxifahrerin:

 

„Ich meldete mich auf eine Anzeige, in der nicht nur Taxifahrer, sondern ausdrücklich auch Taxifahrerinnen gesucht wurden. 1984 war es in Stellenanzeigen noch nicht üblich, jedem Beruf auch eine weibliche Endung anzufügen. Man tat es nur, wenn man andeuten wollte, dass man praktisch jeden nahm.“

 

Zwodoppelvier - das ist die Funkrufnummer, unter der sie zu erreichen ist. Nach den üblichen Anfangsschwierigkeiten - wie bediene ich den Funk, wie gucke ich so unauffällig wie möglich in den Stadtplan, wenn ich mir partout keine Straßennamen merken kann - lernt sie auch ihre neuen Kollegen kennen, die wie sie nachts an den Taxisammelstellen herumstehen.

 

Dietrich, Rüdiger, Udo, Taximörder… wie auch immer sie heißen, sie alle fahren ja eigentlich nur Taxi, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. In Wirklichkeit studieren sie Philosophie, sind Künstler… wie man es eben so erwartet. Und weil Dietrich erwartet, dass Alex seine Einladung zum Fernsehgucken annimmt, und dann erwartet, dass sie ihn küsst, und dann, dass sie zusammen sind, tja, darum sind sie dann eben zusammen. Auch wenn Alex schon von Anfang an eigentlich lieber mit gar niemandem zusammen sein möchte. Vielleicht hin und wieder mit jemandem Sex, ok. Aber sobald sie mit jemandem zusammen ist, wird sie zu dem, was von ihr erwartet wird.

 

Und weil Dietrich gerne schöne Mädchen in schönen Kleidern sieht, trägt sie nun eben Kleider. Und macht mit ihm Ausfahrten. Ab und an schläft sie mit ihm. Aber eigentlich schläft sie häufiger mit dem kleinwüchsigen Marco, der tatsächlich ausschließlich studiert, und das auch noch recht erfolgreich, und der sich ernsthaft in sie verliebt und wünscht, dass sie sich von Dietrich trennt.

 

Aber weil Alex nicht in der Lage ist, irgendetwas an ihrer Situation zu verändern, bleibt sie weiterhin mit Dietrich zusammen, regt sie sich immer noch über Rüdigers extrem frauenfeindliche Sprüche auf, fährt weiterhin Taxi, lässt die Frage, ob das für eine junge hübsche Frau wie sie nicht zu gefährlich sei immer wieder über sich ergehen, mal mehr, mal weniger stoisch…

 

Über 300 Seiten werden alle nur erdenklichen Klischees zum Thema Taxifahrer erörtert und vorgekramt. Man muss schon einen Sinn für diesen diffusen Humor haben.

 

Alex erzählt immer wieder die Geschichten ihrer Fahrgäste, das eben gefahrene Model, der Besoffene, die Frau die ihren Mann verlassen hat. Spannungsgeladene Wendungen darf man also nicht erwarten. Habe ich auch nicht, ich finde das dies ein sehr gelungener Roman über das Leben in der Stadt und auch die damit verbundene Lethargie und Eintönigkeit.

 

Fazit:

Dieses Buch wird nicht jedermanns Fall sein, wer jedoch ein Buch über Menschen und das Leben in der Großstadt mit versteckten Denkanstößen sucht ist hier genau richtig.

 

Mit hat es sehr gut gefallen.

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Buch:

Taxi

Autorin: Karen Duve

Eichborn, Mai 2008

Gebundene Ausgabe, 313 Seiten

 

ISBN-13: 978-3821809533

 

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 27.09.2008, zuletzt aktualisiert: 24.02.2023 19:55, 7436