Die Flammende von Kristin Cashore
Hörbuch
Rezension von Christel Scheja
Mit ihrem romantischen Fantasy-Roman „Die Beschenkte“ gewann Kristin Cashore vor allem junge Leserinnen für sich, weil sie eine selbstbewusste aber doch verletzlich weibliche Heldin in ein Abenteuer stürzte, in dem sie auch die Liebe finden sollte.
„Die Flammende“ setzt die Geschichte nicht fort, sondern setzt gut eine Generation früher an, spielt zudem in einem ganz anderen der sieben Königreiche, die schon in „Die Beschenkte“ einander misstrauisch belauerten. Der Roman ist nun auch in einer gekürzten Hörbuchfassung erhältlich, die von Ulrike Grote vorgetragen wird.
Fire ist das letzte der menschlichen Monster. Sie ist schön, außergewöhnlich und mit Gaben gesegnet, die anderen Menschen Leid zufügen oder helfen könnten. Das junge Mädchen lebt seit dem Selbstmord ihres Vaters Cansrel zurückgezogen auf dem Landgut des jungen Archer und weiß nicht wie sie ihr Leben gestalten soll, denn die Menschen fürchten und lieben sie gleichzeitig, denn ihre Schönheit ist verführerisch, gleichzeitig kann sie aber auch in den Geist der anderen blicken und diesen manipulieren. Da ihr Vater seine Gaben missbraucht und sich viele Feinde geschaffen hat, setzt sie viel lieber auf Zurückhaltung und Vorsicht, traut niemandem wirklich.
Dennoch wird sie eines Tages an den Hof des jungen Königs Nash gerufen. Dieser versucht die Dells, das von seinen Vorfahren heruntergewirtschaftete Reich mit seinen Geschwistern wie dem kalten Prinzen Brigan zusammen zu halten und vor inneren wie äußeren Feinden zu beschützen.
Fire soll ihm dabei helfen, Spione zu befragen, die an den Grenzen und mitten im Reich gefasst wurden. Sie soll herausfinden, welche Absichten die Männer haben und wer der Drahtzieher hinter Sabotagen und Attentaten ist, die den Hof immer wieder in Atem halten und damit den Untergang aufhalten.
Doch schnell zeigt sich, dass ihre Anwesenheit für alle eine starke Belastungsprobe ist. Vor allem Nash fühlt sich gleichzeitig angezogen und abgestoßen von der jungen wunderschönen Frau, die nicht verleugnen kann was sie ist.
Fire kann sich seinen Gefühlen nicht verschließen, auch wenn sie dagegen ankämpft. Sie merkt zu spät, dass sie sich längst in ein Netz aus Liebe und Intrigen verstrickt hat, aus dem sie sich nur befreien kann, wenn sie für sich selbst herausfindet, was sie wirklich will.
Der Roman wartet mit allem auf, was junge Leserinnen erwarten – einer jungen Heldin, die mit den gleichen verwirrenden Gefühlsregungen kämpfen muss wie sie, weil sie ihren Platz im Leben noch nicht gefunden hat, einer netten Auswahl an hübschen, jungen Männern, die vom besten Freund seit Kindertagen (Archer) bis hin zu dem hitzköpfigen Herrscher (Nash) reichen, den sie am liebsten hassen möchten, aber nicht wirklich aus dem Kopf bekommen kann. Zumindest in dieser Hinsicht gibt es nur wenige Zweifel, wer letztendlich das Rennen machen wird, auch wenn die Autorin sich bis zum Ende nicht ganz festlegt.
Dazu kommen viele Intrigen, die den von massiven Ängsten und Selbstzweifeln begleiteten Selbstfindungstrip erschweren, und ein interessanter Hintergrund, der zunächst nur wenig mit dem ersten Buch zu tun zu haben scheint. Immerhin fügen sich am Ende die vielen Hinweise und Splitter zu einem interessanten Ganzen zusammen.
Die Handlung selbst kommt nur sehr langsam in die Gänge, weil sich die Autorin Zeit nimmt, alles genau einzuführen und die Beziehungen aufzubauen. Daher bleibt die Spannung bis zum Ende eher niedrig, weil nicht wirklich viel passiert und sich die Heldin eher ihrer Gefühlswelt austobt, als wirklich mit dem Hintergrund voran zu kommen. In der Hörbuchfassung wird das noch deutlicher, da wichtige Teile des Buches fehlen, die der Figur der Fire und ihrem Status als Monster ein wenig mehr Farbe gegeben hätten. Denn bis zum Ende weiß man nicht wirklich, was es mit den Wesen – egal ob menschlich oder tierisch – auf sich hat, die so bezeichnet werden. Sind sie im Grunde auch nur „Beschenkte“?
Ulrike Grote macht ihre Arbeit allerdings ausgesprochen gut und erweckt Fire mit all ihren Ängsten und Sorgen zum Leben. Sie vermittelt die Emotionen der jungen Heldin angemessen und nicht übertrieben.
Letztendlich wird der Genrefan von „Die Flammende“ eher enttäuscht sein, da die Fantasy-Elemente gering bleiben und so gut wie nicht ins Gewicht fallen, da die Gefühle der Heldin und eine Liebesgeschichte sehr viel Platz einnehmen.
Die Hörbuchfassung lässt das Buch zudem etwas unvollständig erscheinen, so dass man vielleicht doch besser zum richtigen Roman greifen sollte, um alles verstehen zu können, auch wenn die Lesung erstklassig ist.
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