Cthulhu Now – Verschlusssache
 
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Cthulhu Now – Verschlusssache

Rezension von Tanja Thome

 

Während das Rollenspiel „Cthulhu“ nach den Erzählungen von H. P. Lovecraft schon seit vielen Jahren Kultstatus und eine entsprechende Fangemeinde hat, ist „Cthulhu Now“ noch relativ jung. Nicht rund um die Jahrhundertwende vom neunzehnten zum zwanzigsten Jahrhundert, sondern in der Gegenwart, im Hier und Heute, spielt „Cthulhu Now“, wobei der Mythos um die Großen Alten derselbe geblieben ist. „Cthulhu Now“ ist ein Spiel voller Abgründe, konspirativer Elemente und grauenhafter Entdeckungen, die die Charaktere in den Wahnsinn treiben – über kurz oder lang.

„Verschlusssache“ ist ein Quellenband, der sich in erster Linie an Spieler richtet. In diesem Buch erfahren sie alles Wissenswerte über die Erschaffung von Ermittlercharakteren. Geboten werden eine alternative Form der Charaktererschaffung, eine Vielzahl an Beispielen für professionelle Ermittler jeder Couleur, spezielle Informationen über Ermittlungsarbeit beziehungsweise –themen in heutiger Zeit an sich und in Bezug auf Okkultes im Speziellen, detaillierte Informationen zu Ermittlungsausrüstung sowie abschließende Hinweise für Spielleiter und ein Soloabenteuer.

Die alternative Charaktererschaffung ist darauf ausgelegt, möglichst vielschichtige Charaktere zu erschaffen, die zugleich genügend „lose Enden“ bieten, die als Aufhänger für zu erzählende Geschichten dienen können. Aufgeteilt in unterschiedliche Lebenszeiten und –themen gibt es ein Unterkapitel „Vor der Geburt“, eines zur Geburt selbst, zu Kindheit und Jugend, zum Umfeld, besonderen Begabungen und Schwächen, Schulzeit, Sexualität und besondere Ereignisse. Neben einem Text zum jeweiligen Thema werden verschiedene Tabellen geboten, mit deren Hilfe man Ereignisse dann einfach auswürfeln kann. Welche Auswirkungen diese Ereignisse eventuell auf diverse Spielwerte haben, wird ebenfalls in den Tabellen aufgeführt. Die Texte hingegen informieren nicht nur allgemein über das jeweilige Thema, sondern bieten durchaus auch Fäden an, mit deren Hilfe man die einzelnen ausgewürfelten Ereignisse miteinander kombinieren kann. Nicht jeder Charakter wird durch die Nutzung der Tabellen zum „Freak“, doch man muss einräumen, dass die Möglichkeit dazu besteht. Die auszuwürfelnden Ereignisse sind insgesamt jedoch ganz unterschiedlicher Natur und reichen von einer während der Schwangerschaft viel rauchenden oder trinkenden Mutter, dem Gewitter in der Umgebung während des Entbindungsvorganges bis hin zu Behinderungen durch Contergan, zusammengewachsenen Fingern und dem Fehlen einer Hirnhälfte. Zum Glück gibt es allerdings auch ein breites Mittelfeld, und wer sich mit einem ausgewürfelten Ereignis so gar nicht anfreunden kann, kann natürlich auch noch einmal würfeln oder frei wählen, denn im Mittelpunkt steht nicht die Würfel- oder Regelfuchserei, sondern die Kreation eines vielschichtigen und zum Cthulhu-Mythos gut passenden Charakters.

Überraschungen bietet vor allem das Kapitel über die unterschiedlichen Ermittlertypen. Polizisten, Privatdetektive und Hobbyermittler kommen einem schnell in den Sinn, Geheimagenten und Rechtsmediziner, Anwälte und Kopfgeldjäger, ja, sogar Hacker, Gauner, unterschätzte Obdachlose und einige mehr finden sich jedoch ebenfalls in der Liste wieder. Sie alle werden nicht nur grob, sondern ziemlich ausführlich behandelt, sind mit Beispielcharakteren und Skizzen versehen, bei Bedarf sogar mit ausführlichen weiterführenden Informationen. Ein Polizist also; was darf es sein? Drogenfahndung, Polizei des Landes, Bundes oder eher aus amerikanischen Strukturen, vielleicht gar Militär? All diese Variationsmöglichkeiten wurden in „Verschlusssache“ berücksichtigt.

