Rezension von Ingo Gatzer
Rezension:
Mit „Batman: Niemandsland Band 6“ biegt eines der berühmtesten Crossover-Events des DC-Universums langsam auf die Zielgerade ein. Die von einem Erdbeben verheerte, danach von der Regierung abgesperrte und schließlich von Superschurken gebeutelte Stadt Gotham kommt nicht zur Ruhe: Der Pinguin veranstaltet – natürlich um sich an den Wetten zu bereichern – Arenakämpfe, Bane stiftet Unruhe, um eine besondere Mission durchzuführen, Batman bekommt Superheldenbesuch und Kiler Croc möchte seine Machtposition ausbauen. Das sind nur einige Erzählstränge des über 200 Seiten langen Bandes, dessen Storys erstmals zwischen November 1999 und Januar 2000 erschienen.
Lassen sich denn nach Dutzenden von Geschichten und fünf Sammelbänden, in deren Fokus das zerstörte Gotham steht, immer noch interessante Geschichten erzählen? Eindeutige Antwort: Ja. Das gelingt, weil die Autoren Steven Barnes, Chuck Dixon, Devin K. Grayson und Alisa Kwitney Gotham als sehr abwechslungsreichen Mikrokosmos gestalten. Zwar gibt es hier einige Konstanten, jedoch stehen immer andere Charaktere im Fokus.
So dreht sich etwa die erste von Steven Barnes verfasste Geschichte „Underground Railroad“ vor allem um Detective Bock während Batman nur Nebenfigur bleibt. Bock lässt sich hier auf einen Arenakampf ein, um seinen Schutzbefohlenen zu helfen. Hier steigt also nicht der schier unbesiegbare Dark Knight in den Ring, sondern ein einfacher Cop, sodass der Ausgang ungewiss bleibt. Zudem darf der Pinguin hier mehr sein, als nur ein tumber Fiesling. Dafür sind allerdings die Gegenspieler von Bock etwas zu eindimensional geraten.
Auch in der zweiten Story „Ein Ausflug in die Stadt“ von Chuck Dixon ist nicht Batman die Hauptfigur. Diese Ehre gebührt vielmehr seinem Gegenspieler Bane. Die Spannung entsteht dadurch, dass sich der Leser fragt, was der Muskelmann in Gotham suchen mag und wer hinter ihm steht. Das größtenteils offene Ende wirkt einerseits etwas unbefriedigend, hält das Spannungsniveau jedoch über das Ende hinaus hoch.
Die dritte Geschichte „Dick im Geschäft“ stammt ebenfalls von Chuck Dixon und dreht sich um einen angeblichen Ausweg aus dem abgesperrten Gotham, den eine Bande Zahlungswilligen anbietet. Die Story ist atmosphärisch dicht erzählt, hätte aber einige Wendungen mehr vertragen können.
Der schwächste Beitrag des Sammelbandes ist „Wetterkapriolen“ von Devin K. Grayson. Hier besucht Clark Kent alias Superman das zerstörte Gotham und Batman. Ein ähnliches Aufeinandertreffen gab es bereits in einer der vorigen Bände, sodass die Story bis auf eine kleine nette – wenngleuch nicht sonderlich überraschende – Pointe am Ende recht wenig zu bieten hat. Dafür muss der Leser aber einige wenig packende Diskussionen zwischen dem Mitternachtsdetektiv und dem Stählernen überstehen.
Die Tonalität ändert sich in „Die Botschaft“ von Aisa Kwitney deutlich. Im Zentrum steht ein junger Mann, der aus Gotham vor der Schließung der Stadtgrenzen entkommen möchte, aber zuerst noch eine Mission erfüllen möchte. Der Plot wirkt an manchen Stellen surreal – was sich allerdings am Ende aufklärt –und ist insgesamt reizvoll geraten. Das liegt auch daran, dass er sich von den anderen Erzählungen deutlich abhebt. Hinsichtlich der Handluingszeit hätte das Werk aber eher in einen der ersten Sammelbände gepasst.
Chuck Dixon ist auch für die letzten beiden Geschichten „Der Echsenkönig“ sowie „Schlacht an der Grand Ave“ verantwortlich. Hier geht es vor allem um die Auseinandersetzung von Killer Croc mit Robin. Das Ganze wirkt etwas konventionell und die ausführlich thematisierten (Teenanger-)Probleme Robins mit seinem Vater wirken angesichts der Lage von Gotham und seiner Bewohner recht läppisch. Dafür bietet die Story immerhin einige lustige Momenten („Crocky“).
„Batman: Niemandsland Band 6“ punktet durch mehrere überdurchschnittliche zeichnerische Leistungen. Am ungewöhnlichsten ist dabei die Arbeit von Michael Zulli, dessen Stilistik zur Geschichte „Die Botschaft“ perfekt passt. Genau wie der Inhalt, hebt sich nämlich auch die Optik deutlich vom Rest des Sammelbandes ab. Zulli arbeitet seine Panels nicht nur sehr fein und detailreich aus, sondern kreiert auch eine düstere und sehr bedrohliche Atmosphäre, die perfekt zur Stimmung der Story passt und den Leser immer wieder in den Bann zu ziehen vermag. Lediglich sein Figurengestaltungen wissen nicht auf ganzer Linie zu überzeugen.
Überhaupt designen die Zeichner die bekannten Figuren des Gotham-Universums teilweise sehr unterschiedlich. So weiß etwa die Gestaltung des Pinguis durch Paul Ryan in „Railroad Underground“ zu gefallen. Der Charakter wirkt einerseits realistisch, andererseits wird aber dennoch deutlich, woher der Superschurke seinen Namen hat. Auch ein gewisses Charimsa scheint durch. Im Vergleich dazu wirkt der vom Max Broome in „Ein Ausflug in der Stadt“ kreierte Pinguin eher plump und wenig reizvoll.
Fazit:
Auch der sechste Sammelband zum Niemandsland lohnt sich für Fans des Gotham-Universums. Eine Perle ist dabei die sowohl inhaltlich als auch optisch ungewöhnliche, aber durchweg faszinierende Story „Die Botschaft“. Auch „Underground Railroad“ überzeugt fast vollständig. Der Rest ist – bis auf die letztlich belanglosen „Wetterkapriolen“ und die nicht wirklich mitreißende Geschichte über Killer Croc – mindestens passabel.
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