Rezension von Sebastian Hogrebe
„Als das dynamische Duo nach Gotham zurückkehrt, steht ihm so manche Überraschung ins Haus. Die erste Ausgabe unserer neuen Monatsserie um den Mitternachtsdetektiv nach der Infinite Crisis stellt Batmans Fähigkeiten auf eine harte Probe!“
(Panini Comics)
Batman 1 (Februar 2007) ist ein Heft mit 76 farbigen Seiten und besteht aus den amerikanischen Original-Ausgaben Detective Comics 817 und 818 (Mai und Juni 2006) und Batman 651 (Mai 2006) und umfasst die achtteilige Serie Im Zwietlaps, Face the Face im Original. Autor ist James Robinson, die Zeichner sind Leonard Kirk, Don Kramer und Andy Clarke. Farben und Tusche stammen von John Kalisz und Keith Champagne. Die deutsche Übersetzung stammt aus der Feder von Steve Kups.
Die neue monatliche Batman-Serie setzt ein Jahr nach der Infinite Crisis des DC-Universums mit der Rückkehr des dunklen Ritters nach Gotham ein. Und kaum ist er auf seinem Batsignal gelandet gibt es für ihn und seinen Partner Robin alle Hände voll zu tun: Im Zwietlaps ist eine achtteilige Serie die sich um eine rätselhafte Mordserie an Gothams Superschurken aus der zweiten und dritten Reihe dreht. Und um die Frage, ob Batman sich im geheilten Harvey Dent, (ehemals) alias Two-Face, geirrt hat.
Als Anmerkung am Rande sei erwähnt, dass das „tlaps“ des Serientitels seitenverkehrt gedruckt wird.
Die Geschichte von Zwietlaps ist denkbar einfach gestrickt: Neben den emotionalen Aspekten der Rückkehr des dunklen Ritters in Gotham und den „normalen“ Pflichten wie die Vereitelung von Raubüberfällen geht es um die Suche nach dem wahren Mörder. Die Beweise sprechen erst einmal eine deutliche Sprache, aber natürlich gibt es genug Hinweise darauf, dass es nicht so ist wie es scheint. Das klassische Grundprinzip einer Detektiv-geschichte: der wahrscheinlichste Kandidat ist am Ende doch nicht der Mörder.
Das Besondere an dieser Geschichte ist die Tatsache, dass der vermeidliche Mörder von Batman dazu bestimmt worden war über Gotham zu wachen, während der Abwesenheit des dynamische Duos. Und noch besonderer wird die Angelegenheit durch die Identität des Hauptverdächtigen: Harvey Dent, ehemals Superschurke Two-Face. Ihm hatte Batman die Sorge für die Sicherheit seiner Stadt während seiner Abwesenheit übertragen.
Die künstlerische Gestaltung der ersten drei Ausgaben ist düster gehalten, ganz in der Tradition von Batman. Es wird viel mit Schatten und schwarzen Silhouetten gearbeitet, kräftige / knallige Glanzeffekte sind praktisch nur bei Schießereien und Explosionen zu sehen. Es gibt keinen dramatischen Stilbruch in den Zeichnungen des 2. Teils, trotz anderem Zeichner, und die Figuren sind körperlich sehr nahe an der Wirklichkeit, ohne den Charakter des Comics zu gefährden. Das Titelbild der deutschen Ausgabe ist passend in schwarz-weiß gehalten, sämtliche Originaltitelbilder sind enthalten und scheinen zusammengesetzt ein größeres Bild zu ergeben.
Zwietlaps beginnt ganz klassisch für einen Comic mit einem Kampf und für eine Detektivgeschichte mit einer Leiche. In knappen Worten und Bildern wird dem Leser die momentane Lage dargelegt und werden die Hintergründe erläutert: Die Abwesenheit der Fledermaus, die ewige Wiederkehr von James Gordon als Commissioner und wie die einfachen Menschen der Stadt über die Fledermaus, ihre Rückkehr und ihre einjährige Abwesenheit denken.
Neben dem Kampf gegen Poison Ivy, der den zweiten Teil dominiert, werden ein ganzer Haufen Hinweise auf den großen Bogen gespannt. Man sieht Harvey Dent, wie er seine Arbeit macht und die ersten Leichen. Er könnte es getan haben. Aber man sieht natürlich nicht wie er es tut – ein Hinweis darauf, dass er es nicht getan hat. Und dann taucht auch noch das Spiegelbild von Two-Face auf. Auch wird deutlich, dass der „neue“ Batman einige Dinge anders machen will. Anscheinend soll er nicht mehr so eigenbrötlerisch und distanziert sein, besonders in Bezug auf Robin.
