Chang Cheng (Brettspiel)
 
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Chang Cheng

Rezension von Björn Backes

 

Die Mongolen kommen… und sie drohen, China im Sturm zu nehmen. Was vor mehr als 2500 Dekaden noch äußerst akut war und schließlich den Bau der Chinesischen Mauer nach sich zog, wird nunmehr im neuesten Titel des italienischen Kleinverlags Tenki Games neu aufgerollt. Die chinesischen Provinzen müssen geschützt werden, um die Durchschlagskraft des mongolischen Angriffs zu verringern und die Bedrohung abzuwenden, also ist es an den Spielern, selber ihren Teil zum Mauerbau beizutragen. Doch ob dies die Mongole abhalten wird? In „Chang Cheng“ mit Sicherheit nicht…

 

 

Spielidee:

 

„Chang Cheng“ ist ein klassisches Mehrheitenspiel, in dem es vorwiegend darum geht, durch Überzahlsituationen Einfluss zu gewinnen und ganz besonders die wichtigsten Provinzen mit eigenen Mauern zu schützen. So sichert man sich Provinz für Provinz zusätzliches Prestige und dementsprechend auch Siegpunkte, muss sich aber ebenso darauf gefasst machen, beim späteren Angriff der Mongolen auch wieder von diesem Prestige einbüßen zu müssen. Also schaut man, dass man seine Mauerstücke an den günstigsten Positionen verteilt, mit Aktionskarten zusätzliche Vorteile herausschlägt und schließlich das am besten ausgewogene Verhältnis zwischen Einfluss und Schutz vor den Mongolen erzielt. Für den Fall nämlich wird man in „Chang Cheng“ mit den meisten Siegpunkten und somit auch mit dem Gewinn des Spiels belohnt.

 

 

Ausstattung:

 

Das Spielmaterial ist einerseits sehr zweckdienlich und plastisch aufgebaut, andererseits aber insbesondere im Hinblick auf das Thema und die zugehörige Atmosphäre äußerst stimmig. Lediglich die blassen Grafiken sowie generell die weniger einladende Farbgestaltung des Spiels geben Anlass zur Kritik, da es hier definitiv an Detailverliebtheit fehlt. Ansonsten gibt es aber kaum Gründe, über die grundsätzlich sehr anständige Ausstattung zu meckern.

 

 

Spielregeln:

 

Sie können es ja doch – dies war zumindest die freudigste Feststellung im Bezug auf das Regelwerk des aktuellen Tenki-Titels. Galten die bisherigen Verlagstitel bislang durchweg als katastrophal in ihrer jeweiligen Beschreibung und brachten regelmäßige Diskussionen in verschiedenen Foren mit sich, konzentriert man sich in den Spielregen von „Chang Cheng“ auf das Wesentliche und treibt das Ganze auch kompakt und linear voran. Zwar ist noch immer keine regelmäßige Struktur zu erkennen, aber wenigstens weiß man nach Begutachtung des 8-seitigen Heftes, worum es in „Chang Cheng“ geht – und das kann man im Vergleich zu früher durchaus als Fortschritt werten.

 

 

Spielablauf:

 

„Chang Cheng“ wird reihum gespielt und schreibt jedem Mitspieler vor, aus einer Auswahl von insgesamt fünf verschiedenen Zugmöglichkeiten auszuwählen. So muss man sich jede Runde von neuem entscheiden, ob man zwei Mauern, eine Doppelmauer oder einen Turm setzt, oder ob man doch lieber die Aktionskarten spielen möchte, entweder im Doppelpack oder eben doch in Kombination mit einer einzelnen Mauer. Wichtig ist, dass man nicht auf seinen Zug verzichten darf und nach Möglichkeit auch dann spielen muss, wenn der Effekt nicht positiv ist.

 

Die Entscheidung hängt dabei von mehreren Faktoren ab, denn einerseits muss man schauen, dass man gerade in den Provinzen, in denen der Prestigewert am größten ist, Fuß fasst und eben die meisten Mauern baut, und andererseits ist es auch wichtig, nicht gleichzeitig mit seinen Mauern die gegenüberliegenden mongolischen Gebiete abzudecken. Die Mongolen werden im letzten Spielabschnitt nämlich so oder so durchbrechen, also sind auch diejenigen Mauerbauer für die Schäden verantwortlich, die in diesen Gebieten verrichtet werden.

 

Eine Übersicht über die verschiedenen Prestige- und Bedrohungspunkte erhält man nicht direkt; lediglich die Prestigemarker liegen offen aus, das heißt ein wenig Glück und Spekulation sind schon vonnöten, wenn man hier richtig liegen möchte. Da die gegenüberliegenden chinesischen und mongolischen Provinzen jedoch nicht gleichzeitig auch die gleichen Mauergebiete einnehmen, kann man schon versuchen, an der einen Seite Mehrheiten zu gewinnen und an der anderen dennoch strategisch gut zu stehen. Allerdings ist genau das das Ziel eines jeden Spielers.

 

Um bei seinem Vorgehen nun ein bisschen unberechenbarer zu sein, kann man eine der insgesamt sechs Aktionskarten einsetzen, welche mit ganz verschiedenen Möglichkeiten aufwarten. Zum Beispiel kann man damit andere Aktionskarten entfernen, zusätzliche Prestigepunkte erstreiten, andere Mauern zerstören, eigene verschieben oder eben doch imaginäre Mauerstücke zu ergänzen. Interessant ist hierbei, dass beim Aufdecken der Aktionskarten (immer dann wenn eine Provinz komplett mit einer Mauer versehen wurde) ein Prioritätensystem zurate gezogen wird. Karten mit höherer Priorität werden vorgezogen; sollten indes Aktionskarten mit gleicher Priorität aufgedeckt werden – sie werden im Übrigen verdeckt gespielt – neutralisieren sie sich und werden ohne weitere Auswirkungen aus dem Spiel genommen.

