Die Hüterin der Geheimnisse von Pamela Freeman
Reihe: Das Land der Seher, Bd. 2
Rezension von Christel Scheja
Mit „Die Hüterin der Geheimnisse“ setzt die australische Autorin Pamela Freeman ihre Saga um „Das Land der Seher“ fort, die sie mit „Die Prophezeiung der Steine“ begonnen hat. Angesiedelt ist diese in einem zu elf Domänen zerfallenen Reich, das von aggressiven Kriegsherren beherrscht wird. Die einfachen Menschen leiden unter der Willkür ihrer grausamen Herren, die Widerstand im Keim ersticken und auch schon einmal Unschuldige opfern.
Vor allem das Volk der Wanderer, die Nachkommen der einstigen Ureinwohner haben unter ihnen zu leiden. Aber gerade unter ihnen sind diejenigen, die das alte Wissen hüten und hoffen, die Unterdrücker einstmals zu vertreiben. Andere wieder haben sich mit dem einfachen Volk vermischt, das so gut wie möglich unter diesen Umständen zu leben versucht.
Aber manchmal gibt es auch unter ihnen Kinder und Jugendliche, die spüren, dass ihr Schicksal ein anderes ist, als das Land zu bestellen und eine Familie zu gründen. Und manchmal finden diese auch zusammen, so wie Bramble und Ash.
Bramble ist die Tochter einfacher Bauern, aber wie ihr Großvater von einem unruhigen Geist beseelt. Als sie in Notwehr einen Mann des Kriegsherrn erschlägt, der über ihr Gebiet herrscht, muss sie fliehen. Dabei trifft sie auf Ash, der ebenfalls verfolgt wird, weil er in der Stadt ein Mädchen getötet hat. Der junge Wanderer wollte eigentlich die Schwerkunst erlernen, um endlich seine Familie und seine Freunde zu beschützen.
Die beiden erleben viele Abenteuer miteinander und geraten in große Gefahr. Bramble wird sogar schwer verletzt, als sie sich einem Kriegsherren stellt, um Ash zu retten. Der junge Wanderer kann nichts anderes mehr für sie tun, als sie zu einer geheimnisvollen Quelle zu bringen, die alle Wunden heilt. Dabei muss er sich allerdings gegen seine Sippe stellen – immerhin ist Bramble keine Wanderin.
Während die Wunden langsam aber sicher heilen, kommen die beiden jungen Leute zur Besinnung und bekommen mit, was in der Welt vor sich geht. Sie erfahren, dass Saker, der junge Wanderer, der die alte Magie seines Volkes für sich entdeckt hat, seinen Racheplan mit größerer Vehemenz als zuvor durchführt. Er reist durch das Land und erweckt immer mehr Tote zum Leben, um mit dieser Armee die Kriegsherren zu überrennen. Das dabei auch Unschuldige ums Leben kommen werden, ist ihm egal.
Da weder Bramble noch Ash das zulassen wollen, machen sie sich auf, mehr über die Geheimnisse der Wanderer zu erfahren, um etwas gegen ihn unternehmen zu können, auch wenn die junge Frau immer noch sehr geschwächt ist.
Wie auch schon im ersten Band, so sollte man auch im zweiten nicht unbedingt mit einer actionreichen aber oberflächlichen Handlung rechnen. Tatsächlich stehen andere Dinge im Vordergrund als Kämpfe und Auseinandersetzungen – nämlich das, was in der Vergangenheit verborgen liebt und die Menschen vor dem Verhängnis retten könnte, das Saker über sie beschwört.
Die Autorin nimmt sich wieder sehr viel Zeit für die Figuren. Auch Nebencharaktere erhalten sehr viel Raum um sich zu entfalten, und manch eine Geschichte, die zunächst wie in den Raum gestellt wirkt, erhält Sinn. Personen, die vorher negativ gegen Ash und Bramble eingestellt waren, entwickeln sich jetzt zu deren Verbündeten, auch zeigt die Autorin, dass nicht einmal unter den Soldaten der Kriegsherren nur Verbrecher sind.
Ebenso interessant wird dargestellt, wie sehr sich Saker immer mehr in seinen Wahn verbeißt und dabei bewusst Grenzen überschreitet.
Natürlich bedient sie auch Klischees weiter – die des liebenden Paares, das auszieht, um den Gegenspieler aufzuhalten, der aus Rachegelüsten wahnsinnige Mann, der gar nicht merkt, dass er selbst schon große Schuld auf sich geladen hat.
Allerdings wirkt die Geschichte diesmal ein wenig in die Länge gezogen. Gerade im Mittelteil hat die Geschichte doch immer wieder Durchhänger, weil nichts Wesentliches passiert, das die Handlung voran treibt. Auch wirkt sich negativ aus, dass die Helden gerade erst anfangen, ihre Aufgabe anzunehmen und daher noch etwas ziellos wirken. Erst zum Ende hin bessert sich das etwas, dann zieht auch die Spannung wieder etwas an.
Wie auch schon im ersten Band stimmt aber die Atmosphäre. Gerade wer viele kleine Details schätzt, wird hier voll auf seine Kosten kommen.
Alles in allem ist „Die Hüterin der Geheimnisse“ zwar nicht ganz so gelungen wie „Die Prophezeiung der Steine“, bietet aber allen, die mystisch verwobene Hintergründe, Magie und ausgearbeitete Charaktere schätzen, genügend Lesefutter um zufrieden zu sein.
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