Die Legenden vom Traumhändler (Bd. 1)
 
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Die Legenden vom Traumhändler (Bd. 1)

Rezension von Nadine Dilger

 

Märchen müssen heutzutage einiges ertragen können – von allen Seiten machen es sich Autoren zur Aufgabe, sämtliche Märchen umzuschreiben, und dabei werden sie meist kräftig durch den Kakao gezogen. Auch im Mangabereich werden die Märchen nicht in Ruhe gelassen. Nach Grimms Manga, indem sämtliche Märchen der Gebrüder Grimm auf den Arm genommen werden, kommt jetzt der erste Band von Die Legenden vom Traumhändler, indem noch einige Märchen mehr verändert werden.

 

Ohne den Prolog sind es vier Kurzgeschichten. Im Prolog erhascht man einen kurzen, ersten Blick auf die Geschichte und um was es geht. Wir befinden uns im Haus des Traumhändlers, der uns einen Einblick in seinen Beruf gewährt, den wir während der vier folgenden Geschichten näher kennen lernen werden. Eben ein kleiner Blick in den Alltag des Traumhändlers…

 

Das erste Märchen, das der Traumhändler manipuliert, ist Dornröschen. Die Königin wünscht sich sehnlich ein Kind, da der König sie aber kaum beachtet und nur Augen für seine zahlreichen Skulpturen hat, bleibt ihr dieser Wunsch verwehrt. Allerdings nicht lange – denn bald bekommt sie Besuch vom Traumhändler, der ihr ein Kind schenken will, unter der Bedingung, dass das Kind glücklich wird. Denn wenn es in seinem Leben nicht glücklich ist, holt er den „Samen“ wieder zurück.

Als Dornröschen zur Welt kommt, ist der König hin und weg von seiner Tochter und lässt seine Skulpturen links liegen. Doch schon an ihrem ersten Geburtstag wird der kleinen Prinzessin ein Fluch auferlegt: An ihrem 15. Geburtstag wird sie sich an einem Spinnrad den Finger stechen und in einen ewigen Schlaf fallen. Da der König dies unbedingt verhindern will, lässt er alle Spinnräder im Land verbrennen. Als Dornröschen an ihrem Geburtstag dann zum ersten Mal ein Spinnrad sieht und es neugierig berührt, erfüllt sich die Prophezeiung und sie fällt in einen tiefen Schlaf. Erst als ein junger, mutiger Mann die Prinzessin rettet, stellt sich heraus, was wirklich mit ihr geschehen ist…

 

Hänsel und Gretel läuft ein wenig anders ab als das erste Märchen. Diesmal stehen die zwei Geschwister nicht vor einem Hexenhaus, sondern vor dem Haus des Traumhändlers, der die zwei Kinder vorläufig bei sich aufnimmt. Das passt dem Mitbewohner des Traumhändlers gar nicht, denn er hasst Menschen. Deshalb versucht er, indem er sich in eine Katze verwandelt, die Kinder vom Haus wegzulocken und einen Abhang runter zu stürzen. Da dieser Plan fehlschlägt und der Kater in seine eigene Grube fällt, kehren Hänsel und Gretel zu dem Haus des Traumhändlers zurück. Dort soll sich dann der Verdacht des Katers, dass die Kinder nur Böses wollen, bestätigen…

 

In der nächsten Geschichte geht es um Die kleine Meerjungfrau. Der Traumhändler besucht eine Meerjungfrau, die mit ihrer umwerfenden Schönheit und ihrer bezaubernden Stimme sämtliche Seefahrer in den Tod lockt. Der Traumhändler bietet ihr eine Wette an: Wenn sie es schafft, dass der Prinz sich in sie verliebt, ohne ihre Stimme zu verwenden, ist das der Beweis ihrer Schönheit. Wenn sie es nicht schafft, wird sie nach 15 Tagen zu Schaum auf dem Meer. Um diese Wette eingehen zu können, bekommt sie einen Trank, der ihre Flosse in Beine verwandelt und ihre Stimme verschwinden lässt.

Als der Prinz sie bewusstlos am Strand findet, trägt er sie in sein Schloss, um sie dort von seinen Bediensteten wieder aufpäppeln zu lassen. Die verwandelte Meerjungfrau versucht mit allen Mitteln, ihn für sich zu gewinnen. Als sie schon annimmt, er sei schwul, kommt sie hinter das Geheimnis des Prinzen, was ihre Lage noch viel verzwickter werden lässt…

 

