Boys Love (DVD)
 
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Boys Love (DVD)

Filmkritik von Christel Scheja

 

 

“Boys Love” ist zwar ein in Japan sehr beliebtes Genre bei den Mangas, aber es gibt weitaus weniger Animes und noch weniger Realfilme, die sich des Themas „Liebe zwischen zwei jungen Männern“ annehmen. Anders als bei den meisten homoerotischen Werken aus dem Westen, richtet sich diese Spielart der Liebe in der Literatur, die vor allem Künstlerinnen gestaltet wird, nicht in erster Linie an homosexuelle Männer, sondern an junge Frauen. Diese bekommen neben zwei hübschen Männern zum Anschmachten auch noch eine sehr gefühlvolle und zarte Liebe geboten, die oft tragisch über gesellschaftliche Tabus und Grenzen hinweg verläuft.

 

Das merkt man auch dem gleichnamigen Film „Boys Love“ von Kôtarô Terauchi an, der überraschenderweise keine direkte Vorlage in Buchform besitzt. Erst nachdem der 2006 mit einem eher niedrigen Budget produzierte Film im DVD-Direktvertrieb erfolgreich war, entstand auch der Manga von Kaim Tachibana. Der Regisseur konnte zwei Nachfolge-Filme im gleichen Stil produzierten. Nach dem Manga (bei Egmont Manga & Anime erschienen) ist nun auch endlich der Realfilm in Deutschland auf DVD erhältlich.

Eigentlich soll der junge Zeitschriftenredakteur Mamiya einen Routineauftrag erfüllen und für eine Artikelserie verschiedene bekannte Stars aus Film und Fernsehen oder der Modewelt interviewen, um der Öffentlichkeit eine unbekannte Seite im Leben oder Charakter der derzeit beliebten und geschätzten Stars zu zeigen.

Nun ist der von den Medien und seinen Fans umschwärmte Noel. Obwohl der junge Mann noch die High School besucht, wirkt er wesentlich erwachsener als gedacht, ja fast schon verbittert, als habe er bereits viel Böses erlebt.

Ohne es zu wollen ist Mamiya von ihm fasziniert, denn sein Gegenüber wirkt nur äußerlich stark und selbstbewusst, seine Bilder verraten, dass Noel eigentlich eine von Schmerz gepeinigte Seele ist, die mehrere bittere Enttäuschungen nicht verwunden hat und immer wieder zu selbstzehrstörerischen Aktionen neigt. Das bekommt er selbst zu spüren, als ihm Noel bei einem weiteren Treffen auf die Pelle rückt und auf der Toilette sexuell befriedigt, als wollte er die aufkommende Zuneigung des Journalisten im Keim ersticken. Doch auch wenn Mamiya im ersten Moment geschockt und abgestoßen ist – gerade dass macht ihm deutlich, dass ihn der jüngere irgendwie braucht, um über Enttäuschungen hinweg zu kommen, und wieder zu lernen, dass Beziehungen durchaus auch heilen können Mit Geduld, Verständnis und Zärtlichkeit kommen sich die beiden näher und geben schließlich mehr von sich preis, als sie wollen.

Mit ihrer Liebe wächst aber auch die Eifersucht von Noels Klassenkameraden Chidori, der sich bisher als fester Freund gesehen hat, weil die beiden ein intimes Geheimnis teilen. Als er nicht länger mit ansehen kann, dass ein anderer ihm die Liebe seines vermeintlichen Freundes wegnimmt und ihm selbst nur das Gefühl bleibt, benutzt worden zu sein, kommt es zu einer Katastrophe.

 

Der Realfilm fängt mehr als manch ein Anime die Atmosphäre der eher romantischen Boys Love Geschichten der Mangas ein, denn der Film konzentriert sich vor allem auf die Beziehung und nimmt sich sehr viel Zeit, um die Gefühle der beiden jungen Männer darzustellen. Erotische Szenen gibt es nur ganz wenige und bei dem überwiegenden Teil muss man eher seine Phantasie spielen lassen, als dass man wirklich etwas zu sehen bekommt. Die Schauspieler konzentrieren sich mehr darauf, ihre Emotionen mit Gestik und Mimik auszudrücken und weniger über die Worte.

Dabei verhalten sie sich überraschend leise und weiblich, ganz anders als man es sonst von den Männerrollen in den Filmen gewohnt ist.

Das Drama entwickelt sich eher ruhig. Hin und wieder kann man über die ein oder andere Szene schmunzeln, der Grundtenor der Geschichte ist aber von Anfang an eher melancholisch und traurig, was die geschmackvolle Pianomusik und passende Literaturzitate immer wieder zusätzlich vertiefen.

Dementsprechend konzentriert sich die Handlung nur auf die beiden Protagonisten, die wenigen Nebenfiguren spielen eine sehr untergeordnete Rolle, selbst Chidori, der gerade zum Ende hin eine entscheidende Rolle spielt.

Auch in westlichen Augen wirkt das Beziehungsdrama glaubwürdig und realistisch, auch die Hauptdarsteller können sich sehen lassen. Man muss nur ein wenig mit der japanischen Bildsprache vertraut sein, um den ein oder anderen leisen Zwischenton zu verstehen.

 

 

Wie kaum ein anderer Film oder Anime zeigt „Boys Love“, das sich das Genre durchaus auch in einen geschmackvollen und schön gestalteten Film umsetzen lässt, der ohne Übertreibung der Schauspieler all das beinhaltet, was dazu gehört – leidenschaftliche Gefühle, zarte, zerbrechliche Seelen und viel Romantik. Er sollte jedenfalls in keiner Sammlung fehlen, wenn man auf das Thema steht.

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 202403281412456d4da59b
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DVD:

Boys Love

Japan 2006

Regisseur: Kôtarô Terauchi

Drehbuch: Kohtaro Terauchi, Carolco, Saki Seno

Musik: Chika Fujino

Format: Dolby, PAL

Sprache: Deutsch, Japanisch (Dolby Digital 2.0)

Untertitel: Deutsch, Englisch

Region: Region 2

Bildseitenformat: 16:9

FSK: 16

Anime House, 25. Mai 2009

Spieldauer: 83 Minuten

Extras: Making of, 8-seitiges Booklet

 

ASIN: B001V7U0V0

 

Erhältlich bei: Amazon

 

Darsteller:

Atsumi Kanno

Yoshikazu Kotani

Hiroya Matsumoto

 


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Erstellt: 12.06.2009, zuletzt aktualisiert: 16.03.2023 18:04, 8866