1066 – Die Schlacht um England
Filmkritik von Christel Scheja
Dokumentationen, in denen wichtige Momente der Geschichte nicht als trockene Unterrichtsstunde präsentiert werden, scheinen im Moment ziemlich beliebt zu sein. Anstelle von dozierenden Wissenschaftlern und Bilder von Ruinen, Artefakten oder Knochen, bekommt der Zuschauer anhand der Forschungsergebnisse nachgestellte Szenen zu sehen, die die Macher mit aufwendigen Computeranimationen und Zitaten aus historischen Chroniken ergänzen, Vor allem in Großbritannien ist das der Fall, denn „1066 – Die Schlacht um England“ ist nicht die erste Serie dieser Art.
Nach dem Abzug der Römer und dem Zusammenbruch des Römischen Reiches verfällt England genau wie der Rest Europas immer wieder ins Chaos, Reiche entstehen und zerfallen wieder innerhalb von einer Region, Volksstämme, die eine neue Heimat suchen, versuchen anderswo Fuß zu fassen, räuberische Piraten verheeren die Küste.
Auch wenn sich die Situation in England nach Alfred dem Großen gefestigt hat, steht das Reich der Angelsachsen immer noch auf wackligen Füßen. Gut zweihundertundfünfzig Jahre kämpft man jetzt gegen die räuberischen Seefahrer aus Skandinavien, die immer wieder an der Küste Nordenglands einfallen.
Sie sind König Harolds größte Sorge, nicht ahnend, dass sich im Süden eine weitaus gefährlichere Streitmacht dazu rüstet, auf die Insel einzufallen – die Normannen.
Im Sommer des Jahres 1066 des Jahres ist davon noch nicht viel zu merken. Im beschaulichen Dorf Crowhurst in Sussex heiratet der junge Bauer Tofi seine Auserwählte und freut sich auf eine glückliche Zukunft mit ihr. Doch das Eheglück währt nicht lange, denn im Auftrag des Königs holt der Krieger Ordgar auch den jungen Mann und seinen Freund Leofric zu den Waffen, so sehr sie ihren Unmut kundtun. Aber sie werden an ihre Pflicht gegenüber dem König erinnert. Sie sollen l gegen die Wikinger kämpfen, die ganz offensichtlich wieder einmal einen Kriegszug planen.
Tatsächlich gelingt es den Engländern diesmal, die Nordmänner an der Stafford-Bridge entscheidend zurück zu schlagen, so dass deren Herrschaft im Norden ein für alle Mal endet. Dennoch können die müden Kämpfer nicht ausruhen, sondern müssen zurück in den Süden hetzen, denn dort hat der Herzog der Normandie mit einem Heer übergesetzt und schickt sich an, das Land zu erobern. Und ausgerechnet Crowhurst ist eines seiner ersten Ziele...
Die Ereignisse des Jahres 1066 werden diesmal nicht aus der Sicht der Könige und Heerführer erzählt, sondern aus der von drei einfachen Männern. Leofric und Tofi wollen eigentlich nur ihr Land bestellen und eine Familie gründen, nicht kämpfen, werden aber durch die Umstände dazu gezwungen, die Pflugscharen mit Speeren und Schwertern zu vertauschen. Der Preis, den sie dafür bezahlen ist hoch.
Ordegar ist zwar das Kämpfen gewohnt, aber auch er trifft bei den Normannen erst einmal auf seine Grenzen, denn anders als die Nordmänner kämpfen diese organisiert und sind auch weitaus besser ausgestattet.
Beschrieben wird nur ein sehr kurzer Zeitraum, denn von dem Sieg der Engländer bei Stafford Bridge, wo sie die Wikinger in ihre Schranken verweisen bis zur Schlacht von Hastings vergeht nicht einmal ein Monat und auch die Zeit davor wird eher knapp beschrieben.
Aber diese wenigen Wochen reichen aus, um einen ängstlichen Bauern zu einem entschlossenen Anführer zu machen und über sich hinaus wachsen zu lassen, weil es nicht anders geht.
Dabei zeigen die dramatischen Szenen, wie das beschauliche Leben der einfachen Bauern endet und sie sich den Grausamkeiten des Krieges stellen müssen. Aber auch die Wikinger haben in ihrer rauen Heimat Familien zurückgelassen, die nun um sie fürchten.
Die Normannen selbst bleiben zunächst nur eine schattenhafte Bedrohung und treten erst während des Überfalls auf Crowhurst in Erscheinung. Von ihnen wird nicht gerade ein sympathisches Bild gezeichnet, sie sind die grausamen und skrupellosen „Orks“, die auch gegen Kinder und Frauen vorgehen.
Das ganze wirkt ein wenig makaber, sind doch auch die Angelsachsen, die hier als Opfer und Helden hochstilisiert werden, eigentlich Eroberer, die das Land erst vor gut zweihundert Jahren in Besitz genommen haben. Dass ihnen nun das gleiche Schicksal droht wie der damaligen Bevölkerung, wird verschwiegen.
Interessant ist die Dokumentation schon, wenn man Schlachten und das Ambiente drum herum liebt, nur ihr wissenschaftlicher Nutzen ist eher gering, da die Inhalte nur an wenigen Stellen belegt werden und ansonsten eher pathetisch mit dem Nationalstolz der Engländer gespielt wird. Interessant wäre es gewesen, auch zu sehen, wie sich die Bevölkerungsgruppen schließlich wieder zu einem Volk verbinden und genau so wie Angelsachsen und Briten zur Zeit der Eroberung durch die Normannen ein Volk bilden.
Zudem erfährt man nichts über die historische Einbettung – die politischen und gesellschaftlichen Gründe, die die Normannen dazu veranlasst haben, nun auch die Hand nach England auszustrecken. Die drei Folgen reduzieren alle Geschehnisse auf die Schlachten im Herbst 1066, ohne die politischen Ränkespiele zu beachten.
Alles in allem ist „1066 – Die Schlacht um England“ nettes Dokutainment für alle Fans historischer Schlüsselmomente und Schlachten, bietet aber nicht wirklich viele Informationen über die Gründe und Entwicklungen, die Wilhelm den Eroberer nach England führen. Wenn man gut choreographierte Kämpfe und nette alltägliche Szenen aus der Vergangenheit mag, findet man hier einiges, aber mehr auch nicht. Denn auch der Spannungsbogen ist aufgrund der eher sachlichen Darstellungsweise gering.
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