Zusätzlich zu diesem Auftakt oder Neustart von Batman gibt es eine kleine Nebengeschichte mit dem Detektiv Jason Bard: Aus den Ermittlungsakten des Jason Bard. Batman setzt den Detektiv auf die Mordserie an, oder genauer: die Hintergründe denen er bei Tag nicht nachgehen kann oder will. In dieser Ausgabe wird Bard als schlitzohriger aber auch cleverer Kerl vorgestellt, der ziemlich kaltblütig aber auch sehr fähig ist.
Die Zeichnungen sind hohe Qualität, aber nicht überragend. Manchmal jedoch wirken sie ein wenig bieder und nicht besonders kreativ, die übliche Kost eben. Ein eindeutiges Plus ist die realitätsnahe Gestaltung der Körper, so dass der Leser einen Eindruck davon bekommt, was für eine Kante (körperlich überaus gut entwickelter Kerl) Batman sein muss, um als Mensch solche körperlichen Fähigkeiten zu besitzen – ohne ihn gleich zu überzeichnen. Die Glanzeffekte sind in den meisten Bildern dezent, die Episode mit Poison Ivy mal außen vor, und machen aus dem Comic schon fast einen antiken Anblick. Es wirkt realer oder dreckiger. Passend zum düsteren Image von Gotham.
Die Geschichte, die sich hier anbahnt, ist gut erzählt. Vielleicht ein wenig zu routiniert. Aber die Eröffnung ist überaus gelungen. In wenigen Worten und Bildern wird die Bedeutung der Rückkehr für die Stadt und ihre Menschen eingefangen. Auch werden die Hintergründe kurz aber präzise dargestellt. Das Geschehen und die Dialoge sind kreativ und besser gelungen als die künstlerische Gestaltung. Batman wird menschlicher, die alten Gestalten werden wieder aus dem Hut gezogen – es wird deutlich, dass hier eine neue Ära beginnt, oder aber: alle Uhren werden wieder auf 0 gestellt.
Es gibt in dieser Hinsicht einen überdeutlichen Hinweis auf den (eigentlich) toten Robin.
Wie man es findet, dass die Fledermaus also wieder „am Anfang“ steht ist wohl eine Frage des Geschmacks. Aber er verliert nichts von seinen zwingenden Fähigkeiten, mit denen er schon direkt nach seiner Rückkehr wieder auf Verbrecherjagd geht. Allerdings wird so ein freundlicher Neuanfang, bei dem fast jede Figur die Sonne wieder aufgehen sieht, jedenfalls jede Figur auf der guten Seite des Gesetzes, fast zwangsläufig ein böses Ende nehmen. Und das erste Opfer dürfte wohl Harvey Dent sein, dem sein Two-Face aus einer Pfütze bereits entgegen lacht.
Fast noch besser als die Rückkehr des dynamischen Duos nach Gotham ist die Öffnung der Ermittlungsakten von Jason Bard gelungen. Obwohl nur ein einfacher Detektiv hat diese Figur den Charme eines cleveren Spitzbuben mit Herz. Die ruhige und humorvolle Art des Charakters und seine Biographie lässt ihn bemerkenswert werden, im Gegensatz zu den anderen Figuren in dieser Ausgabe, die man als eifriger Leser schlicht und einfach wohl auch schon kennt. Zudem wurde sich bei Batman angestrengt Altes erneut zu zeigen und so sticht Bard besonders hervor.
Weniger gefällig sind kleiner Unklarheiten bei den Sprechblasen im ersten Teil, wo es zwei mal so aussieht als würde Harper einfach zu früh sprechen, ehe das Geschehen sie hätte dazu bringen können. Auch ein „altes“ Problem ist das Alter der Figuren. Obwohl auch für den Comic schon das eine oder andere Jahr vergangen ist ändert sich in dieser Hinsicht so gut wie gar nichts. Harvey Dent wirkt in einigen Szenen sogar wie gerade erst erwachsen geworden. Das verleiht dem Ganzen nicht gerade Glaubwürdigkeit.
Insgesamt gesehen ist der „Neustart“ der Serie gelungen. Vielleicht gerade weil es so ruhig und bodenständig anfängt, wie meist bei Batman. Es scheint auch, dass die unendliche Finsternis der Figur etwas reduziert werden soll, was nicht schaden kann, da zu viel des Guten bekanntlich sehr ungesund ist. Ein idealer Einstieg für neue Leserkreise und auch die Chance für ehemalige Verehrer wieder zu dieser Figur zurück zu finden.