Filmkritik von Christel Scheja
Das Universum der britischen Kultserie „Doctor Who“ ist groß und hat schon mehreren Nebenserien wie „Torchwood“ und „The Sarah Jane Adventures“ Raum geboten. 2016 hat die BBC versucht eine weitere Saga neben den bestehenden zu etablieren.
Man wollte den Zeitgeist nicht außer Acht lassen und schuf deshalb eine Mischung aus Teenie-Drama und Sci-Fi-Abenteuer, die in den Episoden für ein ganz eigenes Ambiente sorgte. Derzeit läuft die Serie im deutschen Free-TV bei „One“ und wird nun auch bei Polyband erscheinen.
Sie alle sind auf der Coal Hill Academy und versuchen dort ihren Abschluss zu machen: Charlie tritt vornehm und zurückhaltend auf und scheint sich gelegentlich so überhaupt nicht in menschlichen Gepflogenheiten auszukennen. Ram ist in der Fußballmannschaft erfolgreich und eigentlich recht glücklich verliebt.
April mag zwar musikalisch-künstlerisch begabt sein und aus besserem Hause, aber eine familiäre Tragödie hat sie himmelweit in ihren Bestrebungen und Leistungen zurückgeworfen. Und dann ist da auch noch Tanya, die von allen nicht für ganz voll genommen wird, weil sie zwei Klassen übersprungen hat und eher am Rande ernst genommen wird. Zu den Lehrern gehört die eigenwillige Miss Quill, die meistens sehr ruppig in Erscheinung tritt.
Ausgerechnet in einer Krisensituation, als Außerirdische die Schule stürmen und mehrere Jugendliche töten, unter ihnen auch Rams Freundin, werden die fünf ungleichen Charaktere zu einem Team verschmolzen. Der Doctor selbst macht ihnen klar, dass nur sie in der Lage dazu sind, die Gefahren, die durch einen Spalt in Raum und Zeit in die Schule eindringen, aufhalten können und gibt auch der Ahnung Gewissheit, das Charlie und Miss Quill tatsächlich nicht ganz von dieser Welt sind.
Der außerirdische Prinz und seine Leibwächterin wider Willen sind die letzten Überlebenden ihrer Rassen und das Ziel dieser ersten Gegner. Aber der 'Schattenclan' ist nicht die einzige außerirdische Macht, die es auf die Erde abgesehen hat, sondern nur die Vorhut viel schlimmerer Gefahren.
„Class“ bekam die Schützenhilfe des Doctors in der ersten Folge, um eine Verbindung zu dem Kosmos zu finden, der in den weiteren Episoden eigentlich keine Rolle mehr spielt. Die Monster der Woche, mit denen sich Charlie, Miss Quill und Co herumschlagen müssen, sind allesamt neu erfunden und bisher bei „Doctor Who“ noch nicht in Erscheinung getreten, was auf der einen Seite zwar verständlich ist, auf der anderen Seite aber das Potential verschenkt, auch die Fans der Kultserie zu fesseln.
Sie versucht ihren eigenen Ton zu finden, was aber gerade in den ersten zwei oder drei Folgen nicht gelingt, weil die Handlung nicht so recht weiß, in welche Richtung sie pendeln darf und die schulischen wie liebestechnischen Befindlichkeiten von Charlie und Co. fast schon einen größeren Stellenwert haben als das phantasievolle Abenteuer.
Erst später kommt etwas Bewegung in die Serie, sie scheint so langsam einen roten Faden zu spinnen. Allerdings ist sie trotz des Themas Schule und Teenager nichts für Kids. Die Altersfreigabe ab 16 kommt nicht von ungefähr, so geht es doch zeitweise recht handfest und brutal zu, werden die Helden nicht sonderlich geschont, wenn es darum geht, anderer sterben zu sehen, oder selbst wichtige Körperteile zu verlieren. Die Atmosphäre ist derb und hart, oftmals auch kalt, was ebenfalls an den Figuren liegen mag.
Denn die Charaktere wirken wie Abziehbilder, vereinen all die Probleme, die man von den üblichen Teenager-Dramen her kennt in einer kleinen Gruppe und haben erst in den späteren Folgen, als es fast schon zu spät ist, die Möglichkeit, sich ein bisschen weiter zu entwickeln.
Es mag mutig sein, unter anderem ein offen homosexuell agierendes Männerpaar zu präsentieren, aber Dialoge und Taten der beiden wirken eher gewollt als gekonnt, wie auch so viele andere, wenn es um die Gefühlswelt der jungen Leute geht.
Auch die Mischung will nicht so recht miteinander harmonieren. Einerseits stehen die Abenteuer im Vordergrund, der Kampf gegen die Gefahren, die durch den Spalt auf die Erde vorstoßen, die Invasoren, die sich die Erde unter den Nagel reißen wollen. Auf der anderen Seite wird der Erzählfluss auch immer wieder durch unnötig langes Liebesgeflüster, Sexszenen und die Aufarbeitung von Traumata ins Stocken gebracht.
Alles in allem mag die Serie ihre spannenden Momente haben, gerade die letzten drei bis vier Episoden entwickeln auch so etwas wie Spannung, aber insgesamt erweist sich Class doch als herbe Enttäuschung, nicht nur für Fans von „Doctor Who“.
Bild und Ton sind auf der Höhe der Zeit, an Extras gibt es immerhin ein Making of, Outtakes und viele andere Kleinigkeiten, mit denen man sich einen Eindruck von der Intention und den Ideen für Class machen kann.
Fazit:
Class will viel unter einem Label vereinen, gelingen will davon aber so gut wie gar nichts. Es reicht nicht aus eine Gruppe von Teenagern, wie einst bei „Buffy“ auf Monster zu hetzen und sie dabei auch die üblichen Schul- und Liebesprobleme auswälzen zu lassen. Weil die Macher sich nicht so recht entscheiden können, ob Drama oder Abenteuer im Vordergrund stehen und eine viel zu alte Zielgruppe ansprechen, ist die Serie nichts Halbes und nichts Ganzes, schafft es auch nicht den abgedrehten Charme zu entwickeln, den etwa „Torchwood“ noch besaß.
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