Die blaue Dahlie (DVD)
 
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Die blaue Dahlie

Filmkritik von Christel Scheja

 

Rezension:

 

Was zeichnet den „Film Noir“ gegenüber anderen Krimis der vierziger Jahre eigentlich aus? Ist es die Tatsache, dass es wie in den oft zu Grunde liegenden Romanen, nicht immer zu einem Happy End kommt oder am Ende alle rundum glücklich sind? Oder dass die Charaktere erstmals nicht mehr eine ganz reine Weste haben und für Gerechtigkeit und Moral stehen? Die Antwort dürfte so unterschiedlich sein wie die Filme, die zu diesem Genre gezählt werden.

Sicher ist nur, dass sie den Kriminalfilm revolutionierten und erstmals auch Themen ansprachen, die in der Gesellschaft unter den Teppich gekehrt wurden, dass nicht immer die Gerechtigkeit siegte, und am Ende die Helden vollkommen glücklich wurden.

Der „Film Noir“ schuf auch formal eine neue Atmosphäre. Wurden Sets zuvor deutlich ausgeleuchtet, so setzte man das Spiel der Schatten und Grautöne ab jetzt sehr bewusst ein, um bestimmte Zeichen zu setzen.

 

„Die Blaue Dahlie“ gehört zu den großen Klassikern des Genres. Das liegt vermutlich daran, dass kein geringerer als Raymond Chandler - der bekannteste Autor von Romanen der „Schwarzen Serie“, das Drehbuch anhand eines unvollendeten Entwurfes für ein Buch verfasste. Der Film gehört zu den vielen, die im Jahr 1946 die Heimkehr der Kriegsveteranen thematisierten, hob sich aber von der Masse ab, weil die Soldaten, die hier zurück kehrten von ihren Erlebnissen gezeichnet waren.

John Morrison ist einer der Männer, die zum Ende des Krieges in Europa heimkehren dürfen. Zusammen mit seinen Kameraden erreicht er Los Angeles und man verspricht in Kontakt zu bleiben, denn anders als die Freunde hat er Familie.

Doch die Rückkehr in das gemeinsame Heim in einem Bungalow Park ist mehr als ernüchternd. Sein Sohn ist verstorben und seine Frau Helen hat sich aus Schuldgefühlen darüber dem Suff ergeben und ist in die Halbwelt abgerutscht. John verlässt sie nach einem heftigen Streit und sucht Trost. Den findet er bei einer geheimnisvollen Frau, die sich die Zeit nimmt, mit ihm zu reden.

Doch am nächsten Morgen muss er erfahren, dass seine Frau tot im Bungalow aufgefunden wurde und er als Hauptverdächtiger gilt. Der ehemalige Soldat ist jedoch nicht bereit, sich der Polizei zu stellen und seine Aussage zu machen, da er kein niet und nagelfestes Alibi hat, denn er kennt nur den Vornamen der Frau - Joyce. Er versucht lieber auf eigene Faust heraus zu finden, wer seine Frau umgebracht haben könnte. Bei seinen Ermittlungen findet er nicht nur heraus, dass die geheimnisvolle Schöne die Exfrau des Barbesitzers ist, mit dem Helen immer wieder zu tun hatte, sonder auch, dass Buzz, einer seiner Kameraden ebenfalls der Mörder sein könnte. Und er weiß auch, warum.

 

Schon die ersten Szenen machen deutlich, dass in diesen Filmen ein anderer Wind weht als in anderen. Man merkt bereits in der Barszene recht deutlich, dass alle drei Männer von ihren Kriegserlebnissen gezeichnet sind, nur nicht unbedingt so offensichtlich wie Buss, der nach einer Verwundung eine Metallplatte im Schädel hat und laute Musik nicht vertragen kann, da sie ihn halb wahnsinnig machen und schwere Traumata herauf beschwören. Das dürfte man in kaum einem anderen Film dieses Jahres gesehen haben.

