Gipfel der Götter von Jiro Taniguchi & Baku Yumemakura
Band 5 von 5 | Kamigami no itadaki | Reihe: Shodoku
Rezension von Christian Endres
Fukamachi und Habu kämpfen nach wie vor mit dem Berg der Berge – gegen ihre ermüdenden Körper, die brutalen, unwirtlichen äußeren Umstände und natürlich die Strapazen und Auswirkungen der Gefahren, die sie auf dem Weg zum verschneiten, vereisten Dach der Welt schon hinter sich gebracht haben. Während Habu, der einsame, obsessive Wolf, dem Gipfel entgegen eilt, muss der inzwischen nicht weniger obsessive Fukamachi durch den Sucher seiner Kamera dabei zusehen, wie Habu sich den Naturgewalten in über 8.000 Höhenmetern stellt und anscheinend mit voller Absicht in größte, nahezu todesverachtende Gefahr begibt.
Das Ende der großen Bergsteiger-Saga von Baku Yumemakura und Jiro Taniguchi wird an dieser Stelle natürlich nicht verraten, deshalb nur so viel: Ein Happy End heißt im Falle von Gipfel der Götter nicht, dass alle glücklich und zufrieden bis ans Ende ihrer Tage leben. Oder, vielleicht eben gerade doch - je nach Standpunkt und Auffassung...
Eine große Stärke dieses finalen fünften Bandes ist einmal mehr das Timing. Sensationell, wie ein Aufstieg, ja ein Gewinn von nur wenigen Metern an der gefährlichsten Bergwand der Welt zehn, fünfzehn oder mehr Seiten einnehmen kann und man gefesselt ist, als würde man den spannendsten Teil eines Thrillers lesen. Man kann die Seiten gar nicht schnell umblättern und muss wirklich an sich halten, auch kurz zu verschnaufen und die prächtige alpinen Panoramen zu genießen, die Taniguchi und seine Assistenten am Zeichenbrett wieder gezaubert haben.
Zum Timing gehört auch, zu wissen, wann Schluss ist. Mit höheren Heft- oder Bandnummern immer stärker schwächelnde Endlosserien sind in Sachen westliche Comics und östliche Manga leider gleichermaßen keine Seltenheit. Autoren und Zeichner (und Verlage und Verleger, klar) schaffen es häufig nicht, sich rechtzeitig von einem profitablen Projekt zu trennen, und blähen es unnötig auf, melken die Kuh, bis sie umfällt, auch wenn eigentlich schon alles gesagt oder erzählt ist. Umso angenehmer, wenn eine in vielerlei Hinsicht herausragende Serie wie ›Gipfel der Götter‹ ihren dramaturgischen Höhepunkt und das dazugehörige Ende anerkennt und die Beteiligten ihrer Geschichte ein abschließendes Finale nach fünf sensationellen Akten zustehen.
Auch freut es den Leser ungemein, dass Yumemakura und Taniguchi am Ende trotz aller Spannung, Dramatik, Obsessionen und Selbstfindungen noch einmal den Bogen zum eigentlichen Aufhänger schlagen und sich abermals mit Mallorys Kamera und der Erstbesteigung des Everest befassen. Somit wird die grandios inszenierte und herrlich gezeichnete Bergsteiger-Saga auch in dieser Hinsicht zu einerrunden Sache – und verdient sich endgültig ihren Platz am sonnenbeschienenen Gipfel des Comic-Olymps.
Das großartige Finale einer großartigen, beeindruckenden Manga-Reihe.