Draculas Blutnacht (DVD; Horror; FSK 16)
Rezension von Ingo Gatzer
Die von dem Schriftsteller Bram Stoker geschaffene Figur des Blut saugenden Vampirs Graf Dracula hat unzählige filmische Adaptionen erfahren. Rund ein halbes Jahrhundert ist es nun her, dass der US-Regisseur Paul Landres einen der ersten Filme über den Fürsten der Finsternis gedreht hat. Dieser wurde nun von Sunfilm Entertainment im Rahmen der Horror Classic Collection herausgebracht. Landres (1912-2001) drehte einige B-Movies, wechselte aber bald zum Fernsehen und arbeitete hier an einigen Folgen von US-Serien, die heute als Klassiker gelten (Bonanza, Flipper, Daktari).
Graf Dracula (gespielt von Francis Lederer) flüchtet vor seinen Verfolgern in die Vereinigten Staaten von Amerika. Dazu ermordet er einen Maler, der gerade in die USA auswandert und nimmt dessen Identität an. So kommt er im beschaulichen kalifornischen Städtchen Carleton an und wird von der Familie Mayberry, die ihn für ihren Cousin hält, herzlich aufgenommen. Schnell kommt es zu einigen Todesfällen. Bald wird deutlich, dass der Vampir sein Augenmerk besonders auf die hübsche Rachel (Norma Eberhard) gerichtet hat.
Warum aus “The Revenge of Dracula“ im Deutschen ein reißerischer und weitgehend sinnfreier Titel wie “Draculas Blutnacht“ werden musste, wird wohl das Geheimnis des Übersetzers bleiben. Ebenso ist es seltsam, dass das Filmcover farbige, nachkolorierte Szenen zeigt, während der Film auf der DVD nur in der Schwarzweißfassung vorhanden ist. Es soll hier nicht behauptet werden, dass eine farbige Version von “Draculas Blutnacht“ wünschenswert wäre. Ein Verzicht auf Etikettenschwindel allerdings schon. Ähnlich ist die Angabe der Laufzeit mit “ca. 82 Minuten“ zu werten. Tatsächlich sind es nämlich nicht einmal 74 Minuten. Da wäre noch viel Platz für einige Extras gewesen, wie etwa ein Special zu Dracula-Verfilmungen der fünfziger Jahre oder zu Regisseur oder Hauptdarstellern. Leider findet sich aber keinerlei Extras auf dem Silberling.
Der Film überzeugt noch am ehesten durch die unheimliche Atmosphäre, die teilweise aufkommt. Hierfür sorgt auch die klassische orchestrale Untermalung der Szenen. Das Stakkato der Streicher unterstreicht ansprechend einige spannende Sequenzen, wenn auch die Bläser beim Auftritt von Dracula auf heutige Horrorfans wohl etwas übertrieben bombastisch wirken. Auch für die Wirkung der eher sparsam vorhandenen aber durchaus gefälligen Schockmomente spielt die Musik eine entscheidende Rolle. Die Tonqualität ist natürlich nicht perfekt, geht aber angesichts des Alters von “Draculas Blutnacht“ in Ordnung.
Für den Draculastoff untypisch fließt nur an einer Stelle Blut. Obwohl es sich um einen Schwarzweißfilm handelt, ist der Lebenssaft überraschenderweise blutrot. Durch dieses gut eingesetzte Stilmittel wirkt die Szene umso eindringlicher. Einer ähnlichen Technik hat sich bekanntermaßen Steven Spielberg in Schindlers Liste bedient.
Leider enttäuscht “Draculas Blutnacht“ in einigen Punkten. Gerade das Drehbuch weist Schwächen auf. So erhält Rachel Hinweise auf Draculas Identität, weil dieser nichts besseres zu tun hat, als das Objekt seiner Begierde im Sarg liegend zu malen und das Ergebnis seiner künstlerischen Produktivität in seinem Zimmer bei der Familie Mayberry zu platzieren. Zudem wirkt besonders das Finale - wenn man es als solches bezeichnen möchte - dilettantisch und abrupt.
Bei einem B-Movie, der älter als 50 Jahre ist, kann man in Punkto Spezialeffekte nicht viel erwarten. Dementsprechend kann es nicht überraschen, wenn ein Kampf mit Dracula in Wolfsgestalt eher aussieht als ob jemand mit seinem Hund herumtollt. Dass sich die Blätter an einem Baum bewegen, wenn das Pfeifen des Windes überdeutlich zu hören ist, wäre aber schon wünschenswert.
Bewertet man die schauspielerischen Leistungen nach heutigen Kriterien, so fällt das Ergebnis nicht besonders positiv aus. Vieles wirkt übertrieben und hölzern. Die Figuren bleiben klassische “flat characters“. Am ehesten gefällt noch Francis Lederer als Fürst der Finsternis, der durch seine Mimik die Doppelbödigkeit und Ironie seiner Aussagen immer wieder betont und mit weit aufgerissenen Augen wirklich etwas Diabolisches an sich hat.
Fazit:
Insgesamt ist “Draculas Blutnacht“ für Anhänger des Horrorfilms kein Pflichtkauf. Dazu fehlt es an einem überzeugenden Drehbuch, guten Effekten, besseren Schauspielern oder interessanten Extras. Mit bescheidenen Mitteln gelingt Paul Landres aber dennoch ein B-Movie, der zumindest teilweise in den Bereichen Atmosphäre und Spannung Freunde klassischer Vampirfilme nicht enttäuschen wird. Das Genre weist wahrlich schlechtere Filme auf, die über ein deutlich höheres Budget verfügten.