Sobald eine Provinz dann fertig vermauert wurde, folgt sofort eine Wertung. Der oder die Spieler mit den meisten Mauern an dieser Provinz erhält die kompletten Prestigepunkte und vermerkt sie auf der entsprechenden Leiste. Außerdem wird eine Karte mit einem Kaiser auf die Provinz gelegt. Sind nun drei Provinzen von einem Kaiser regiert, wird der Spielplan um ein neues Feld erweitert. Im Spiel zu viert geschieht dies sogar gleich doppelt, wenn auch die sechste Provinz eingemauert wurde. Damit vergrößern sich nun auch wieder die Einzugsbereiche der Mauer und somit auch die Ablagestellen für neue Mauerstücke.

 

Ist der Mauerbau nun abgeschlossen, folgt als Letztes der Angriff der Mongolen. An jeder mongolischen Provinz werden die Mauern gezählt. Der Spieler mit dem jeweils größten Teil muss nun wieder Siegpunkte entsprechend dem dort ausliegenden Bedrohungsmarker zurückgeben, es sei denn er hat dort einen Turm platziert, der die Provinz auch weiterhin schützt. Wurden hier alle Provinzen gewertet und alle Abzüge vorgenommen, ist das Spiel endgültig zu Ende. Derjenige mit den meisten Siegpunkten hat gewonnen.

 

 

Spielspaß:

 

„Chang Cheng“ ist zunächst ein Mal ein sehr unspektakuläres Spiel, in dem sich einige bekannte Mechanismen vereinen und sich langsam aber sicher zu einem stimmigen, aber eben nicht wirklich herausragenden Spielkonzept entwickeln. Zumindest schleicht sich dieser Eindruck nach der ersten Partie ganz behäbig ein, da es an wirklich interessanten Elementen mangelt, die „Chang Cheng“ in irgendeiner Form außergewöhnlich machen würden.

Doch der Schein trügt ganz gewaltig, denn sobald man erst einmal die strategischen Finessen des Spiels durchschaut hat und vor allem auch gelernt hat, die letzte Spielphase stärker zu berücksichtigen, wird die Partie mit einem Mal richtig knifflig und auch auf einem ansprechenden Niveau taktisch.

Dies überrascht gerade vor dem Hintergrund, dass die Aktionsmöglichkeiten im Grunde genommen sehr überschaubar sind und man letztendlich nur auf eine Handvoll aktive Handlungsoptionen zurückgreifen kann. Daher ist „Chang Cheng“ auf der einen Seite sicherlich schlicht, andererseits aber auch ein wenig komplex, da es mit wachsender Spielzeit immer mehr zu berücksichtigen gilt, will man nicht plötzlich ins Hintertreffen geraten. Aus diesem Grund ist der frische Spieletitel aus dem Hause Tenki Games auch für gewiefte Strategen ziemlich interessant, da eine langfristige Planung bei „Chang Cheng“ das A und O ist und der Einfluss von Glück und Zufällen vergleichsweise gering ist.

Lediglich der Spielaufbau könnte noch eine kleine Spur ansprechender sein, erschwert unter anderem ja noch durch gewisse grafische Defizite. Den Spielspaß mindert dies aber eigentlich nur marginal, weil das aktive Spielgeschehen an sich überzeugt und die schlichte Idee in ein richtig gutes Spiel umwandelt – und nur darum geht es am Ende ja auch.

 

 

Fazit:

 

Es gab einige Bedenken, da „Chang Cheng“ rein äußerlich eher bodenständig und solide, aber keinesfalls fordernd oder auch begehrenswert erscheint. Diese Einstellung wird dann aber mit jeder weiteren Partie modifiziert und schließlich völlig revidiert. Womöglich ist das Spiel aus der Feder Walter Oberts’ sogar der bislang beste weil schlüssigste Titel des kleinen italienischen Verlags und vor allem wegen der guten Ausarbeitung und neuen Zusammenfügung bekannter Thematiken und Systematiken eindeutig empfehlenswert. Wichtig ist in diesem Zusammenhang allerdings ganz besonders, dass man sich nicht vom ersten Eindruck täuschen lässt. Der war nämlich auch an dieser Stelle eher bescheiden…

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 2024042613554737e04bbe
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Brettspiel:

Chang Cheng

Tenki Games / Huch & Friends

Autor: Walter Obert

Spielerzahl: 2 bis 4

Spieldauer: 45 - 60 Minuten

Mindestalter: ab 12 Jahre

ASIN: B0018D6JBC

Erhältlich bei: Amazon

Weitere Infos:

Inhalt:

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4 beidseitig bedruckte Spielpläne

1 Siegpunkttafel

24 Aktionskarten in 4 Farben

15 Prestigemarker

15 Bedrohungsmarker

56 einfache Mauern in 4 Farben

4 Doppelmauern in 4 Farben

4 Türme in 4 Farben

1 Chinakarte

3 Kaiserkarten

4 Punktesteine in 4 Farben

4 Ereigniskarten

1 Spielanleitung

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Erstellt: 08.07.2008, zuletzt aktualisiert: 16.02.2018 17:50, 6868