Alice: Madness Returns (PC, USK ab 16)
 
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Alice: Madness Returns (PC)

Rezension von Cronn

 

Rezension:

Aus der Höhe falle ich herab, umgeben von einem gleißend blauen Strahl. Meine langen Haare flattern hinter mir her, so dass es aussieht, als würden sie in einer Art schwarzen Feuerlohe brennen.

Das weckt tief verborgene Erinnerungen, die ich lieber nicht in mir wüsste. Erinnerungen an einen Brand, der in meiner Kindheit geschah und der mein ganzes Leben bisher bestimmt. Doch die Vergangenheit hier zu suchen, ist ein langes und schwieriges Unterfangen. Denn in diesem Land, das sich unter mir ausbreitet und mir mit wahnsinniger Geschwindigkeit entgegenrast, gibt es keine einfachen Antworten. Hier sind die Antworten anders, es sind Gestalt gewordene Chiffren, Symbole manifestiert zu handfesten Bildern, die gewandelt sind und andere Gestalt angenommen haben. Auf diese Weise muss ich um die Ecke denken, will ich durch diese Chiffren etwas über meine in mir verborgene Vergangenheit wissen.

Denn ich bin im Wunderland!

Krachend schlage ich auf, wohlbehalten federe ich in den Knien durch und stehe.

Ja, das ist das Wunderland!

Aber wie hat es sich seit meinem letzten Aufenthalt verändert!

Ein Bach fließt vorbei. Als ich seinem Verlauf folge, sehe ich eine Statue in der Ferne, an der herab das Wasser strömt. Blumen überall. Doch welch seltsame Form sie haben? Lila Blüten, in deren Mitte zwei Stengel nach oben streben, die das Aussehen von bleichgelben Händen haben.

Am Himmel schweben überdimensionale Dominosteine, die sich in der Luft behäbig drehen. Alles wirkt merkwürdig verfremdet hier. Klar, es ist ja das Land meiner Träume!

Ich bewege mich langsam vorwärts, bin noch etwas weich in den Knien.

Plötzlich ist mein Weg durch eine Kluft versperrt. Ich nehme Anlauf und springe hoch. Mitten im Flug segle ich den Rest des Weges und lande unversehrt auf der anderen Seite der Kluft.

Nun bin ich an der Statue angekommen. Verwundert blicke ich auf – die Statue stellt mich dar! Das Wasser entströmt meinen Augen und bahnt sich einen Weg durch meine Hände, die ich in einer Geste der Trauer vor das Gesicht halte.

Auf einmal ertönt ein Summen. Ich drehe mich herum und ziehe meine Klinge. Aus der Höhe schweben zwei große Wespen herab. Beim Näherkommen erkenne ich, dass das gar keine gewöhnlichen Wespen sind. Nicht nur ihre Größe unterscheidet sie sondern auch ihre Form – es sind Schrauben mit Glasflügeln!

Mit einem Schwung meiner Klinge durchtrenne ich sie, erst die eine, dann die andere. Im Handumdrehen liegen harmlose Riesenschrauben vor mir im Gras.

Aber ich bin mir sicher, dass meine Reise durch das Wunderland noch weitere bizarre Monster begleiten werden…

 

ALICE – MADNESS RETURNS heißt der Titel, um den es sich hier handelt. Entwickelt wurde das Game von Spicy Horse, dem Entwicklerstudio, dem auch der legendäre Design-Guru American McGee angehört. Dieser war einst Mitglied von id-Software und hat nach seinem Weggang von id später „American McGee’s Alice“ erschaffen, das im Jahr 2000 ob seines abgedrehten Designs für Furore sorgte.

Nun ist mit ALICE – MADNESS RETURNS der Nachfolger in den Startlöchern, wiederum verlegt von Electronic Arts. Ob auch er durch sein Design punkten kann?

 

Story:

Die Hintergrundstory von ALICE – MADNESS RETURNS ist auch verständlich, ohne dass man den Vorgänger gespielt haben müsste.

Die nahezu erwachsene Alice lebt im viktorianischen London in einem Kinderheim und wird immer noch von Albträumen heimgesucht. Mittels eines Psychiaters soll ihr geholfen werden. Dazu träumt sie sich weg in ihr Wunderland, wo sie Hinweise darauf zu finden hofft, wer damals den Brand des Elternhauses zu verantworten hatte. War sie es möglicherweise selbst und hat damit ihre Eltern auf dem Gewissen?

Schon mit diesen kurzen Worten wird klar, dass ALICE – MADNESS RETURNS keinesfalls ein Kinderspiel ist und sich durch seinen erwachsenen Inhalt klar an ältere Spieler wendet. Die Hintergrundstory wird im Spiel einerseits durch in Scherenschnitt-Optik gehaltene Zwischensequenzen weitergesponnen, die hervorragend gestaltet sind, andererseits durch das Wiederfinden von Gegenständen forterzählt, welche Erinnerungen freischalten. Stück für Stück wird die Geschichte auf diese Weise vorangebracht und der Spieler wird neugierig gemacht auf das Ende der Story. Toll erzählt! Die Story ist ein großer Pluspunkt für ALICE – MADNESS RETURNS!

 

Gameplay:

Das Spiel ist ein typisches Jump-And-Run im 3D-Gewand. Man sieht Alice in der Third-Person-Ansicht und hüpft vor allem von Kluft zu Kluft, wobei man genretypisch einen Zwischensprung einlegen und auch gleiten kann. Mit dem richtigen Timing für diese Sprungeinlagen ist man wegen der nicht immer perfekt ausgerichteten Kamera beschäftigt. Zumeist klappt es aber gut.

