Seit ihre Gang, die Sturmkrallen, von der gegnerischen Gang, den Schwarzkranichen, ausgelöscht wurde, muss Lina für die Schwarzkraniche die Drecksarbeit erledigen. Die erpressen sie mit dem Leben ihrer kleinen Schwester. Nach dem Diebstahl eines wertvollen Teppichs, der dem Dokkaebi-Herrscher und ›Spielmann‹ Rui gehört, geraten der Anführer der Schwarzkraniche und Lina in dessen Hände. Die verbliebenen Gang-Mitglieder drohen Lina ihre Schwester zu töten, wenn sie den Chef nicht zurückbringt, während Rui sie zu einem Duell auf Tod und Leben nötigt.
Was an Sophie Kims Fantasy-Geschichte außergewöhnlich ist, ist hauptsächlich die Handlungswelt. Sie ist nämlich der koreanischen Mythologie angelehnt. Der Name der U.S.-amerikanischen Autorin legt dabei die Vermutung nahe, dass sie selbst diesem Kulturkreis entstammen könnte, zumal sie im Vorwort erwähnt, dass ihr diese Sagen aus ihrer Kindheit bekannt sind. Dort erwähnt sie auch, dass der ›Spielmann‹ dagegen an den (deutschen) Rattenfänger von Hameln angelehnt ist. Wo sie den kennengelernt hat, verschweigt sie allerdings. Diese Kombination von Inspirationen trägt aber natürlich zur Eigenständigkeit der Story bei. Leider haben Autorin und Verlag darauf verzichtet, das Buch um ein Glossar zu ergänzen, was sich bei den uns fremden mythologischen Wesen angeboten hätte.
Wie der Klappentext schon verrät, kommt es zu einer Annäherung zwischen der Protagonistin und ihrem Entführer. Die eigentliche Handlung tröpfelt dabei zeitweise eher vor sich hin. Ein paar Nebenhandlungen hätten die Geschichte in meinen Augen noch abrunden können. Das, was den (mitteleuropäischen) Leser jedoch hauptsächlich überzeugen kann, ist die im Genre ungewohnte kulturelle Grundlage. Die weitere Entwicklung in Band 2 könnte auch in dieser Hinsicht interessant werden.
Die Autorin überlässt es ihrer Protagonistin, ihre Erlebnisse selbst zu berichten.