Batman: Kaputte Stadt und weitere Geschichten
Rezension von Ingo Gatzer
Rezension:
Wenn es eine Metropole im Comic-Kosmos gibt, die die Bezeichnung „kaputte Stadt“ verdient, ist es sicherlich Gotham City. Schließlich zieht die Millionenstadt Verbrechen und Superschurken förmlich an. So ist die Heimat des Dunklen Ritters als Handlungsort für den Sammelband „Batman: Kaputte Stadt und weitere Geschichten“ prädestiniert. Alle Storys stammen aus der Feder des US-Autors Brian Azzarello. Für die Bilder ist der Argentinier Eduardo Risso verantwortlich. Das ist angesichts der hoch gelobten Zusammenarbeit der beiden Künstler bei „100 Bullets“ eine verheißungsvolle Kombination.
Den Auftakt des Bandes bildet die kurze Geschichte „Black & White“, in deren Zentrum Batmans verbale und körperliche Auseinandersetzung mit einem psychisch labilen Straftäter steht. Dabei schneidet Azzarello Themen wie Macht und Intimität an. Das bleibt zwar fragmentarisch, gibt aber durchaus einen spannenden Einblick in Gedankenwelten und stellt zudem einen passenden Einstieg in die hier und auch in den folgenden Geschichten kreierte Noir-Welt dar. Dabei ist die zeichnerische Umsetzung von Eduardo Risso, der alle Panels in Schwarz und Weiß gestaltet, absolut stimmig. Durch das Spiel mit Schatten und die expressive Mimik der Hauptfiguren schafft der Argentinier eine sehr dichte Atmosphäre, die den Leser in den Bann zieht, auch wenn einige Zeichnungen skizzenhaft wirken.
In der Hauptgeschichte „Kaputte Stadt“ führt Azzarello Batman zu dessen Wurzeln. Der muss nämlich als (Mitternachts-)Detektiv einen Killer finden. Dabei wird er mit seinem eigenen Trauma – den Mord an seinen Eltern – konfrontiert. In bester Noir-Tradition baut Azzarello einen skrupellosen Gangsterboss – wer eignet sich hier besser als der Pinguin – eine Femme Fatale und einen brutalen Schläger – Killer Croc – sowie die genretypischen geheimnisvollen Gegenspieler in den Plot ein. Die Verbindung mit Bruce Waynes – viel strapazierter – Vergangenheit wirkt dabei stimmig und gibt der Handlung psychologische Tiefe. Azzarellos Batman ist als Figur insgesamt brutaler als der klassische Dark Knight angelegt. Der foltert hier etwa relativ bedenkenlos, um an Informationen zu kommen. Das lässt sich jedoch als Konzession an das Noir- bzw. Hardboiled-Setting und deren gebrochene Helden interpretieren uns sprengt so nicht den Rahmen. Bei den Illustrationen konzentriert sich Risso eher auf den Aufbau einer Noir-Stimmung als auf eine realistische Darstellung, was die Farbgebung von Paticia Mulvihill schön unterstützt.
Etwas anders sieht die Situation in „Batman: Ritter der Rache“ aus. Bei diesem Beitrag zum „Flashpoint“-Crossover gibt es zwar ebenfalls einen Batman, doch handelt es sich bei diesem nicht um Bruce, sondern um Thomas Wayne, der den Anschlag in der Gasse im Gegensatz zu seinem Sohn überlebt hat. Auf Basis dieser Grundidee kreiert Azzarello eine plausible Parallelwelt, die sich nur durch einige kleineren und größeren Details unterscheidet. Dabei erzählt er eine spannende Geschichte, die mindestens eine große Überraschung bietet, die angesichts der Ereignisse und Figuren aber sehr stimmig wirkt. Risso legt bei der Qualität seiner Panels gegenüber „Kaputte Stadt“ sogar noch eine Schippe drauf. Vor allem die Mimik der Figuren wirkt hier eindrucksvoller und die Illustationen sind handwerklich oft ausgefeilter.
Auch die letzte Geschichte, bei der Batman den Mord an einem reichen Mann aufklären muss, hat ein klassischesNoir-Setting. Allerdings erreicht der Abschluss des Bandes das hohe Niveau der anderen Geschichten nicht, weil sich zwischen dem verheißungsvollen Anfang und dem gut gestalteten Ende zu viel Leerlauf abspielt. Zudem wirkt jede Doppelseite seltsam separiert, sodass kein wirklicher Handlungsfluss entsteht. Die Zeichnungen sind zwar insgesamt qualitativ gelungen, jedoch im Hochformat angeordnet, was beim Lesen immer wieder ein Ärgernis bedeutet, wenn sich wichtige Elemente im Knick befinden und so auch teilweise Sprechblasen nur schwer lesbar sind.
Fazit:
»Batman: Kaputte Stadt und weitere Geschichten« ist ein Pflichtkauf für alle Fans der Mitternachtsdetektivs, die Noir-Settings oder eine stimmige Neuinterpretation der klassischen Batmanstrukturen schätzen. Angesichts der hohen Qualität der ersten drei Geschichten fällt dabei die schwächere Abschlussstory kaum ins Gewicht, auch wenn hier vor allem das Hochformat bei der Lektüre ein Ärgernis ist.
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