Außerdem gibt es noch die Kämpfe, die nicht besonders fordernd ausfallen. Meist reicht es, ohne Kombo-Allüren die Gegner durch eine Attacke aus dem Gleichgewicht zu bringen und in Serie zu beharken. Nur in Masse werden die Gegner fordernd, dann wird es allerdings heftig und auch hektisch. Manche Feinde brauchen eine spezielle Taktik, um besiegt werden zu können. Hier hilft Ausprobieren und auch ein Wechseln der Waffen.

Diese sind herrlich abgefahren! Neben der eher gewöhnlichen Klinge existieren u.a. noch eine große Pfeffermühle, die in Maschinengewehr-Art ihre Munition verschießt, dazu ein Steckenpferd, ein Regenschirm zum Blocken und ein mechanischer Hase als Zeitbombe. Die Wirkungen der skurilen Waffen werden explizit dargestellt. Der rote Saft fließt und spritzt allerorten, wieder ein Zeichen, dass ALICE – MADNESS RETURNS nicht in Kinderhände gehört.

Zu den Gimmicks des Spiels gehört, dass man verschiedene Gegenstände sucht. Da sind die schon erwähnten Erinnerungen in Form von geisterhaft bleichen Häusern, Spritzen und dergleichen, aber auch schwebende Schweineschnauzen, die (sofern beschossen) Wege zu Geheimplätzen offenbaren. An diesen Plätzen findet man Zähne, mit denen man die Waffen upgraden kann, Rosen für die Lebensenergie-Auffrischung oder auch Zugang zu Sonder-Levels, in denen die Grinsekatze Rätsel stellt.

Um besondere Geheimplätze zu finden, kann sich Alice schrumpfen und durch Schlüssellöcher kriechen. In diesem Schrumpf-Modus sieht Alice auch ansonsten unsichtbare Brücken und Plattformen, die sie nutzen kann.

Immer wieder kehrt Alice zurück ins viktorianische London, was besonders schmuddelig dargestellt ist. Dadurch wird der Kontrast zum Wunderland besonders betont.

In Sachen Gameplay ist ALICE – MADNESS RETURNS eine Mischung aus bekannten Elementen des Jump-And-Run-Genres kombiniert mit neuen Aspekten. Störend wirkt sich hier ab und an die Kamera-Positionierung aus, da in Kämpfen nicht auf den nächsten Gegner geschaltet wird und die Übersicht leidet. Auch beim Springen ist die Kamera nicht immer bestens ausgerichtet, wobei das aber seltener vorkommt.

Insgesamt ist die Steuerung aber passabel, das Gameplay hingegen klassisch und gelungen.

 

Grafik und Sound:

Man merkt, dass die Designer des Vorgängers auch zum Teil an ALICE – MADNESS RETURNS beteiligt sind. Das Spielgrafik-Design ist überwältigend, im positiven Sinn. Im Wunderland trifft man auf herrlich verrückte Gegner, zum Beispiel einen Teepott (auf Englisch „Eye-Pod“ genannt – na, wenn das mal keine Anspielung ist…?) mit Auge auf mechanischen Spinnenbeinen oder auf Gnome, die Alice mit großen Kuchengabeln ans Leder wollen.

Die Spielwelt selbst ist auch überzeugend abgedreht designt. Wo sonst hüpft man über Dominosteine oder Spielkarten durch einen malerischen Himmel? Wo sonst hängt ein Mann im Mond im Himmel, der Fieber hat und daher ein Thermometer im Mund hat? Wo sonst fließen aus einer Statue der Spielfigur Tränen, die zu einem Bach zusammenströmen?

Das Design ist also ein großer Pluspunkt für ALICE – MADNESS RETURNS.

Leider wird das Design nicht immer durch die Technik unterstützt. ALICE – MADNESS RETURNS Grafikgerüst ist zwar die bekannte und leistungsfähige Unreal-Engine, doch sie wurde nicht konsequent genutzt. Die Umgebungstexturen sind zumeist wenig hoch aufgelöst und die Gegner sind polygonarm. Schade, denn ALICE – MADNESS RETURNS lebt von seiner abgedrehten Grafik und würde durch eine bessere Technik noch weiter aufgewertet.

Der Soundbereich hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. Auf der Plus-Seite stehen die Musikstücke. Sie wurden mit Geigensounds realisiert und passen sehr gut zum Spiel. Die Hintergrund-Musik aber wiederholt sich oft und nervt daher schnell.

 

Fazit:

ALICE – MADNESS RETURNS ist ein gelungenes Jump-And-Run mit einigen Mängeln im Gameplay und der Steuerung. Auch Grafik und Sound überzeugen nicht auf ganzer Linie.

Was aber ALICE – MADNESS RETURNS besonders macht und eine Kaufempfehlung rechtfertigt, ist das durchwegs abgedreht und sehenswerte Design der Spielwelt. Hier punktet ALICE – MADNESS RETURNS vollauf.

Für Jump-And-Run-Experten, die wieder einmal in einen klassischen Genre-Titel eintauchen wollen und manche Gameplay-Redundanz verschmerzen können, sei daher das Spiel wegen seinem Art-Design und der grandios inszenierten Story empfohlen.

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240425044605f2456813
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Game:

Alice: Madness Returns

von Electronic Arts

Plattform: Windows 7 / Vista

USK-Einstufung: USK ab 16

Medium: Computerspiel

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 04.12.2011, zuletzt aktualisiert: 13.04.2024 08:22, 12247