Blick des Bösen – Sie will nur spielen (DVD; Horror; FSK 16)
Rezension von Torsten Scheib
Rezension:
Augenblick – dieses Gesicht kenne ich! Solche oder ähnliche Gedanken schießen einem unweigerlich durch den Kopf, wenn man das Profil der Britin Samantha Morton zu sehen bekommt. Die aus Nottingham stammende Schauspielerin gehört nämlich eindeutig zu jenen Vertreterinnen ihrer Zunft, welche groß angelegte Produktionen meiden wie der sprichwörtliche Teufel das Weihwasser. Beinahe wenigstens. Denn neben überwiegend kleinen bis mittelgroßen Produktionen hat sich auch Steven Spielbergs atemberaubende Zukunftsvision Minority Report (2002) in ihre Vita geschlichen, in der sie als präkognitives Medium für gepflegte Gänsehaut-Momente sorgte. Doch seitdem? Sicher, im Jahr darauf war sie als beste Nebendarstellerin für den Oscar nominiert. Aber Hand aufs Herz: hat irgendwer den dazugehörigen Spielfilm In America gesehen?
Dabei wird die Dame regelmäßig für diverse Preise nominiert – und das gewiss nicht grundlos. Nein, es wird wirklich allerhöchste Zeit, dass Frau Morton mal wieder einen groß angelegten Blockbuster durch ihr Talent veredelt. Doch bevor dieser große Moment kommen wird, muss man sich wohl oder übel mit Direct-to-Video-Premieren begnügen, als Filmen, welche ausschließlich fürs Heimkino produziert wurden. Wie auch im Falle von Blick des Bösen, das bereits 2008 gedreht wurde, jetzt erst aber hierzulande erhältlich ist.
Der Film beginnt mit einer Autofahrt – und Schweigen. Was irgendwie verständlich ist, wenn man das furchtbare Schicksal von Martha und Thomas Conroy (Samantha Morton und Steven Mackintosh) kennt: den unerwarteten Tod ihres neugeborenen Kindes. Man kann und will sich nicht die seelischen Qualen vorstellen, die damit einhergehen müssen. Von daher ist es auch kein Wunder, dass das junge Paar sämtliche Zelte – und die damit verbundenen Erinnerungen – komplett abbricht und die Flucht nach vorne sucht. Der vermeintliche Neuanfang soll in Thomas’ Heimatdorf an der irischen Küste vonstatten gehen, zumal Martha trotz des Schicksalsschlags erneut froher Hoffnung ist. Von daher erscheint das leicht renovierbedürftige Cottage geradezu perfekt, da es, abgesehen von dem Sonderling Sean Cryan (David Bradley) so gut wie keine Nachbarn gibt – außer einer zweiten Familie, deren Töchterchen Daisy (Mhairi Anderson) schon sehr bald den Kontakt zu den Conroys sucht und gerade in Martha mütterliche Gefühle weckt. Doch die harmonische Idylle wird rasch von dem Kauz Cryan zum Einsturz gebracht, der Martha und ihren Mann aufs Eindringlichste vor dem Mädchen warnt – und scheinbar eine Heidenangst vor ihr zu haben scheint. Doch welchen Grund könnte es dafür geben? Schließlich würde die stets fröhlich-verträumt-singende Daisy wohl nicht mal einer Fliege etwas zuleide tun. Oder? Und der folgende Brand, in dem Daisys Eltern ums Leben kommen – er war doch ganz gewiss kaum mehr als ein tragischer Unfall, oder? ODER?
Sobald die ersten – wunderschönen – Aufnahmen der irischen Küste in den Fokus kommen, steht eine Sache fest: eine temporeiche Angelegenheit wird »Blick des Bösen« ganz gewiss nicht werden. Die aus Dublin stammende und vor allem durch TV-Arbeiten bekannt gewordene Regisseurin Aisling Walsh macht auch keinerlei Hehl daraus. Oder das ihr abendfüllendes Werk größtenteils auf die durchaus überzeugende Samantha Morton fokussiert ist. Das sich Frau Walsh zudem schon sehr deutlich an den Klassikern vom Schlage Das Omen (1976) und Rosemarys Baby (1968) orientiert hat – auch das sei ihr verziehen. Das es ihr aber dennoch nicht gelingt, Spannung und eine unheimliche Atmosphäre zu erzeugen, schon eher. Wobei das teilweise uninspirierte Drehbuch samt mannigfaltiger logischer Schnitzer ebenfalls seinen Teil dazu beiträgt. Irgendwie kommt man sich vor, als würde man durch dichte Nebelschwaden stolpern und das Gefühl nicht los wird trotzdem keinen Meter von der Stelle gekommen zu sein. Sogar der mögliche Hoffnungsschimmer – das Ende – entschädigt nicht für Vorangegangenes. Wer also auf einen finalen Knalleffekt hofft, der wird auch in dieser Hinsicht enttäuscht werden. Dabei hätte »Blick des Bösen« von der Grundidee sicherlich großes Potenzial gehabt – in den Händen einer versierteren Regisseurin. So aber pendelt der Streifen irgendwo zwischen blasser Schwedenkrimi-Atmosphäre und labbriger Mystery.
Fazit:
Langweilig statt unheimlich. Bei »Blick des Bösen« ist einzig der Titel spannend, der eigentliche Film dagegen langweilig und praktisch ohne nennenswerte Höhepunkte. Da können auch Samantha Morton und die tollen Küstenaufnahmen nicht mehr viel rausreißen.
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