Selbst der sonst beherrschte John Morrison lässt hin und wieder seine Maske fallen. Vor allem gegenüber seiner Frau, die die Zeit seiner Abwesenheit und der Tod des gemeinsamen Sohnes zerbrochen hat. Auch das ist selten - einen Heimkehrer vor den Trümmern seines früheren Lebens stehen zu lassen, dürfte auch kaum ein Film zum Thema seiner Geschichte gemacht zu haben

Ein Licht in den Schatten scheint nur die geheimnisvolle Joyce zu sein, die einerseits sehr einfühlsam zuhören und ihm kluge Ratschläge geben kann, auf der anderen Seite sehr selbstbewusst ist und genau weiß, was sie will. Sie unterstützt ihn dabei, heraus zu finden, wer seine Frau umgebracht hat, ohne zu ahnen, wie sehr sie selbst in den Fall verwickelt ist. Und kann John ihr wirklich trauen?

Chandler ist in den Dialogen und der Zeichnung der Charaktere zu finden, und auch wenn die Produktion am Ende Zugeständnisse an die Wünsche der Streitkräfte machen musste, hat das dem Film nicht geschadet, sondern einige Aussagen nur verstärkt.

Man findet hier viele der Elemente des Film Noir wieder: So gut wie jeder in diesem Film hat etwas zu verbergen, ist damit erpressbar - und versucht sich nun so gut wie möglich aus der Äffäre zu winden, wie es geht. Selbst die Polizei, Vertreter von Gesetz und Moral, in diesem Film hat Vertreter, die alles andere als sauber sind. Je mehr der Film voran schreitet, desto misstrauischer werden die Personen gegeneinander, was schließlich in einer folgenschweren Konfrontation gipfelt.

„Die Blaue Dahlie“ ist ein erschreckend nüchterner und düsterer Film, der zwar für den Helden und seine neue Liebe relativ gut ausgeht, aber dafür einige der wichtigeren Nebenfiguren in ihrem Dilemma zurück lässt.

Das Tempo des über sechzig Jahre alten Filmes ist ganz anders, als man es heute gewohnt ist. Handgreifliche Konflikte gibt es nur sehr wenig, sie laufen meist über die ausgefeilten und sehr langen Dialoge ab. Deshalb sollte man sich schon auf den viel gemächlicheren Ablauf der Geschichte einstellen und Geduld mitbringen.

Auch wenn die DVD nur wenige Extras hat, so bietet doch gerade das ausführliche Essay im Booklet interessante Informationen zur Entstehung des Films, über die Schauspieler und den Autor, der hier eines seiner eher seltenen Drehbücher verfasste. Koch Media hat in der Aufbereitung des Films gute Arbeit geleistet, es bleibt allerdings ein Rätsel, warum es nur englische und keine deutschen Untertitel gibt.

 

 

Fazit:

 

Wer endlich einmal wissen möchte, was eigentlich der „Film Noir“ ist, und wodurch er sich auszeichnet ist mit der „Film-Noir-Collection“ gut beraten. Schon „Die Blaue Dalie“ zeigt, worauf es ankommt - auch wenn man sich bewusst sein muss, das die Präsentation der Geschichte anders ist als man sie heute kennt. Sie fordert Geduld, Aufmerksamkeit und den Willen mitzudenken.

 

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Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240427071550f6b1a395
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DVD:

Die blaue Dahlie

Film Noir Collection DVD 1

The Blue Dahlia, USA, 1946

Film Noir Krimi-Klassiker

Regie: George Marshall

Drehbuch: Raymond Chandler

Musik: Robert Emmett Dolan, Harry Simeone, Bernie Wayne, Victor Young

Bildformat: 1,37:1 (4:3)

Synchro: Deutsch (Dolby Digital 2.0), Englisch (Dolby Digital 2.0), Untertitel: Englisch

Spieldauer: 85 min, 1 DVD

Extras: Originaltrailer

FSK: 16

Koch Media, 9. Mai 2008

 

ASIN: B0015TZTUQ

 

Erhältlich bei: Amazon

 

Darsteller:

Alan Ladd

Veronika Lake

William Bendix

Howard da Silva

Doris Dowling


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Erstellt: 22.05.2008, zuletzt aktualisiert: 01.07.2023 17:33, 6550