The Invincible (PC)
 
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The Invincible

Rezension von Cronn

 

Ich steuere den Rover in eine Linkskurve, die mich von der verlassenen Landestation wegführt. Einen kurzen Moment lang werfe ich einen Blick auf die Schlucht rechts von mir und erschauere. Ich kann keinen Boden erkennen. Dann umarmt mich der Felsspalt, verschluckt mich die Flanke des Bergmassivs, in das der Weg führt.

Schlagartig glaube ich im Schatten die Eiseskälte zu fühlen, doch das ist sicherlich eine Einbildung. Ich sitze im Rover, der mit Atomenergie fährt. Da kann es gar nicht eiskalt in der Fahrerkabine sein.

Draußen weht der Wind Sandfahnen von den Klippen über mir herab. Sobald sie sich in der spiralförmigen Antenne auf dem Dach des Rovers verfangen, klingt es als ob Eiskristalle auf Metall klingeln.

Der Rover fährt behutsam durch den Spalt. Ich lasse die verlassene Station hinter mir. In Gedanken allerdings bin ich noch bei dem seltsamen Anblick, der sich mir in der menschenleeren Station geboten hatte: Alles schien liegengelassen zu sein, als würde man panikartig die schützenden Behausungen verlassen haben. Aber warum sollten sie etwas derartig Widersinniges tun? Einzig die Roboter sind übrig geblieben. Sie verrichten sinnlose Tätigkeiten, tragen Kisten von A nach B und zurück. Einer stand auf der Landeplattform und hat mich angestarrt. Einfach nur angestarrt mit seinem roten Zyklopenauge. Grässlich. Noch immer habe ich eine Gänsehaut.

Doch da öffnet sich der Spalt zu einer Lichtung im Berg und vor mir sehe ich etwas so Erstaunliches, dass sich meine Augen weiten …

 

The Invincible ist das erste Projekt des polnischen Studios Starward Industries. Das Studio setzt sich aus erfahrenen Entwicklerinnen und Entwicklern zusammen, die bereits an Games wie The Witcher oder Cyberpunk 2077 gearbeitet haben. Expertise ist also zuhauf vorhanden und daher ist es sehr spannend zu sehen, wie diese bei ihrem Erstlingswerk »The Invincible« umgesetzt wurde. Die nachfolgende Rezension soll aufzeigen, wie gelungen es ist.

Inhalt

»The Invincible« basiert auf dem Roman Der Unbesiegbare von Stanisław Lem. Der polnische Autor hat so berühmte und tiefgründige Werke erschaffen, wie Solaris oder Der futurologische Kongress. Viele seiner Romane und Geschichten beschäftigen sich mit der Rolle des Menschen im Weltraum und regen zum Nachdenken darüber an. Das gelingt den Machern von »The Invincible« ebenso und damit erweist sich das Game in Teilen ebenbürtig zum grundlegenden Roman.

 

»The Invincible« ist ein Spiel, das vor allem durch seine Story überzeugt. Nach und nach erfährt man als Spieler·in, was geschehen ist, bevor man einen Blackout auf dem Planeten Regis III hatte. Als Astrobiologin Yasna soll man dort nach dem Rechten sehen, als der Kontakt zum Bodenteam abbrach.

 

Für Kenner der Romanvorlage ist wichtig zu wissen, dass man bei »The Invincible« ein Prequel spielt. Die Ereignisse von Lems Roman »Der Unbesiegbare« schließen sich also daran an. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass die Kenner der Vorlage Neues zu entdecken haben. Aber es muss darauf hingewiesen werden, dass dennoch prinzipielle Gemeinsamkeiten nicht verändert wurden – und das ist auch gut so. »The Invincible« bleibt also der Vorlage treu, was aber für deren Kenner mit einem Wissensvorsprung einhergeht.

 

Die Geschichte des Games ist sehr gelungen. Immer wieder gibt sie Raum für eigene Phantasie, für eigene Interpretationen. Durch das umsichtige Lesen der Umgebung (Stichwort: Environmental Storytelling) kann man eigene Schlüsse ziehen. Es sind sogar sublime Hinweise so versteckt worden, dass nur aufmerksame Gamer·innen sie finden können. Wer durch das Game hindurchrauscht, wird sie übersehen.

Gameplay

»The Invincible« wird als Action-Adventure bezeichnet, erfordert aber nicht allzu viele Interaktionen seitens der Spieler·innen. Mit wenigen Tastaturkommandos und Mausklicks steuert man Yasna in der Egoperspektive über Regis III. Das entschleunigt das Spielerlebnis und führt dazu, dass man sich der Atmosphäre hingeben kann. »The Invincible« ist ein narratives Spiel, auf das man sich einlassen können muss.

 

Es wird Spieler·innen geben, die sich unterfordert fühlen könnten. Doch die Reduktion des Spiels auf wenige Interaktionsmöglichkeiten ist essentiell wichtig für »The Invincible«. Nur dann erfährt man das Spiel als immersiv, taucht ein in die Welt von Regis III.

 

Immer wieder benutzt man Scanner und Tracker im retrofuturistischen Look, zoomt auf Landmarken, sucht nach Personen. Doch alles ist einfach gehalten und fordert nie zuviel von den Spieler·innen. Dadurch taucht man nach kurzer Zeit tief in die Atmosphäre der Welt ein – und das ist das zweite große Plus von »The Invincible«!

Grafik und Sound

Die Atmosphäre ist zum Schneiden dick. Das Design ist von der ersten Sekunde an stilsicher im Atompunk-Stil gehalten. Daher wirkt »The Invincible« vom künstlerischen Design her wie alte Perry-Rhodan-Cover und man erhält als Spieler·in den Einblick in die Sicht auf die Zukunft, wie sie in den 50er und 60er Jahren des 20ten Jahrhunderts war.

 

Unter der Haube des Games werkelt der Motor der Unreal-Engine in seiner vierten Iteration. Und die Designer von Starward Industries machen sehr gut Gebrauch davon. Die Texturen sind sehr hoch aufgelöst, die Farbgebung perfekt austariert hinsichtlich der Szenerie und auch der musikalische Score passt sich stimmig daran an. Schon nach wenigen Minuten ist man derart tief eingetaucht in das Game, dass die Spielerfahrung schon fast meditativ zu nennen ist.

Fazit

Am Ende fügen sich alle Puzzleteile der Story zu einem Comic zusammen und man verlässt das Spiel nach ungefähr zehn Stunden mit einem befriedigenden Gefühl. »The Invincible« ist ein Game, das auf ganzer Linie überzeugt, wenn man auf Narration und Eintauchen in eine Spielwelt viel Wert legt.

Das Spiel gibt die Faszination der SF hinsichtlich der Wunder ferner Planeten wieder, wobei auch unheimliche Momente existieren. Wer zudem auf tiefgründige Science Fiction steht, wird mit »The Invincible« nichts falsch machen! Eine klare Kaufempfehlung!

 

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PC-Spiel:

The Invincible

Starward Industries / 11 bit studios, 6. November 2023

USK: 16

 

Erhältlich bei: steam


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Erstellt: 29.11.2023, zuletzt aktualisiert: 13.04.2024 08:22, 22519