Die Grenze (Autor: Tad Williams; Shadowmarch 1)
 
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Die Grenze von Tad Williams

Reihe: Shadowmarch Band 1

 

Rezension von Holger Hennig

 

Es gibt wieder eine große neue Fantasy-Serie von Großmeister Tad Williams. Eine halbe Ewigkeit scheint seit Osten Ard vergangen zu sein, jetzt bleibt nur die Frage, ob Shadowmarch daran anknüpfen kann.

 

Die Mark war schon immer die Grenze zwischen den zivilisierten Ländern der Menschen und denen der Elben im Norden. Immer wieder hat es hier Kriege gegeben und einst wurde die Nordmark von den Elben zurückerobert und hinter einer Schattengrenze verborgen, die undurchdringlich war und hinter der die Zeit irgendwie anders verlief. Die Südmark wird momentan von König Olin regiert, der allerdings nicht in der Südmark ist, weil er gefangen gehalten wird. Sein Sohn Kendrick regiert als Prinzregent, seine Zwillingsgeschwister Briony und Barrick, fünfzehn Jahre alt, sind die nächsten in der Reihenfolge des Throns und ihre Stiefmutter erwartet gerade noch ein Halbgeschwisterchen.

 

Chert, ein Funderling, kleinwüchsig und eigentlich unter der Erde zu Hause, findet an der Schattengrenze einen kleinen Jungen der Großwüchsigen – will heißen, der Menschen – seine Frau Ophelia nimmt den orientierungs- und erinnerungslosen Jungen auf und er bekommt auch gleich den schönen Funderlingsnamen Flint verpasst. In Südmarksburg gibt es aber nicht nur Menschen und Funderlinge, sondern auch die Skimmer, eine Art Menschen, die ihr ganzes Leben auf dem Meer verbringen, und die Satdt mit Fisch versorgen. Und auch Dachlinge kommen vor, ein däumlingsgroßes Volk, dass gerne sehr altertümlich spricht und sehr gute Nasen hat.

 

Eine junge Priesterin im fernen Land Xis wird vom Autarchen, dem lebendigen Gott, ausgewählt, seine Gattin zu werden, eine von vielen. Und in der Südmarksburg gibt es neben einem jungen aufrechten Hauptmann der Wache noch einen sehr mysteriösen Arzt und Universalgelehrten namens Chaven. Ein großes Gemälde der Figuren und Handlungsstränge wird entrollt, dann wird Kendrick umgebracht, vermutlich vom treuen Waffenmeister am Hofe, und Briony und der ewig missmutige Barrick übernehmen die Befehlsgewalt am Hofe. Aber weitere Schwierigkeiten lassen nicht lange auf sich warten, denn die Schattengrenze bewegt sich zum ersten Mal seit fünfhundert Jahren. Ein Krieg kündigt sich an, Höflinge spielen ihre eigenen Spiele und Flint entdeckt die Dachlinge, die vor großen Gefahren warnen. Dann ist Flint plötzlich verschwunden, Hauptmann Vansen irrt durch den Wald hinter der Schattengrenze und Barrick wird von schrecklichen Träumen heimgesucht.

 

Da hat Tad Williams aber wirklich ganz groß aufgetischt. Auf achthundert Seiten spannen ein halbes Universum neuer Ideen auf, vieles bekanntes kommt in ganz anderer Art wieder und ein ganzer Sack voll interessanter Charaktere sucht Leser, die sich identifizieren wollen. Und wie es bei Tad Williams durchaus nichts völlig Neues ist, wird vom Leser auch Mitarbeit erwartet. Eine fünfseitige Chronik der Mark, ein mysteriöses Vorspiel am Hofe der über das gesamte Buch ziemlich unnahbar bleibenden Elben, die nicht mit denen von Tolkien oder den anderen üblichen Elfen zu vergleichen sind, und dann erst beginnt das eigentliche Buch. Williams ist ein Erzähler, der mit sehr viel Rhythmus arbeitet. Manchmal geht die Geschichte so radikal daher, dass der Atem stockt, manchmal verschleppt er das Tempo derart, dass hundert Seiten lang nicht wirklich was Weltbewegendes passiert. Da fehlt dann auch schon mal die Spannung.

 

Im Stil ist dieser erste Shadowmarch-Band schon ein bisschen zupackender, als Osten Ard – Williams hält sich nicht so sehr an jeder kleinen Beschreibung auf, obwohl er immer noch sehr viel Atmosphäre erzeugt. Die Masse der Handlungsstränge, die das eine oder andere Mal an George R. R. Martins „Lied von Feuer und Eis“ erinnert, sind manchmal etwas unübersichtlich, und wenn sich Williams gerade von einem Protagonisten verabschiedet hat, bei dem es gerade spannend ist, dann kann es schon mal ein bisschen nervig sein, dass es mit einem gerade viel langsameren um nicht zu sagen langweiligeren Strang weitergeht. Die Einführung und das erste Drittel des Buches lesen sich sehr schnell, gegen Ende wird es manchmal etwas gezwungen, weil auch oft gerade die Figuren, aus deren Perspektive erzählt wird, mental nicht so klar sind, was einfach dann auch in der Erzählung schwammig wird – das gilt speziell für die Leute, die ständig böse Träume haben, hinter der Schattengrenze herumirren oder gesundheitlich angegriffen sind. Zumal dieser erste Band ja auch einen gewissen Leidensdruck aufbauen muss, der manchmal ein wenig depressiv wirkt.

 

Tad Williams hat sicherlich nichts von seinen herausragenden Gaben verloren, die meisten Autoren kommen so rein gar nicht an diesen Mann heran, dessen Werke einfach so viel Tiefe haben, wie sie sonst nur bei Tolkien oder dem schon angeführten Martin zu finden ist. Natürlich freut man sich auf das nächste Buch – speziell wenn die Optik und Machart des Buches wieder so opulent sein wird -, dennoch bleiben ein paar Punkte, an denen man sich reiben kann. Ein ziemlich großes Buch mit einem gewissen Anspruch und der Einstieg in ein weiteres großes Epos.

 

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Buch:

Die Grenze

Reihe: Shadowmarch Band 1

Original: Shadowmarch, 2004

Autor: Tad Williams

Gebundene Ausgabe, 814 Seiten

Klett-Cotta, Juli 2005

 

ISBN-10: 360893717X

ISBN-13: 978-3608937176

 

Erhältlich bei: Amazon


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Erstellt: 18.10.2005, zuletzt aktualisiert: 08.12.2024 10:37, 1413