Der Flug der Nachtfalken von Raymond Feist

Reihe: Die Erben von Midkemia, Bd. 4

Rezension von Christel Scheja

 

Ähnlich wie die „Shannara-Saga“ prägen auch die „Midkemia“-Romane von Raymond Feist die deutsche Fantasy seit den 80ger Jahren des letzten Jahrhunderts. Waren die ersten Bücher zunächst nur dazu gedacht, den Hintergrund eines Rollenspiels lebendiger zu machen, so hat sich diese Absicht verselbstständigt.

 

„Die Erben von Midkemia“ setzt etwa 100 Jahre nach den Ereignissen des Spaltkrieges mit Kelewan an. Die Helden von damals sind schon lange tot und zu Legenden geworden, nur Pug und Tomas leben noch.

Der Magier bezieht seine längere Lebensspanne aus verschiedenen magischen Mitteln, der andere ist durch das Blut der Valheru so unsterblich wie ein Elb. Man weiß zwar noch um ihre Taten, aber als Helden werden die beiden dennoch nicht geachtet. Tomas lebt zurückgezogen bei seiner elbischen Familie, während Pug sich mehrfach gegen die Wünsche der königlichen Familie gestellt hat und so zu einer Persona-non-grata wurde.

Das hält ihn aber nicht davon ab, weiter über die Menschen Midkemias zu wachen. Zusammen mit guten Freunden und seiner zweiten Familie hat er sich zwar an einen ruhigen und geschützten Ort zurückgezogen, bleibt aber Veränderungen und düsteren Entwicklungen gegenüber trotzdem aufmerksam. Zusammen mit seinen Söhnen Caleb und Magnus jagt er schon seit längerem den Renegaten Leso Varen und seine Nachtgreifer.

Eine neue Spur führt nach Kesh, in dem der greise Kaiser sich unnatürlich lange an seinen Thron klammert und keinen Nachfolger bestimmen will. Caleb findet sehr schnell heraus, dass der abtrünnige Magier Varen ganz offensichtlich daran arbeitet, das Herrscherhaus zu stürzen, sein Bruder und sein Vater müssen hingegen feststellen, dass die fremdartigen Talnoy allein durch ihre Anwesenheit die Öffnung eines neuen Spalts ermöglichen, durch den die grausamen Dasati wieder nach Midkemia vorstoßen könnten. Ein neuer Krieg droht am Horizont, den sie vermutlich nicht einmal verhindern, sondern nur aufhalten können.

Von diesen Gefahren ahnen Tad und Zane noch nichts, die Caleb aus Liebe zu deren Mutter in seine Obhut nimmt. Für die beiden Jungen ist die Ausbildung in Pugs Enklave, die vielen neuen Leute und die Reise, die ihr Ziehvater mit ihnen unternimmt noch nicht mehr als ein großes Abenteuer. Sie ahnen nicht, das alles der Vorbereitung für die großen Aufgaben dient, denen sie sich schon in ein paar Jahren stellen müssen.

 

Zwar steht „Der Flug der Nachtfalken“ in Verbindung zu den früheren Romanen der Serie, ein Einstieg ist aber problemlos möglich, da mit diesem Buch junge Helden eingeführt werden und eine neue Geschichte beginnt, die „Darkwar“-Saga. Informationen zu früheren Ereignissen, die wichtig sind, werden geschickt in die laufende Handlung eingeflochten, ohne dass der Autor zu weit ausholt.

Gewohnt routiniert schildert Raymond Feist die Erlebnisse seiner alten und jungen Helden vor einem farbenprächtigen Hintergrund. Ihre Abenteuer sind von Anfang bis Ende spannend erzählt und fügen sich am Ende zu einem sauberen Bild zusammen. Allerdings sollte man nicht unbedingt große Überraschungen oder zu viel Tiefgang erwarten.

Zwar haben Pug und einige andere durch ihre lange Vorgeschichte schon einen etwas vielschichtigeren und ausgefeilteren Charakter, aber alles in allem bleiben auch sie sehr oberflächlich, und nach ungewöhnlichen Wendungen kann man vergeblich suchen.

 

Das macht „Der Flug der Nachtfalken“ trotzdem nicht zu einem schlechten Roman, denn er bietet genau das, was er soll – spannende Unterhaltung in der Tradition moderner Abenteuerfilme.