Die 1966 in Ohio geborene amerikanische Autorin Ann Leckie hat bereits einige Science-Fiction-Romane veröffentlicht, die auch Auszeichnungen erhielten. Mit Der Rabengott, wagt sie sich erstmals auch in den Bereich der Fantasy.
»Der Rabe« residiert in einem Turm hoch über der Hauptstadt des Reiches Iraden. Seit vielen Jahrhunderten beschützt der Gott die Menschen. Doch nun ist guter Rat teuer, denn als das Gefäß des Gottes stirbt, opfert der amtierende Statthalter nicht sein Leben wie traditionell vorgegeben.
Statt dessen verschwindet er und sein Bruder reißt die Macht an sich. Das ruft den Sohn des Verschwundenen auf den Plan und Marwad kehrt heim, um herauszufinden, was geschehen ist und seinen rechtmäßigen Platz einzunehmen.
Die Geschichte klingt simpel, ist aber alles andere als das, denn auch wenn Marwad und seine Gefolgsleute als Aufhänger dienen, ist die Hauptfigur doch eine ganz andere … ein Gott, den schon lange niemand mehr auf den Plan hat und der auf ganz eigene Weise miterlebt, was eigentlich hinter den Kulissen vor sich geht.
Das Intrigenspiel, in das sich der junge Erbe verstrickt wird da schnell zur Nebensache, denn der Gott, der sich eigentlich als schweigsam betrachtet, ist eher das Gegenteil und berichtet geschwätzig über die Vorgeschichte – wie es eigentlich dazu gekommen ist, dass die Menschen den Rabengott anbeten und welche Wesenheiten jenseits aller Vorstellung der Sterblichen im Hintergrund noch die Fäden ziehen.
Das ganze wird in einer ruhigen, erstaunlich unspektakulären Erzählweise präsentiert, die allerdings nicht die Sache eines jeden Lesers sein könnte. Denn neben der Ich-Perspektive des erzählenden Gottes kommt auch noch die irritierende „Du“-Form ins Spiel. Das stockt denn Lesefluss, wenn die Sichtweise unvermittelt auf die eines jungen Gefolgsmanns des Statthaltersohns wechselt.
Alles in allem mag vielleicht nicht viel passieren, das Buch fällt allerdings nicht nur durch seinen ungewohnten Stil auf, sondern auch die Perspektive, die eine ganz neue Sicht auf die Dinge eröffnet und durch die Selbstreflexion des Gottes auch immer wieder ins Philosophische abgleitet und gelegentlich auch einmal mit einem Augenzwinkern daher kommt.