Rafał Kosik beginnt seinen Roman mit einer Szene, die genauso gut aus dem Game hätte stammen können: mitten in einem Feuergefecht zwischen augementierten Menschen der Zukunft in Night City. Dieser Auftakt gelingt ihm sehr gut, auch dank der onomatopoetischen Lautmalereien, die ihn begleiten. Doch danach sackt die Qualität des Romans rapide ab.
Ein erster Grund dafür ist die Tatsache, dass das Layout nicht erkennen lässt, dass von mancher Seite auf die nächste ein Wechsel der Erzählstimme stattfindet. Hätte man das mittels drucktechnischer Möglichkeiten (Kursivdruck o. ä.) kenntlich gemacht, wäre viel Verwirrung ausgeblieben. Aber auch ohne diese Layoutschwächen ist dieser Wechsel ein Bruch, der zulasten der Konsistenz des Romans geht. Diese Einwürfe ähneln Radio- oder TV-Sendungen und tragen inhaltlich nichts Elementares zur Fortentwicklung der Handlung bei. Auch als Atmosphärenaufbau sind sie nur bedingt geeignet, da primär der Monolog eines Sprechers und seine Persönlichkeit durch herbe Wortwahl akzentuiert wird, sich aber kein umfassenderes Bild von Night City abzeichnet.
Der Mittelteil des Romans hängt sehr durch und es wäre ein Leichtes gewesen, ihn um mindestens ein Drittel zu kürzen. Doch auf der anderen Seite darf nicht verschwiegen werden, dass das letzte Drittel enorm an Spannung gewinnt. Rafał Kosik weiß durchaus, wie man Actionszenen schreibt, leider verbleibt ein Manko an atmosphärischen Beschreibungen und Detailzeichnungen. Seine Charaktere gewinnen hier und da an Tiefe, was positiv anzumerken ist.