Die Chroniken von Centrum
 
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Die Chroniken von Centrum

Rezension von Christian Endres

 

Das Europa der nicht allzu fernen Zukunft hat vor allem ein Problem: Überbevölkerung. Doch auch dagegen hat Vater Staat in der Zukunft zwischen Nano-Medizin und Digi-Strips Abhilfe geschaffen und schickt Tag für Tag seine legitimierten, lizenzierten Killer – so genannte ›Kontrolleure‹ bzw. ›Frettchen‹ – mit Hightech-Ausrüstung und Spezial-Ausbildung los, um die zuvor per Computer und Zufallsprinzip ausgelosten Unglücklichen zu eliminieren, damit man so das Überbevölkerungsproblem der Zwei-Milliarden-Stadt Centrum halbwegs zu regulieren vermag. Als das überaus fähige und erfolgreiche ›Frettchen‹ Juan jedoch einer Verschwörung hinter dem vermeintlichen Zufallsprinzip auf die Schliche kommt und einige Nachforschungen anstellt, sieht er selbst sich rasch auf der Abschussliste der behördlichen Kopfgeldjäger...

 

Klingt konventionell? Ist es auch. Was ja so per se gar nichts schlechtes sein muss, zumal der französische SF-Bestseller-Autor Jean-Pierre Andrevon (zwei seiner Romane sind Ende der Achtziger, Anfang der Neunziger sogar bei Bastei auf Deutsch erschienen) durchaus einiges an Erfahrung und Routine hat, wenn es um Zukunftsszenarien geht. Und tatsächlich: Die ersten beiden Kapitel macht das vertraute Setting, das stark an Blade Runner und Konsorten erinnert, einen sehr guten und gelungenen Eindruck und auch ohne größere konzeptionelle Innovationen viel Spaß.

 

Was freilich primär an Afif Khaleds Artwork liegt, der ein paar wunderschön dreckige Zukunftsimpressionen der europäischen Mega-Metropole schafft. Auch der Besuch im Cyber-Zoo wird zum rauschenden Grafik-Fest, wozu natürlich auch das großzügige Albenformat beiträgt. Zwischen 2004 und 2007 im Original in drei Alben erschienen, präsentiert Ehapa die SF-Geschichte im neumodischen Look im neuen All In One-Format außerdem am Stück und in einem Rutsch – als großformatiger, klotziger, schön aufgemachter und geletterter Hardcover-Band mit 144 Seiten, der richtig gut in der Hand liegt.

 

Blade Runner en français titelt die Verlagshomepage, und zumindest von der Stimmung her liegt man damit gar nicht so weit daneben. Schade nur, dass Andrevons Story im letzten Original-Album/Kapitel gegen ihre eigene Motivation zu kämpfen hat und Andrevon etwas zu aufdringlich versucht, auf Biegen und Brechen mit Philip K. Dick zu konkurrieren – und er überdies das anfänglich noch charmant annektierte Noir-Thema bis zum Verderben ausreizt und auch noch eine moralische Botschaft in Richtung Umweltverschmutzung unterbringen möchte. Das wird dem atmosphärisch wie visuell großartigen Aufbau in den ersten zwei Teilen keineswegs gerecht und trübt den Gesamteindruck doch etwas.

 

Optisch mit einiger Durchschlagskraft und dem modernen Animationsfilm schon sehr nahe, gibt es dann aber trotzdem nur an der etwas zu lakonischen »Auflösung« rumzumäkeln, während Atwork, Stimmung und Präsentation von Die Chroniken von Centrum durchaus gefallen.

 

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 2024101314431462f9ec41
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Comic:

Die Chroniken von Centrum

Reihe: all in one

Autor: Jean-Pierre Andrevon

Zeichner: Afif Khaled

Ehapa, November 2008

Hardcover, 144 Seiten

ISBN: 3770432541

Erhältlich bei Amazon


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Erstellt: 14.11.2008, zuletzt aktualisiert: 21.09.2024 17:02, 7733