Rezension von Christel Scheja
Ganz offensichtlich hat sich der WDR darauf verlegt, beste britische Krimi-Unterhaltung frisch aus England zu importieren und nicht erst Jahre damit zu warten. Die dreiteilige Miniserie „Prey – Die Beute“ mit John Simm in der Hauptrolle (bekannt aus „Life on Mars“ & „Doctor Who“) lief bereits im April 2015 im Fernsehen nur wenige Monate nach britischer Erstausstrahlung und erscheint nun bei Polyband auf DVD.
Mit einem Male bricht für den aufrechten und hart arbeitenden Detective Sergeant Marcus Farrow die Welt zusammen. Nicht nur, dass seine Ex-Frau und einer seiner Söhne brutal ermordet wurden, nun hält die Polizei auch noch ihn für den Schuldigen.
Ehe er sich versieht ist er festgenommen und kann weder seine Kollegen noch den Haftrichter davon überzeugen, dass er unschuldig ist. Bei der Überführung in ein Gefängnis hat der Wagen allerdings einen Unfall.
Auch wenn er schwer verletzt ist, nutzt Marcus die Gelegenheit zur Flucht, denn er weiß, dass er nur noch eine Chance hat, zu beweisen, dass er den Doppelmord nicht begangen hat – er muss selbst hieb- und stichfeste Beweise für seine Unschuld und den wahren Täter finden.
Kann das alles vielleicht sogar mit einem Fall zu tun haben, den er selbst gerade erst bearbeitet hat – den Mord an einem aktenkundigen Mafia-Boss namens Omar Hassan.
Da seine Kollegin Reinhardt nun die Jagd auf ihn eröffnet hat, erwartet ihn nun ein Katz-und-Mais-Spiel, das die Suche verschärft. Aber Farrow ist entschlossen nicht aufzugeben, geht es für ihn doch letztendlich um alles …
Und so geht er das volle Risiko ein, als er sich mitten in das verwirrende Netz aus Lügen und Intrigen stürzt, in das auch diejenigen verwickelt zu sein scheinen, die er bisher für seine Freunde gehalten hat. Schließlich gibt es nur noch eine Person, der er wirklich trauen kann, scheint sie doch die Wahrheit erkannt zu haben.
Die Serie verwendet einen klassischen Plot – jemand entdeckt Geheimnisse, die eigentlich verborgen bleiben sollten, und gerät damit in das Fadenkreuz von unangenehmen Personen, die auch vor Mord an Unschuldigen nicht zurück schrecken. Der Held weiß erst einmal von nichts, gerät aber schnell vom Regen in die Traufe und muss sich daran machen, die Wahrheit herauszufinden, wenn er unbelastet weiterleben will.
Schon der Auftakt verrät, dass die Geschichte nicht ohne Grund immer wieder mit Rückblenden arbeiten wird. Zusammen mit dem Helden kommt auch der Zuschauer nach und nach wichtigen Details auf die Spur, erfährt, das nichts so ist, wie er immer angenommen hat und mehr Leute in das Netz aus Lügen und Intrigen verwickelt sind, als vermutet.
John Simm hat nicht ohne Grund einen Preis für die Darstellung der Hauptfigur „Marcus Farrow“ bekommen, denn er verkörpert der Mann, der ohne ersichtliche Gründe aus einem normalen Leben befördert wird und nun damit leben muss, plötzlich auf der anderen Seite des Gesetzes zu stehen – und das auch noch schuldlos, mehr als glaubwürdig. Man nimmt ihm die Angst und Verzweiflung genau so ab, wie die Wut auf diejenigen, die ihm das alles angetan haben und den nüchternen Pragmatismus, mit dem er schließlich nach dem wahren Schuldigen sucht. Und zugleich entwickelt er die Figur weiter, die am Ende wie der Rest nicht ohne Narben bleibt.
Aber auch die Nebendarsteller sind gut besetzt. Die Figuren sind nicht eindimensional – sie haben einen vielschichtigen Charakter, der erst nach und nach zum Vorschein kommt und deren wahres Gesicht enthüllt.
Die Spannung ist angenehm hoch – wie in einem Thriller enthüllen sich die Details nur nach und nach – fügen sich erst am Ende zu einem glaubwürdigen Gesamtbild zusammen, in dem einige Dinge anders sind als am Anfang. Einiges mag man davon kommen gesehen haben, jedoch längst nicht alles.
Auch die Atmosphäre ist stimmig, grau und düster fängt sie die Verzweiflung des Helden ein und lässt ihm nur wenig Zeit aufzuatmen. Warme Farben fehlen fast ganz, die Kälte, die auch in den Figuren herrscht, spiegelt sich in der Umgebung wieder.
Am Ende bleibt man beeindruckt zurück, wohl wissend, dass zwar alles aufgeklärt ist, aber dennoch nicht ganz vorüber für die Figuren.
Bild und Ton sind wie bei anderen britischen Serien auf der Höhe der Zeit und können sich sehen lassen, Extras gibt es leider wiederum keine.
Fazit:
Wer nach einem gut gespielten, düsteren Thriller in Miniserie sucht, sollte ruhig einen Blick auf „Prey – Die Beute“ riskieren. Auch wenn die Grundidee sicherlich nicht neu ist, die Umsetzung macht das problemlos wett. Denn Figuren wie auch Geschichte haben viele Facetten, die sich erst im Verlauf der Handlung enthüllen. Vor allem John Simm glänzt in der Rolle des Helden, der unschuldig verfolgt die Wahrheit finden muss und noch nicht ahnt, was ihn wirklich erwartet.