Das Schaf im Wolfspelz (Sleeper Bd.1)
 
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Das Schaf im Wolfspelz

Reihe: Sleeper Bd.1

Rezension von Olaf Kieser

 

Holden Carver ist ein aufstrebender Agent in der Geheimorganisation des mysteriösen Tao. Er- folgreich führt Holden seine Aufträge aus. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich dabei um Terror- anschläge, Waffenhandel, Mord oder die Beschaffung von Daten aus dem Computersystemen handelt. Dabei ist es von großem Nutzen, dass Holden, seit ein außerirdisches Artefakt mit ihm verschmolz, über Kräfte verfügt, die nicht ganz von dieser Welt sind.Seine Erfolge lassen ihn die Karriereleiter rasch erklimmen und in den engsten Kreis von Taos Vertrauten gelangen.

Holden Carver ist aber auch ein Undercoveragent des Geheimdienstes Intnernational Operations

( I. O. ). John Lynch, der mit allen Wasserns gewaschene Leiter von I. O., hatte Holden vor Jahren rekrutiert, um ihn als Agenten in Taos Organisation einzuschleusen. Lynch liegt jedoch als Folge eines Mordanschlages im Koma. Somit ist Holdens Weg zurück in sein echtes Leben verbaut. Nur Lynch weiß von der Undercoveroperation. Für alle anderen ist Holden ein Verräter. Um seine Tarnung nicht zu gefährden und sein Überleben zu sichern, ist Holden gezwungen, immer wieder gegen moralische Werte zu verstoßen.

 

In Sleeper erzählt Ed Brubaker die Geschichte weiter, die in Point Blank begonnen wurde. Die Aufmerksamkeit ist nun ganz auf Holden Carver gerichtet, der in dem Vorgänger nur eine kleine Nebenrolle spielte. Legte Brubaker mit Point Blank die Latte schon sehr hoch, so übertrifft er diese Marke mit Sleeper mühelos. Bei Sleeper handelt es sich nicht um eine bloße Fortsetzung. Es ist ein eigenständiges Werk, zu dessen Verständnis man Point Blank nicht kennen muss. Schaden kann es aber natürlich nicht. Brubaker hat mit seinem Partner Sean Phillips, der für die zeichnerische Umsetzung verantwortlich ist, eine äußerst packende Mischung aus Spionage- und Noir - Thriller in einer Superheldenwelt geschaffen. In den Schatten des Wildstorm-Universums, dass schon immer düsterer und irgendwie glaubwürdiger war als andere Superhelden-Welten, tobt ein ganz eigener „War on Terror“.

 

Holden Carver ist die Hauptfigur. Neben purer Selbsterhaltung rechtfertigt er sein Tun damit, dass es ja gegen andere Kriminelle und Typen geht, die den Tod verdient haben. Es gelingt ihm jedoch nicht, die Motive von Tao zu durchschauen.

Komplizierend wirkt sich auch die Tatsache aus, dass das Leben auf der falschen Seite des Gesetzes durchaus normale, ja beinahe menschliche Momente hat. So findet Holden in Genocide einen Freund, mit dem er in einer Bar für Schurken ein paar Bier trinkt oder Pool spielt. Hier gelingt Brubaker ein kluger und witziger Gegenentwurf zu der Welt der Superhelden. Im Wildstorm-Universum haben diese nicht nur ihre Geheimbasen sondern gehen auch in spezielle Bars und Clubs. Warum sollen die Schurken nicht auch Freizeit haben und diese z.B. in einer Bar verbringen? So bekommt die andere Seite ein Gesicht. Neben seinem Kumpel Genocide erlangt Taos rechte Hand, Ms Misery, zunehmend Bedeutung in Holdens (Privat-)Leben. Er beginnt eine Beziehung mit ihr. Ihr Name kommt nicht von ungefähr. Bei ihr handelt es sich um ein wirklich böses Mädchen.

Es gelingt Brubaker, Figuren zu schaffen, die nicht eindimensional böse sind. Brubaker lässt seine Figuren an einigen Stellen ihre Origin-Story erzählen oder greift auf Rückblenden zurück. Besonders in den Origin-Storys erfährt man knapp, wie die jeweilige Figur zu dem geworden ist, der sie ist.