Die letzte Geschichte stammt, sollte ich mich nicht irren, komplett aus Jeong-A Lees Feder. Er nennt seine Geschichte Das unendliche Märchen und dies soll lediglich der Versuch sein, „ein richtiges Märchen mit viel Spitze zu zeichnen“, wie er selbst sagt. Die kleine Joy wird von ihrer Stiefmutter schwer misshandelt und nur in einem kleinen, leeren Haus findet sie immer wieder Unterschlupf. Doch eines Tages erscheint dort Seth, der Bewohner dieses Hauses. Er lässt Joy bei sich bleiben und zeigt ihr sein neues Märchen, das er gerade schreibt. Joy ist unzufrieden mit dem Märchen und meint, das müsste anders aussehen. Zusammen mit Seth formen sie das Märchen um, bis sie auf das eigene Märchen treffen, das währenddessen geschieht…

 

Hier wird, wie schon in Grimms Manga, nicht versucht, die Märchen durch den Kakao zu ziehen. Jeong-A Lee wollte nur das Grundprinzip der Märchen nehmen um seine eigenen Geschichten daraus zu basteln und sie mit dem Traumhändler zu verknüpfen. Der Manga ist so aufgebaut, dass es aussieht, als wäre der Traumhändler der Erschaffer und Leiter der umgeschriebenen Märchen. Er, beziehungsweise sie (der Traumhändler ist weiblich, wird aber immer als der Träumhändler bezeichnet) sorgt für die „Samen“, die einem Ehepaar, das sich sehnlich ein Kind wünscht und gewährt den Menschen und der Meerjungfrau deren Wünsche, allerdings nie umsonst.

 

Der Charakter des Traumhändlers erscheint sofort sympathisch, irgendwie geheimnisvoll und mystisch. Mir gefallen die Zeichnungen allgemein, insbesondere die des Traumhändlers, sehr gut, da wirklich alles sehr passend gezeichnet wurde und mir die Art und Weise, wie Joeng-A Lee seine Charaktere zeichnet, sehr gut gefällt. Charakteristisch für den Traumhändler ist zum Beispiel sein Anzug und sein Zylinder, die immer im selben Muster daher kommen. Auch der Mitbewohner, dessen zweite Gestalt die eines Katers ist, ist sehr sympathisch und die zwei ergänzen sich sehr gut.

 

Auch hier sind die Zeichnungen wieder schwarz weiß. Das macht aber nichts, da man die Bilder auch so gut auseinander halten kann und nicht so schnell den Überblick über die Handlung verliert. Die Bilder sind immer klar abgetrennt und es ist klar, welches Bild man nach welchem betrachten muss. Bei den meisten Mangas muss man von hinten nach vorne lesen, hier ist das aber nicht so und das finde ich gut. So ist es für jemanden, der nicht im Mangas lesen geübt ist, um einiges einfacher, die Geschichten zu lesen und der Handlung zu folgen.

Da der größte Teil des Buches aus Bildern besteht und Text so gut wie nur in den Sprechblasen vorkommt, hat man die 212 Seiten sehr rasch durchgelesen. Ich habe dafür ca. eine Stunde gebraucht. Die einzelnen Kurzgeschichten kann man also gut zwischendurch lesen, ohne die Geschichte abbrechen zu müssen.

 

In der Geschichte von Hänsel und Gretel kann man einen längeren Blick in den Alltag und in das Leben des Traumhändlers werfen. Dort wird zum Schluss etwas angedeutet, was in dem ganzen Manga nicht wieder aufgegriffen und erklärt wird. Das finde ich ein bisschen schade, hoffe aber, dass es vielleicht im zweiten Band wieder aufgegriffen wird. Auf den letzten paar Seiten ergreift noch einmal Joeng-A Lee das Wort und erzählt etwas über sein Werk. Dort wird auch die nicht wieder aufgegriffene Andeutung erwähnt und er erklärt, dass ursprünglich eine Rahmengeschichte des Traumhändlers in Planung war, die aber nicht recht gelingen wollte. Schade.

 

 

Fazit

 

Die Legenden vom Traumhändler ist genau so, wie ich es mir vorgestellt habe und es hat mir wirklich sehr gut gefallen. Die Zeichnungen sind sehr schön, auch wenn sie leider schwarz weiß sind, die Handlung ist aber übersichtlich. Besonders gut hat mir der Traumhändler selbst gefallen, weil der von der Optik und vom Charakter her am besten gelungen ist. In knapp einer Stunde ist der Manga durchgelesen. Die Legenden vom Traumhändler eignet sich gut für zwischendurch.

 

Oje, das hat nicht geklappt, Elfenwerk! 20240427010316d5ae405d
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Comic:

Die Legenden vom Traumhändler (Bd. 1)

Story & Zeichnungen:

Jeong-A. Lee

Format: Softcover, broschiert

Sprache: Deutsch

Seitenzahl: 199 Seiten

Altersangabe: ab 13

Verlag: Tokyopop

Erschienen: Mai 2007

ISBN-Code (13):

978-3-86719-071-8

ISBN-Code (10):

3-86719-071-2

Erhältlich bei Amazon

weitere Infos:


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Erstellt: 19.08.2007, zuletzt aktualisiert: 24.03.2024 18:50, 4707