Reihe: Rover-Zyklus, Bd. 1
Rezension von Christel Scheja
Es war zu erwarten, dass sich irgendwann auch noch einmal ein Autor an das Volk aus Tolkiens Herrn der Ringe heran machen würde, das bisher noch außen vor gelassen wurde: „Die Halblinge“.
Auch wenn sie durch Rollenspiele wie „Dungeons & Dragons“ inzwischen zu Fantasy-Allgemeingut wurden - so lange man nicht den Begriff „Hobbits“ verwendet - so wussten doch die wenigsten Autoren etwas mit den kleinwüchsigen Zeitgenossen anzufangen.
Anders als Elfen und Zwerge sind sie nach den Klischeevorstellungen weder kriegerisch noch magisch veranlagt, und auch mit ihrem Mut sieht es nicht besonders aus. Halblingen genügt es irgendwo ruhig in Bibliotheken zu verstauben oder einem ehrbaren Handwerk nachzugehen.
So denkt zunächst auch der junge Tocht Lampenzünder, der zum Unwillen seines Vaters nicht sein Handwerk erlernt hat, sondern lieber zum Schreiber wurde. Er ist nach der Lehrzeit zwar nur Bibliothekar dritter Klasse und muss sich herum schubsen lassen, aber er findet trotzdem die Zeit, in den Aufzeichnungen anderer zu lesen und sich deren Erlebnisse bildlich vorzustellen.
Wie kann er bei dem geruhsamen Alltag auch ahnen, dass er schon bald selbst einiges erleben wird. Denn ehe er sich versieht wird er auf der Straße einfach von Zwergen-Piraten entführt, die noch ein paar neue Matrosen brauchen. Tocht muss als Gehilfe des Smutjes arbeiten, weil er zu nichts anderem taugt und sich verspotten oder herum schubsen lassen. Auch wenn er die Demütigungen tapfer erträgt, so fragt er sich doch, ob er jemals wieder nach Hause kommen wird und beginnt zu verzweifelt.
Bis zu dem Tag, an dem eine Loheley, ein durch den legendären schwarzen Lord Khadaver geschaffenes magisches Wesen, das Schiff angreift. Nun schlägt die Stunde des jungen Halblings, der sich an den Ursprung der Loheley erinnert. Allein durch ein beherztes Gespräch und sein Wissen über ihre Vergangenheit kann er die finstere Kreatur dazu bewegen, das Schiff in Frieden zu lassen.
Die Zwerge erkennen ihn nun als wichtige Mitglied der Mannschaft an und nehmen ihn in ihrer Mitte auf. Doch die Freude wehrt nur kurz, denn Kobolde entern schon einige Tage das Schiff und fordern Tochts Herausgabe. Sie schaffen ihn zur Huk des gehängten Elfen, wo die Abenteuer des Halblings erst richtig anfangen...
Eines muss man Mel Odom lassen: Er weiß packend zu schreiben und keine Langweile aufkommen zu lassen. Nach einer kurzen Einführung gerät Tocht Lampenzünder von einer Bredouille in die andere und wechselt seine Reisegefährten wie die Kleidung. Immer wieder erweisen sich seine Kenntnisse und Fähigkeiten als sehr nützlich, aber ab und zu hilft auch schon einmal der Zufall nach, um einer Zwangslage zu entkommen.
Gerade als Rollenspieler erkennt man viele der Gefahren und Konflikte wieder, denen sich der Halbling stellen muss. Und da greift dann auch das Klischee, denn Tocht handelt genau wie man es von ihm erwartet.
Insgesamt wird die Handlung dadurch sehr geradlinig und schlicht, wirkliche Überraschungen gibt es nicht - aber der flotte Erzählstil macht das wieder wett.
Genau so einfach macht es sich Mel Odom mit den Figuren. Sie sind zwar sympathisch, aber nicht sonderlich ausgearbeitet, Überraschungen kann man von ihnen leider nicht erwarten und die Grenzen von Gut und Böse sind klar.
Deshalb sollte man von „Die Halblinge“ auch nicht mehr als unbeschwerte und leichtgängige Unterhaltung actionreichem Abenteuer und einem liebenswerten Helden erwarten.