 

Ed Brubaker zur Zeit einer der angesagtesten Autorn in der amerikanischen Comic-Szene. Er begann im Independent-Bereich mit der Serie Lowlife . Die großen Verlage wurden auf ihn aufmerksam und er durfte Serien wie Gotham Central (DC), Captain America, Daredevil und

X-Men (alle Marvel) schreiben. Daneben findet er auch ein wenig Zeit für sein eigenes Projekt, die Serie Criminal. Doch Sleeper, den er für Wildstorm schrieb, ist sein bisheriges Meisterwerk.

Ein durchgehendes Thema in Brubakers Storys sind die Schatten der Vergangenheit, die die Protagonisten heimsuchen. Außerdem hat er eine Vorliebe für Noir-Geschichten. So bedient Sleeper zwar das Genre des Superhelden-Comics, hebelt es aber gleichzeitig aus. Daneben kann man in der Figur des Holden Carver auch einen glaubwürdigen Gegenentwurf zu den Super-Agenten wie James Bond sehen. Klar, es gibt die ganzen Gimicks. Doch Holden reflektiert sein tun und erkennt, dass es wohl Schaden an seiner Seele nimmt. Er ist kein Verführer sondern ein Profi der Spionage.

 

Sean Phillips ist der Mann, der Brubakers Ideen zeichnerisch umsetzt. Zunächst könnte man etwas enttäuscht sein, wenn man die Zeichnungen sieht. Vergleicht man die Zeichnungen von Phillips mit Top-Zeichnern wie Jim Lee, Brian Hitch oder dem viel zu früh verstorbenen Michael Turner, erscheinen sie zunächst ein wenig grobschlächtig. Dieser Eindruck hält aber nicht lange vor, denn Phillips schafft es den Figuren Leben einzuhauchen, indem er den Figuren ausdrucksstarke Mimik verleiht. Die Zeichnungen sind außerdem oft detailreich. Phillips schafft eine der Geschichte angemessene düstere Atmosphäre.

Sean Phillips ist ein britischer Zeichner, der Jdge Dredd zeichnete. Bei DC zeichnete er Hellblazer.

In Deutschland dürfte er besonders durch seine Arbeit für Marvel Zombies bekannt geworden sein. Für Wildstorm zeichnete er einen großen Teil der zweiten Wildcats Serie. Phillips arbeitet erneut mit Brubaker an dessen Serie Criminal zusammen.

 

Pro Jahr erscheinen hunderte Comics. Sleeper ist einer der wenigen, die man gelesen haben muss!

Was Brubaker und Phillips hier geschaffen haben ist nichts weniger als ein Meisterwerk. Man darf also mit Recht gespannt auf den zweiten Band sein. Immerhin weiß man noch recht wenig über Taos wahre Ziele. Auch stehen noch ein paar interessante Origin-Storys aus. Die Deutsche Ausgabe erscheint mit einem Hardcover. Sie macht sich gut im Regal. Cross Cult hat außerdem noch ein wenig Material über Brubaker eingefügt. Die Übersetzung ist gelungen und dicht an dem Original.

Bei so viel Licht muss es doch auch viel Schatten geben! Nicht in diesem Fall. Es gibt lediglich zwei Dinge, die man kritisch anmerken muss. Zunächst ist nicht ganz verständlich, warum die deutsche Ausgabe in einem DIN-A5 Format erscheint. Sie ist damit kleiner als die US-Hefte. Außerdem ist die Übersetzung des Titels ( „Out In The Cold“ wird zu „Das Schaf im Wolfspelz“) scheint doch etwas frei. Aber dies sind nur Kleinigkeiten und sie können den positiven Gesamteindruck nicht schmälern.

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 202404270503574747f6e1
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Das Schaf im Wolfspelz

Reihe: Sleeper Bd.1

Originaltitel: Sleeper: Out In The Cold

Autor: Ed Brubaker

Zeichner: Sean Phillips

Übersetzung: Maria Morlock

Format: Gebundene Ausgabe

Seitenzahl: 140 Seiten

Verlag: Cross Cult

Erscheinungsdatum: Juli 2008

Erscheinungsdatum des Originals: 2003

ISBN: 978-3-936480-71-9

Empfohlenes Lesealter: 16 +

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 22.09.2008, zuletzt aktualisiert: 28.12.2022 16:07, 7385