Avalon 1 (Hrsg: Ingo Löchel)
 
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Avalon 1 von Ingo Löchel (Hrsg.)

Rezension von Martin Weber

 

Erstaunlicherweise ist Avalon 1 Band 2 der aus dem Lacrima-Verlag stammenden Reihe Avalon – eine etwas seltsam anmutende Zählweise. Mit dem mystischen Ort aus der Artus-Sage haben die sechzehn in diesem Buch enthaltenen Kurzgeschichten jedoch rein gar nichts zu tun. Diese Titulierung wurde also nur aus marketingtechnischen Gründen gewählt; der Name dient mit seiner Signalwirkung als eindeutige Botschaft an Fantasy-Freunde.

Auf den ersten Blick fällt zunächst mal auf, dass das Titelbild dürftig ausgefallen ist: ein Schwert schwingender Ritter auf einem Pferd vor einem blätterlosen Baum, getaucht in diesiges Blau. An sich ein akzeptables Motiv, das aber durch seine dilettantische Umsetzung mittels Graphikprogramm entwertet wird und damit kaum dazu beiträgt, potentielle Käufer anzusprechen.

 

Inhaltlich kann von Dilettantismus zum Glück keine Rede sein, auch wenn natürlich ein Unterschied zu den Veröffentlichungen professioneller Schriftsteller nicht geleugnet werden kann. Das ist kein Wunder, denn die meisten der hier aufscheinenden Schreiber sind Hobby-Autoren oder haben einen semiprofessionellen Status. Zu letzteren gehören unter anderem Andreas Gruber, Ingo Löchel oder Tanja Schröder, und diese Namen sind dann erwartungsgemäß den Genre-Kennern am ehesten vertraut.

 

Die Bandbreite der präsentierten Miniaturen reicht von Parodien a la Pratchett über einen feministisch angehauchten Beitrag bis hin zu Märchen und simplen Parabeln. Einige der Kurzgeschichten sind wirklich kurz, nur wenige Seiten lang. Auch das ganze Buch ist mit seinen 186 Seiten Erzähltext nicht allzu umfangreich.

 

Bezüglich Lektorat gibt es wenig zu beanstanden, da man nahe an die Qualität der Publikationen großer Verlage herankommt; abgesehen von einigen Druckfehlern ist kaum etwas zu bekritteln. Einzig in der Geschichte >Weihe< hat der Verfasser Josef Santo den einen und anderen Bock geschossen, was dann noch vom Lektorin übersehen wurde [z.B. „… sein Schwert begleitete die Erscheinung, geschultert und zugleich vor ihr her getragen. Beide Fäuste, den Griff der Waffe umfassend, waren wie zum Schwur aufs Herz gelegt.“ Wie soll das gehen?] Gleich zu Anfang dieser Story lassen sich mehrere solcher unnötiger Unstimmigkeiten finden, die leider verhindern, dass man sofort in sie eintaucht. Lobenswert ist jedoch der Versuch von Santo, seinen von einer originellen Idee getragenen Text stilistisch (geringfügig) experimentell zu gestalten, was allerdings den Preis hat, dass das Lesen gelegentlich mühsam wird. Ansonsten gehört diese Geschichte gemeinsam mit >Danyael< von Michaela Hoflehner zu den bemerkenswertesten Beiträgen, weil sie auf weniger ausgetretenen Pfaden wandeln, da sie keine der mittlerweile abgenützten Protagonisten wie Feuer speiende Drachen, ätherische Elfen, brutal-primitive Orks, graubärtige Magier und tapfere Ritter in den Mittelpunkt rücken.

 

Ingo Löchel ist zugute zu halten, das sich sein Stil seit den holprigen Frederik Darkstone-Abenteuern enorm verbessert hat. Dass Andreas Gruber gut schreiben kann, weiß jeder, der Texte aus seiner Feder gelesen hat; allerdings fällt bei seinem Beitrag - ebenso wie bei denen von Löchel oder Scheib - ein Aspekt nachteilig auf: da ein wirklich runder Schluss fehlt, wirken sie episodisch, wie Kapitel aus einem umfangreicheren Werk. Statt dem Wörtchen >Ende< könnte man sich darunter genauso gut den Hinweis >Fortsetzung folgt< denken. Darin zeigt sich das große strukturelle Problem der literarischen Gattung Kurzgeschichte, nämlich die Frage des Austarierens zwischen Zuviel und Zuwenig. Die richtige Mischung wird hier nicht immer gefunden.

 

Da sich auch unter den unerwähnt gebliebenen Storys kein echter Ausfall befindet, lautet das Fazit: nettes Lesefutter für Zwischendurch, an das man allerdings nicht mit zu hohen Erwartungen herangehen sollte.

 

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240419191903c6f21e9c
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Titel: Avalon 1

Hrsg: Ingo Löchel

Anthologie

Broschiert – 192 Seiten

2004 Lacrima-Verlag, Köln

ISBN 3-936972-11-7

Erhältlich bei: Lacrima-Verlag

 


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Erstellt: 11.11.2005, zuletzt aktualisiert: 20.02.2024 15:56, 1523