Redfall (PC; USK 16)
 
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Redfall

Eine Singleplayer-Rezension von Cronn

 

Ich nähere mich dem Haus, über dem der Krähenschwarm kreist. Das ist ein eindeutiges Zeichen für mich, dass sich hier ein starker Vampir aufhält. Daher bin ich besonders vorsichtig und checke noch einmal meine Ausrüstung: Pfähler, Sturmgewehr mit Pflock, UV-Lichtwaffe – alles da und aufmunitioniert. Perfekt ausgerüstet für eine Vampirjagd.

 

Das Haus erinnert an einen typischen Herrenhausstil in New England: Balkon, Türmchen, Terrasse  – alles aus weißem Holz. Es fehlt nur noch die US-amerikanische Flagge, dann wäre es das perfekte Klischee. Aber hier herrscht kein Patriotismus, hier herrscht ein Blutsauger.

 

Langsam laufe ich über die Freitreppe nach oben. Die Tür ist verbarrikadiert. Ich muss also einen neuen Zugang suchen. Genervt blicke ich mich um, umrunde das Haus, suche nach einer anderen Möglichkeit. Halt – da! Auf der Rückseite stehen Mülltonnen, darüber ist ein offenes Fenster. Na, das ist doch praktisch!

 

Ich klettere auf die Tonnen, schaue durchs Fenster. Drinnen sind mehrere Laserfallen, die sich kreuzen. Na, toll. Ich habe keine Lust meine Hacking-Tools daran zu verschwenden, also nehme ich mein Sturmgewehr, lege an und jage eine Salve in die Laserfalle. Sie explodiert und lässt die andere ebenfalls hochgehen.

 

Nun springe ich hinein und schleiche durch das Nebenzimmer in den Flur. Dort höre ich schon das Selbstgespräch des Blutsaugers: »Ich werde dich auf Links drehen! Das Blut, das Blut, das Blut!« Es hört sich an, als wäre er unter der Treppe zuhause. Ich nähere mich der Kellertür, öffne sie.

 

Tatsächlich: Das Brabbeln wird lauter. Ich steige auf Zehenspitzen hinab, suche mit vorgehaltener Pflockwaffe um die Ecke.

 

Dort sitzt er, besser gesagt: Er schwebt. Mit dürrem Körper und langem Gesicht sieht er ausgehungert aus. Ich will ihm aber kein Mitleid entgegenbringen und beginne damit, seinen Körper mit Pflöcken aus meiner Waffe zu beschießen.

 

Er teleportiert sich in meinen Rücken, kratzt mit seinen krallenartigen Nägeln über meine Haut. Ich drehe mich um, schieße wieder. Endlich ist er benommen, taumelt auf der Stelle. Nun kann ich herantreten und ihm den finalen Pflock ins Herz stoßen! Das fühlt sich befriedigend an.

 

Ah! Wieder ein Blutsauger in Redfall weniger! Doch bis zur endgültigen Befreiung der Stadt ist es noch ein langer, steiniger Weg …

 

Redfall heißt das neueste Werk aus dem Hause Arkane Studios. Die Macher·innen waren vorher für Deathloop verantwortlich, das neue Wege beschritt und von vielen Kritikern gelobt wurde. Bekannt sind sie auch durch Werke wie Prey oder Dishonored.

 

»Redfall« ist das erste Spiel, das unter dem Publisher Bethesda veröffentlich wird. Und wie gelungen das Game ist, soll die nachfolgende Rezension aufzeigen.

 

Hintergrund:

Alle Spiele von Arkane Studios sind geprägt von einer einfallsreichen und wendungsreichen Story. Dies ist bei »Redfall« nur bedingt der Fall. Die Ausgangslage ist, dass ein Küstenstädtchen von einer Vampirplage befallen wird. Die Spieler·innen finden die Hintergründe heraus, die mit Experimenten einer Firma zu tun haben. Viel mehr ist da nicht zu finden, außer die Hintergrundgeschichten der einzelnen Obervampire. Das ist einigermaßen befriedigend, aber man könnte mehr erwarten.

Man erschließt sich die Story aus Geisterechos und Notizen, die in der Spielwelt verteilt sind.

