Der Herr der Dunkelheit (Autorin: Jaqueline Carey; Elegie an die Nacht, Bd. 1)
 
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Der Herr der Dunkelheit von Jaqueline Carey

Reihe: Elegie an die Nacht, Bd. 1

Rezension von Christel Scheja

 

Die 1964 geborene, heute in West Michigan lebende Autorin Jacqueline Carey ist international durch ihre „Kushiel“-Trilogie bekannt geworden, in der sie eine Fantasy-Welt erschuf, in der Erotik vor historisch inspirierter Kulisse eine nicht unwesentliche Rolle spielt. Interessanterweise hat sie sich in ihrer Duologie „Elegie der Nacht“ einem ganz anderen Thema und Stil zugewandt.

 

Sieben Götter kümmern sich um das Leben auf der Welt Urulat, als der Schöpfergott Uru-alat vergeht. Sie sind dazu ausersehen, sein Vermächtnis zu erfüllen und bringen nicht nur Pflanzen und Tiere, sondern auch intelligente Wesen hervor.

Die Menschen, Ellylon, Fjelltrolle, Wehre und Zwerge bevölkern von nun an die Länder und Kontinente der Welt und leben in relativer Harmonie miteinander, denn mit ihren unterschiedlichen Gaben ergänzen sie einander. Dann aber bringt ausgerechnet Satoris, der Drittgeborene der Schöpfer, Unfrieden hervor. Indem er den Menschen die Sterblichkeit bringt, ermöglicht er ihnen schneller zu reifen und zu wachsen, zu streben und zu formen, was nicht nur seine Brüder und Schwestern unruhig macht.

Zwischen den Göttern gibt es Streit – und der Krieg weitet sich bis nach Urulat aus und spaltet die Geschöpfe in zwei Lager. Schließlich wird Satoris besiegt und in die Verbannung geschickt. Ihm folgen die Völker, die sich auf seine Seite gestellt haben und gelten von nun an als böse.

Schwer verletzt verbarrikadiert er sich in der Festung Finsterflucht über der Quelle der Feuermark, denn er ist im Besitz der einzigen Waffe, die er und die anderen Schöpfer fürchten müssen – des Schwertes „Gottestöter“.

Er leckt seine Wunden, die nicht heilen wollen und sinnt auf Gerechtigkeit, was seine Brüder und Schwestern als Rachegedanken ausgelegen. Deshalb bleiben sie weiterhin wachsam und beäugen misstrauisch und argwöhnisch, dass er mit Hilfe des menschlichen Königsmörders und Heerführers Tanaros ein mächtiges Heer von Fjelltrollen aufstellt und plant, sich mit einer mächtigen Zauberin zu verbünden, die ebenfalls dem Bösen anhängt und gegen die sechs anderen Schöpfer arbeitet

Deshalb bereiten auch sie über viele Jahrhunderte einen Gegenschlag vor. Da ihre Geschöpfe längst die Wahrheit vergessen haben und sich um die mythische Vorzeit nur Gerüchte und Legenden ranken, kommt die alte Prophezeiung gerade recht, dass wenn ein roter Stern über Urulat aufgeht und in der Wüste ein Kind mit einem Schicksalsmal auf der Hand geboren wird, die Zeit gekommen sei, Satoris Fluchbringer ein für alle Mal zu vernichten.

Dazu ist auch ein mit einer Hochzeit besiegeltes Bündnis zwischen Menschen und Ellylon von Nöten. Doch auch der Feind schläft nicht. Tanaros und seine Mannen sind überraschend zur Stelle, als eine junge Frau aus dem unsterblichen Volk zu ihrem Bräutigam gebracht werden soll, und der Diener des Bösen zeigt sein wahres Gesicht.

 

Man kommt nicht darum herum, „Elegie an die Nacht“ mit dem „Herrn der Ringe“ zu vergleichen. Auch hier gibt es den Gott, der aus der Gemeinschaft ausschert und seinen eigenen Weg geht, aber gerade durch diesen Antagonismus die Entwicklung der Welt in Gang bricht. Die Ellylon kann man leicht als Elben wieder erkennen, Fjelltrolle nehmen die Stelle der Orks ein. Auch hier erinnert man sich nur noch in Sagen der vergangenen Zeitalter und den epischen Schlachten, die dort geschlagen wurden.

Anders als im „Herrn der Ringe“ besitzen Satoris und seine Getreuen aber auch eine Geschichte und Gefühle. Sie sind nicht abgrundtief böse, denn ihr persönlicher Hintergrund macht deutlich, dass sie Gründe für ihre Taten hatten und manches von dem bedauern, was sie danach getan haben. Hier treten menschliche Leidenschaften wie Eifersucht und Eigensinn zu Tage. Fjelltrolle mögen zwar hässlich sein, aber sie sind im Grunde ihres Wesens herzensgut, manchmal auch ein wenig verspielt und künstlerisch veranlagt, wie derjenige Troll, der seinem Herrn eine selbstgeschnitzte Quellnymphe schenkt.

Auf der anderen Seite erweisen sich die „Guten“ nicht unbedingt als so strahlend und schillernd wie man im ersten Moment denkt. Die Götter verfolgen knallharte Machtinteressen und scheuen sich nicht, Hunderte und Tausende ihrer Gefolgsleute in den Tod zu schicken, die Herrscher der Menschen und Ellylon tun es ihnen gleich. So muss die Hohe Frau Cerelinde, die den mächtigsten König der Menschen heiraten soll, feststellen, dass Heerführer Tanaros, der nach der Legende seine Frau und seinen Herrscher aus Machtgier erschlagen haben soll, weitaus warmherziger, fürsorglicher und aufmerksamer ist als ihr zukünftiger Gemahl.

So verschwimmen die Grenzen zwischen „Gut“ und „Böse“, so dass man am Ende gar nicht mehr weiß, wenn man eigentlich mögen oder hassen soll. Zwar deutet alles darauf hin, das der zweite Roman in einer Tragödie enden wird, aber noch lässt sich die Autorin alle Möglichkeiten offen. Trotzdem bleibt die Charakterisierung der Helden eher oberflächlich, sie weiter auszuarbeiten erlaubt die episch breit gefächerte Handlung nicht. Immerhin benutzt sie auch einen eher nüchternen und beschreibenden Stil und verzichtet auf die ausschweifenden bis schwülstigen Beschreibungen wie in den „Kushiel“-Romanen.

 

„Der Herr der Dunkelheit“ , der erste Teil der „Elegie an die Nacht“ ist damit für alle Freunde der epischen High-Fantasy interessant, die Geschichten vom welterschütternden Kampf des Guten gegen das Böse in einer ungewohnteren Variation lesen wollen, die es aber auch nicht stört, dass sich Jacqueline Carey eifrig der Archetypen und Handlungsmuster von Tolkien bedient.

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 202404261138007a4a0a3e
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Buch:

Der Herr der Dunkelheit

Reihe: Elegie an die Nacht, Bd. 1

Autorin: Jaqueline Carey

Lyx, Februar 2008

Taschenbuch, 576 Seiten

Übersetzer: Wolfgang Thon

Titelbild: Anke Koopmann

Karte: Erhard Ringer

 

ISBN-10: 3802582187

ISBN-13: 978-3802582189

 

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 10.04.2009, zuletzt aktualisiert: 24.04.2024 09:01, 8540