Wer bereits hinreichende Erfahrung im Ermittlungsgenre hat, aus welcher Quelle und/oder welchem Spiel auch immer, für den ist das Kapitel über Ermittlungsmethoden eher nicht so spannend. Umso begeisterter werden alle anderen auf dieses Kapitel reagieren und auch der Genrefreund sollte zumindest einen Blick riskieren, denn beschrieben sind die einzelnen Methoden – verschiedene Optionen für Überwachung, Abhören, Fahndung, Festnahme und Spurenauswertung – quasi für Dummies. Hier wird ganz genau erklärt, welche Gerätschaften und Mittel für welchen Zweck nötig oder sinnvoll sind, so dass man sich getrost auch an diesen Bereich von „Cthulhu Now“ wagen kann, wenn man sich selbst zuvor noch nicht mit der Materie beschäftigt hat. Tatsächlich ist dieses Kapitel mit gerade einmal sechs Seiten zwar knapp gehalten, jedoch um einiges informativer als manches, was man zum Thema in Regelwerken und Quellenbänden anderer Rollenspiele bei gleicher Relevanz so finden kann.

„Das große Spiel“ bietet vor allem zahlreiche Aufhänger für Geschichten und eine Menge atmosphärischen Hintergrundes. Hier kommt Konspiratives der Neuzeit voll auf seine Kosten. Wie werden Machtstrukturen und Meinungen manipuliert? Welche Rolle spielen die Medien, und welche kommt dem Web 2.0 zu? Ist das Internet heute eher nützlich oder schädlich? Wer interessiert sich eigentlich für einen kürzlich verschwundenen Blogger? Welche Macht hat der Glauben heute und in welcher Form? Wie bringt man Wirtschaftsunternehmen zu Fall? All das sind Fragen, denen sich dieses Kapitel widmet, und auch hier sind einige interessante Details für solche Spieler und Spielleiter verborgen.

Noch etwas weiter geht das Kapitel über Ermittlungen speziell im Mythos und Okkulten. Besonders interessant ist hier der Teil über das gedruckte Wissen, in dem beispielsweise die Bestände (natürlich als Zahl) der russischen Nationalbibliothek und der British Library aufgeführt werden. In welcher Form man diese Bibliotheken nutzen kann, wird ebenfalls erläutert. Bekannte Sammler und das Internet als Informationsquelle mitsamt Hacker- und Netzwerkinformationen ergänzen das Bild.

Zur aufgeführten Ermittlungsausrüstung gehören allgemeine Einbruchswerkzeuge ebenso Ausrüstung zu Überwachung, Spionage und sogar eher militärische Dinge wie Roboter, Drohnen sowie diverse Fahrzeuge und Fluggeräte. Auch hier punktet das Buch wieder durch besonders anschauliche Erklärungen, zudem enthält dieses Kapitel auch optionale Hackingregeln.

Bevor spezielle Spielleiterinformationen gegeben werden, die sich unter anderem mit der Erzeugung von Spannung, verschiedenen Abenteuerstrukturen und sehr hilfreichen Tipps (zum Beispiel die anstehende Recherche nicht allein von den Charakteren, sondern tatsächlich auch von den Spielern durchführen zu lassen) beschäftigen, wurde ein Soloabenteuer in das Buch eingefügt. Dieses ist leider mit Abstand das schwächste Glied in einer Reihe fabelhafter Kapitel und Buchanteile, denn obwohl hier und da etwas Spannung aufkommen kann, ist das zu „Erlebende“ natürlich sehr knapp und entsprechend eher stereotyp gehalten und je nach Auswahl aus den Möglichkeiten findet man sich des Öfteren am gleichen Punkt der Geschichte wieder.

 

Insgesamt ist „Verschlusssache“ ein ausgesprochen stimmungsvoller, detaillierter und sehr hilfreicher Band zu „Cthulhu Now“. Abgesehen von dem eher überflüssigen Soloabenteuer treffen die Inhalte in wirklich jedem Kapitel genau den richtigen Ton und bieten zahlreiche Tipps und Aufhänger für Spielrunden beziehungsweise zu erzählende Geschichten. Der Fokus liegt nur auf den ersten Blick auf dem mundanen Teil der Cthulhu-Spielwelt, dazwischen verbergen sich unheimlich viele Ansätze zur Integration des Okkulten in die Ermittlungsarbeit. Auch wenn es als Spielerhandbuch für Ermittler untertitelt ist, sollten Spielleiter ebenfalls nicht an diesem Buch vorbei gehen. Ein wirklich tolles, informatives und zugleich spannend zu lesendes Buch!

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 2024041821515855026317
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Verschlusssache

Reihe: Cthulhu Now-Quellenband

Umfang: 140 Seiten

Erschienen: Februar 2009

ISBN-10: 393979466X

ISBN-13: 978-3939794660

Erhältlich bei: Amazon

 


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Erstellt: 28.11.2009, zuletzt aktualisiert: 26.01.2015 04:46, 9655