 

Gameplay:

Die Macher·innen der Arkane Studios bezeichnen »Redfall« als ein Open-World-Spiel mit Koop-Anteil. Das hat im Vorfeld für Zweifel gesorgt, ob der Open-World-Aspekt dem Studio gelingen wird. Die Zweifel können teilweise ausgeräumt werden: Die Open-World funktioniert größtenteils. Sie ist abwechslungsreich und man hat Lust darauf, die Gegend zu durchsuchen. Man findet dann Unterschlupf-Keller, deren Stromzufuhr man aktivieren muss, damit man sie nutzen kann. Sie dienen dann als Schnellreise-Funktion. Zudem kann man dort Nebenmissionen annehmen. Darüber hinaus finden sich noch andere Open-World-Aktivitäten, wie Vampirnester und besonders mächtige Vampire in speziellen Häusern. Und auch über Nebenaufgaben kann man stolpern. Das alles ist aber nicht harmonisch wirkend, erzeugt auch keinen Flow, sondern wirkt wie Fleißaufgaben, die man abarbeitet. Schade, da ist Potential verloren gegangen.

 

Dann aber gibt es immer wieder in den Hauptmissionen einige Levelstrukturen, die an die großen Stärken von Arkane erinnern, wie beispielsweise das »Haus der Echos«, wo sehr atmosphärisch und mit Sinn für levelarchitektonische Finesse gearbeitet wurde. In diesen Momenten fühlt man sich an großartige Level von Dishonored 2 erinnert oder an Teile der Raumstation von »Prey«. Doch diese Momente sind leider recht spärlich eingesetzt. Viel zu oft erhält man Aufträge a la »Hole dies!«, »Schalte das ein!«. Doch diese Missionen sind immerhin meist in ein – wenn auch dünnes – Storygewand gekleidet, wenn man beispielsweise für eine bevorstehende Geburt den Strom eines behelfsmäßigen Kreißsaals einschalten muss.

 

Zudem gibt es auch Bosskämpfe. Sie finden in Arenen statt und wirken künstlich eingesetzt. Das reißt aus der Immersion und führt dazu, dass das Organische des Spielflusses verloren geht. Bosskämpfe in Storyspielen waren und sind ein problematisches Konstrukt.

 

Anfangs wählt man aus einem von vier Kämpfer·innen aus, die allesamt unterschiedliche Fähigkeiten haben. Sie erinnern oft an Fähigkeiten, die man aus anderen Arkane-Studio-Spielen a la »Dishonored« oder »Prey« kennt: Teleportieren, Unsichtbar-Machen, etc. pp. Im Zusammenspiel im Koop soll dies Teamwork unterschiedlicher Spielertypen ermöglichen. Der Ansatz ist frisch und weckt das Interesse zum Experimentieren.

 

Grafik und Sound:

Die grafische Umsetzung von Redfall und Umgebung gelingt meist sehr atmosphärisch. Die Einrichtung der Häuser ist detailverliebt und die Lichtstimmung hier stets großartig, besonders bei Nacht. Die verschiedenen Kultist·innen und Söldner·innen sind optisch voneinander klar zu unterscheiden.

 

Etwas schwach erscheint die grafische Umsetzung der Außenlevel. Die Weitsicht leidet unter dem allgegenwärtigen Nebeleffekt, die Häuser sehen oft von außen gleich aus und auch die Vegetation ist recht spärlich vorhanden. Vieles an der Grafik wirkt angestaubt, so auch die Darstellung der Charaktere, deren Mimik comicartig ist. Zwischensequenzen gibt es keine, nur Tableaus der Spieler·innenfiguren, die in Aktion eingefroren sind, wozu ein Sprecher den Storyfortschritt erklärt. Das ist durchaus als interessante künstlerische Entscheidung anzusehen, wirkt dennoch für ein Storyspiel zu statisch.

 

Bugs und Glitches gibt es immer wieder mal. So schweben Objekte über dem Boden oder Fahrzeuge erscheinen nicht wirklich auf der Fahrbahn zu stehen. Doch das ist nicht zu störend, reißt nur gelegentlich aus der Immersion.

 

In Sachen Sound macht »Redfall« vieles richtig. Die Vampire hören sich bedrohlich an, die Knarren wummern mächtig und auch die Umgebungsgeräusche samt Musik wurden stimmig umgesetzt. Hier kann man dem Spiel kaum etwas vorwerfen.

 

Fazit:

»Redfall« ist ein Spiel von Arkane Studios, das im Kern immer noch die Stärken der Arkane-Gene erkennen lässt. Doch sie werden verdeckt von vielen Unzulänglichkeiten und seltsamen Designentscheidungen. Das führt dazu, dass man als Singleplayer·in nur dann langfristigen Spaß mit »Redfall« haben kann, wenn man bereit ist, einige Augen zuzudrücken und über Schwächen hinwegzusehen. Das kann sich lohnen, denn immer wieder blitzen die Stärken des Studios durch und dann kann »Redfall« überzeugen.

 

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PC-Game:

Redfall

Arkane Studios / Bethesda Softworks, 2. Mai 2023

USK: 16

 

ASIN: B0BT31RSF4

 

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 05.06.2023, zuletzt aktualisiert: 13.04.2024 08:22, 21916