Es ist wieder mal an der Zeit, einen weiteren Gegenspieler des Mitternachtdetektivs neu zu beleuchten.
In Batman - One Bad Day: Ra’s al Ghul geht es dabei um einen ganz besonderen Antagonisten. Denn der bereits 1972 in den Batman-Kosmos eingeführte Ra’s al Ghul (»Kopf des Dämons«) ist nicht nur praktisch unsterblich, sondern auch besonders eng mit dem Dark Knight verbunden. Er ist nämlich der Großvater von Damian, dem Sohn von Bruce Wayne.
Ra’s al Ghul ist ein Umweltschützer der ungewöhnlichen Art. Er geht nämlich nicht nur ziemlich radikal vor, wenn es darum geht, Fauna und Flora zu schützen, sondern schreckt auch vor Morden nicht zurück. Das kann Batman natürlich nicht zulassen und stellt sich dem Haupt der Liga der Assassinen entgegen. Doch der lockt ihn mit einem besonderen Schachzug aus der Reserve.
Autor von »Batman – One Bad Day: Ra’s al Ghul« ist der vielseitige Tom Taylor. Der hat mit Batman: Equilibrium oder Batman und die Ritter aus Stahl auch bereits einige Werke über unsere Lieblingsfledermaus verfasst.
In diesem Band gelingt es ihm überzeugend, die mehr als 50 Jahre alte Figur von Ra’s al Ghul stimmig in die Gegenwart zu überführen. Dabei verliert er die Wurzeln des Charakters nie aus den Augen und erhält auch die mystische Aura, die den Unsterblichen so interessant macht. Mehr als sonst in Batman-Geschichten geht es hier buchstäblich um Leben und Tod. Taylor stellt dazu Pro- und Antagonisten in den Mittelpunkt eines moralischen Dilemmas. Darf man Einzelne schädigen oder gar töten, um viele zu retten? Wenn ja, wo ist die Grenze? Diese zeitlose Frage hat in den Zeiten der Klimakrise fraglos an Aktualität gewonnen. Deshalb dürften viele Leserinnen und Leser zumindest die Motivation dieses vielschichtigen, aber auch skrupellosen Schurken besser nachvollziehen können, als von anderen Antagonisten. Dazu liefert Tom Taylor eine ansprechende Story mit einigen Wendungen, die auch die Vergangenheit der Titelfigur näher beleuchtet. Etwas blass bleibt allerdings Batmans Ex-Geliebte Talia al Ghul. Diese hätte angesichts der besonderen Konstellation eine etwas größere Rolle spielen dürfen.
Auch Zeichner Ivan Reis ist – vor allem durch seine Arbeit an Batman – Detective Comics – bestens mit der Welt des Mitternachtsdetektivs vertraut. Zu gefallen weiß besonders sein Design von Ra’s al Ghul, dem er eine mythisch-wölfische Aura verleiht, die perfekt zu dessen Charakter passt. Passend ist auch der etwas andere Zeichenstil auf den ersten Seiten, die er so deutlich als Prolog aus einer völlig anderen Zeit kennzeichnet. Der stetige Wechsel zwischen den Formaten seiner Panels, denen er auch immer wieder geschickt Tiefe verleiht, für Dynamik. Zwar ist die Mimik von Bruce Wayne und seiner früheren Geliebten Talia auf einigen Zeichnungen nicht ganz gelungen. Dafür wirkt das facettenreiche Mienenspiel von dessen Sohn Damien allerdings umso überzeugender.